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lunes, 13. enero 2025
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Der See Todos los Santos – Andenperle mit Schweizer Hauch

Früher fuhren kleine Dampfschiffe auf dem See. Das Foto ist am Anlegesteg in Peulla aufgenommen.

Auf der Suche eines Weges nach Argentinien entdeckten Jesuiten von der Insel Chiloé im 17. Jahrhundert den See Todos los Santos. Lange Zeit danach, um 1850, wurde er von der chilenischen Regierung neu entdeckt, aber erst Anfang des 20. Jahrhundert wurde er von einem Schweizer in eine attraktive Sehenswürdigkeit im Süden Chiles verwandelt.

Von Micheal Köbrich

Todos los Santos, Allerheiligen,   bezieht sich auf den Entdeckungstag dieser Andenperle, den 1. November. Der in der heutigen Region Los Lagos gelegene See ist auch bekannt als Lago Esmeralda, da er die Besucher mit seinem smaragdgrünen Wasserspiegel fasziniert.

Um 1900 errreichte von Argentinien aus der Schweizer Bürger Ricardo Roth diesen unglaublichen See und erlag sogleich den Reizen der Landschaft. Er ahnte große Möglichkeiten und Entwicklungspotential für beide Nachbarländer. Die einmalige Lage der fast 40 Kilometer breiten Lagune ermöglichte mittels eines einzigartigen Passes, der maximal 200 Meter über dem Meeresspiegel liegt, eine gute Verbindung durch die Anden nach Argentinien. Im Osten erstreckt sich der See bis nach Peulla und im Westen bis nach Petrohue.   

Verbindung von Atlantik und Pazifik

Gleichzeitig ist der See Teil einer Verbindung von Atlantik und Pazifik. «Cruce Andino» wird diese Strecke heute genannt: Sie reicht vom Atlantik und die Pampa über Bariloche, die Seen Nahuel Huapi und Frías, auf dem Landweg bis Peulla, dann über den See Todos los Santos, und schließlich geht es weitere 100 Kilometer auf guten Landstraßen an Puerto Varas vorbei und der Pazifik ist erreicht. Die Strecke ist weit und breit einzigartig.

Schon im Jahr 1907 kam der erste Besucherschub aus Europa, der sich auf die Reise machte. Damit begann die Pioniersarbeit mit Zukunftsvision des resoluten Schweizers Ricardo Roth. Zuerst betrieb er Handel und Gütertransport, doch dabei blieb es nicht. Heute ist der Tourismus die tragende Säule eines soliden Familienbetriebs, der von Söhnen und Enkeln erfolgreich weitergeführt wird.

Bequeme Fahrt auf Katamaranschiffen

Der Todos los Santos ist wohl der einzige See Chiles, der täglich mit modernen und bequemen Katamaranschiffen überquert werden kann, womit es eine permanente Fährverbindung von Petrohue und Peulla gibt. Eine Landverbindung der beiden Orte gibt es nicht, Peulla ist nur über Wasser erreichbar. Früher verkehrten Dampfschiffe auf der Strecke. Die heutigen Katamarane werden in der chilenischen Asenav-Werft gefertigt. Eine Bootsfahrt ist eine der ältesten Fortbewegungsarten der Menschheit, und auf dem See Todos los Santos bietet sie einen unvergleichbaren Genuss. Man dringt in eine makellose Welt mit Wäldern, Wasser, Wind und Vulkanen ein. Für einen blauen Himmel braucht man doch etwas Glück.

Heute verkehren moderne Katamarane auf der Fährstrecke.

Die ruhige Wasseroase ist seit 1926 Teil des Nationalparks Vicente Perez Rosales, womit sie heute unter gesetzlichem Schutz steht. Schon vorher hatten sich Einwanderer hier niedergelassen. Mit großer Anstrengung haben sie ihr Heim eingerichtet. Die Bequemlichkeiten unserer Tage kannten sie noch nicht. Die wenigsten hatten eine Stromanbindung. Sie erzeugten ihren Strom mit eigenen Turbinen. Ungefähr 180 Ansiedler sind von der Fähre aus erkennbar. Sie haben Pappeln um ihr Ufergut angepflanzt. Das sollte ein besonderes Kennzeichen sein, denn die Baumart ist hier nicht üblich. Zu den einheimischen Baumarten gehören Coihues und Arrayanes, auch Ulmen und Lärchen.

Blick auf Vulkane

Die Aussicht vom See aus ist spektakulär. Man sieht die Vulkane Osorno (bei Petrohue), den spitzen Puntiagudo im Norden und den Tronador, ein Brocken dieser Andenregion mit 3.500 Meter Höhe, genau an der Grenze gelegen. Daneben liegt friedlich Peulla, ein grünes Fleckchen mit etwa 150 Seelen, am östlichen Ende des Sees. Ein geeigneter Stützpunkt mit Anlegebrücke, Hotel und Gaststätte. Wer weiter will, fährt mit dem Bus auf robusten Schotterwegen bis zum nächsten Ort in Argentinien, Puerto Frías, Teil des Circuito Andino.

Der Todos los Santos ist einen Besuch wert. Neben den Naturerlebnissen vermittelt er uns auch ein Kapitel der Einwanderungsgeschichte Chiles. Das spürt man, wenn der Kapitän mit dem Schiffshorn die Stille des Sees unterbricht und damit immer wieder erneut das Werk von Ricardo Roth ehrt. Er ruht auf der Insel Margarita, ein langjähriges Familienbesitztum. Was vor mehr als einhundert Jahren bescheiden anfing, ist heute ein beachtliches Unternehmen. Allerheiligen mit Schweizer Hauch und einer Prise Sturheit!

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