Therapeutisches Reiten verbessert Lebensqualität

«Meine Lebensqualität hat sich durch die Hippotherapie grundlegend verbessert», betont der von Geburt an behinderte Francisco Solari. Um diese Therapieform in Chile weiter zu verbreiten, veröffentlichte Renate Bender ihr zweites Buch zu diesem Thema. Am 4. April stellte die Deutsch-Österreicherin den Band «Hipoterapia. El caballo en la rehabilitación» (Hippotherapie. Das Pferd in der Rehabilitation) in der Sala Colorada der Universidad Cátolica rund 70 Zuhörern vor.
Von Silvia Kählert
«Als Reiterin und Physiotherapeutin erkannte ich, wie hilfreich das therapeutische Reiten für viele Menschen sein kann.» Daher begann die in Heidelberg ausgebildete Krankengymnastin im Jahr 1986 damit, in Chile Hippotherapie anzubieten. «Der Anfang war sehr schwierig für mich. Nach und nach stellten aber immer mehr junge Eltern fest, wie gut die Methode ihren Kindern tut», erzählt sie. 1992 gründete sie mit dem Pferdezüchter Ronald Wilkins die Sociedad Chilena de Hipoterapia, die später in Fundación Chilena de Hipoterapia umbenannt wurde. «In Deutschland gibt es diese Therapieform schon seit den 50er Jahren, aber im spanischsprachigen Raum findet man bis heute wenige Informationen», stellte sie fest. In Chile war sie Pionierin auf diesem Gebiet. Inzwischen gibt es rund 20 Zentren in Santiago, circa 80 im ganzen Land.
Umgang mit Menschen und Pferden
Ganz wichtig sei ihr immer die Ausbildung gewesen: «Denn nur wer weiß, wie man mit Menschen und Pferden richtig umgeht, kann die Methode adäquat anwenden.» Seit 22 Jahren arbeitet sie daher als Dozentin. Vor 17 Jahren schuf sie an der Universidad de Chile den Diplom-Abschluss zum Pferde-Physiotherapeuten. Die Studenten machen auf dem Rehabilitationszentrum der Fundación Chilena de Hipoterapia in Las Condes eine viermonatige praktische Ausbildung mit Patienten neben der theoretischen an der Universität. Immer wieder klagten viele Studenten: »Wir finden kein Material zum Lernen.» Daher schrieb Renate Bender 2011 ihr erstes Buch.
Das zweite Buch vertieft und aktualisiert das erste. Die Autorin erklärt: «Es gibt inzwischen neue Erkentnisse. Ein ganzes neues Kapitel in meinem Buch ist der neurologischen Plastizität gewidmet. Synapsen, Nervenzellen und ganze Gehirnbereiche können sich verändern – und zwar abhängig von der Nutzung.»
Potenziale bei Kindern fördern
Diese Fähigkeit des Gehirns, flexibel und formbar zu sein, sei vor allem für die Rehabilitation von großem Wert. Genauso wichtig sei diese Erkenntnis auch für die kindliche Frühentwicklung. Besonders bei Kindern zwischen einem und vier Jahren könne man durch die Arbeit mit den Pferden laut Renate Bender ihr ganzes Potential stimulieren. Außerdem lässt die Autorin Spezialisten aus Mexiko, Brasilien und Chile zu Wort kommen, damit der Leser eine weitere Perspektive zu dem Thema erhält. Ein Kapitel beschreibt die spezielle Behandlung von Krankheiten. Viele ihrer Patienten haben Down-Syndrom oder Autismus. Der größte Anteil hat Zerebralparesen mit Bewegungsstörungen einhergehend, die meistens durch eine frühkindliche Schädigung des Gehirns entstanden sind.
Der neue Band ist mit sehr vielen Fotoserien bebildert, die während der Arbeit in der Fundación Chilena de Hipoterapia in Las Condes mit den Patienten entstanden sind. Das Buch ist daher nicht nur für Ärzte, Psychologen oder Ausbilder von Physiotherapeuten, sondern auch für Patienten und ihre Familien gedacht. Während der Buchvorstellung am Mittwoch betonte der Präsident der Stiftung Andrés Morán: «Diese Art der Behandlung verbesssert nicht nur die Lebensqualitäts der Kinder und Jugendlichen, sondern die aller Familien. Welche Diagnose ein Patient auch haben mag, mit der Therapie macht er Fortschritte, die ihm einen größeren Grad der Autonomie erlauben.»
Hippotherapie
Das kann auch Francisco Solari bestätigen. Als Folge einer Frühgeburt bekam er eine cerebrale Bewegungsstörung, muss im Rollstuhl sitzen und kann nur eine Hand bewegen. Der junge Mann erklärt vor dem Publikum im Universitätssaal, dass er mit vielen medizinischen Mitteln behandelt worden war und sie im Laufe der Zeit gelassen habe, aber an der Hippotherapie habe er kontinuierlich weiter teilgenommen. Es war ihm sogar möglich, ein Studium zu absolvieren.
Für Renate Bender, die vor 50 Jahren hier ihren chilenischen Mann heiratete und drei Kinder bekam, ist ein besonderes Anliegen: «Mit der Weiterentwicklung der Hippotherapie will ich auch diesem Land danken, das mich so herzlich aufgenommen hat.»
Das Buch ist in allen Buchhandlungen in Chile erhältlich. Außerdem ist es möglich, es über die Internetseite www.uc.cl zu bestellen.
Renate Bender: Hipoterapia. El caballo en la rehabilitación, 380 Seiten, ISBN 9789561423169, Preis im Internet: 19.800 Pesos.