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Thursday, 27. November 2025
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Festival in Leipzig für Komponisten Juan Allende-Blin

Ein leiser, aber beharrlicher Erneuerer

Juan Allende-Blin figura entre las voces más singulares de la vanguardia musical del siglo XX. El Festival de Leipzig rindió homenaje al compositor, quien estuvo presente en la ocasión. En más de 75 años de actividad creativa, trabajó siempre entre culturas y más allá de cualquier escuela.

Juan Allende-Blin ist eine der leisen Zentralfiguren der musikalischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts. Seine Haltung zwischen Distanz und Teilnahme, geprägt von seiner außergewöhnlichen Biografie, macht sein einzigartiges Schaffen aus. Vom 12. bis zum 15. Oktober wurde dem chilenischen Komponisten in Leipzig ein Porträtfestival gewidmet.

Auch wenn er sowohl mit dem Deutschen Bundesverdienstkreuz als auch dem chilenischen Nationalpreis für Musikkunst ausgezeichnet wurde, war das Festival für den 97-jährigen Allende-Blin eine erfreuliche Überraschung. Dafür reiste er aus seiner langjährigen Heimatstadt Essen persönlich an: «Es ist immer gut, mit jüngeren Generationen in Kontakt zu kommen. Das bringt eine ganz andere Atmosphäre.»

Erste Kompositionen am Kinderklavier von Rosita Renard 

Die Musik wurde Allende-Blin praktisch in die Wiege gelegt.1928 wurde er in eine französisch-spanische Musikerfamilie in Santiago geboren. Im Haus seiner Eltern – Rebeca Blin, Professorin für Musiktheorie am Conservatorio Nacional de Música, und Komponist und Musikkritiker Adolfo Allende-Saron – ging die Musik- und Intellektuellenszene der Stadt ein und aus. 

Mit gerade fünf Jahren bekam er von der legendären chilenischen Pianistin Rosita Renard ein Kinderklavier geschenkt. So begann er, eigene Musik zu machen: «Ich spielte, wie Kinder das eben tun, mit den Klängen und dabei entstanden Melodien. Da ich noch nicht schreiben konnte, habe ich sie meiner Mutter vorgesungen und sie hat alles notiert. Das war mein Anfang als Komponist.»

Leicht war es für einen jungen Komponisten im Santiago der frühen 1950er Jahre nicht – insbesondere mit einem ausgeprägten Interesse an avantgardistischer Musik. Allein Noten zu finden, bereitete große Schwierigkeiten. Eine wichtige Rolle in Allende-Blins frühen Jahren spielte der Pianist und Experte für die Wiener Schule Fré Focke, bei dem er studierte. Über seine Mutter kam er mit französischen Komponisten wie Claude Debussy und Maurice Ravel in Kontakt. Großen Einfluss hatte auch sein Vater: «Er war ein progressiver Mann. Beispielsweise besaß er das gesamte Klavierwerk von Alexander Skrjabin – damals etwas Außergewöhnliches. Aber auch von deutschen Exil-Komponisten.» 

Studium und Erfolg in Deutschland

Ermutigt vom Dirigenten und Komponisten Hermann Scherchen, bewarb Allende-Blin sich an der renommierten Musikakademie in Detmold. Ein Kulturschock? «Bei der Aufnahmeprüfung war der Direktor überrascht. Er ging davon aus: Der Komponist kommt aus Chile, da wird er folkloristische Klänge mitbringen. Bei mir war natürlich etwas ganz anderes zu erwarten.» Allende-Blin brachte Rilke-Lieder mit und eine eigene Komposition: «Transformation I».

Obwohl Allende-Blin an der Musikakademie aufgenommen wurde, seine Ausbildung in Köln und Paris fortsetzte und dabei in Kontakt zu Größen wie Olivier Messiaen kam, sollte es noch über 20 Jahre dauern, bis das Werk 1972 als seine erste Komposition uraufgeführt wurde. 

Die Begegnung mit Deutschland bedeutete aber auch die Konfrontation mit einem Land, das noch in Trümmern lag und sich tief in der Nachkriegsdepression befand. Ab 1957 siedelte Allende-Blin vollständig um und arbeitete lange beim Norddeutschen Rundfunk in Hamburg. Eine Heimat fand er 1971 schließlich in Essen, wo er sich mit Gerd Zacher niederließ – seinem kreativen Partner und Lebensgefährten. Als Komponist und Organist entwickelte Zacher seine eigene Musiksprache weiter und beeinflusste Allende-Blin entscheidend in seinem Denken über Klang und Zeit. Damit bestärkte er ihn auch darin, die Orgel als Medium moderner Musik ernst zu nehmen. Bis zu Zachers Tod 2014 lebten sie zusammen.

«Die Kultur ist allgemein»

Aufgrund der vielfältigen intellektuellen und kulturellen Einflüsse, die seine musikalische Entwicklung prägten, und besonders seine Neugier und Experimentierfreude, entzieht sich Allende-Blins Schaffen eindeutigen Zuordnungen. Weder musikalisch noch thematisch fühlt er sich einer Schule oder Themen verpflichtet. «Ich habe sowohl von Pablo Neruda als auch von Rainer Maria Rilke und Paul Celan oder französischen Autoren Gedichte vertont.» Ebenso wenig versteht er sich als «Nationalkomponist», weder deutsch noch chilenisch: «Die Kultur ist allgemein. Das sollte der Anspruch eines Künstlers sein.»

Porträtfestival über Lebenswerk

Der «forma Verein», der sich in Leipzig für Neue Musik und zeitgenössische Literatur starkmacht, stellte sich der Herausforderung, ein so umfangreiches und vielfältiges Schaffen innerhalb weniger Tage angemessen zu präsentieren. Das Programm bot schlaglichtartig Einblicke in die verschiedenen Schaffensphasen Allende-Blins: Von frühen Klaviersonaten aus dem Jahr 1949 bis zu aktuellen Hörstücken, die 2023 in Zusammenarbeit mit dem Deutschlandfunk entstanden. Auch das interdisziplinäre Interesse des Komponisten an Lyrik im Zusammenspiel mit Musik kam dabei zur Geltung.

Mit einer besonderen Veranstaltung schloss das Festival: In der Thomaskirche interpretierten Studentinnen und Studenten des Kirchenmusikalischen Instituts der Hochschule für Musik und Theater Leipzig Orgelwerke Allende-Blins. Auch für den Komponisten selbst eine spannende Erfahrung, der kontinuierlich neue instrumentale Techniken erfunden hatte, insbesondere für die Orgel: «Und das ist, glaube ich, eine Herausforderung für Studenten – dass sie sich wagen, diese Neuerungen umzusetzen. Orgelmusik ist so sakral, etwas, das man nicht berühren darf. Und ich berühre das.»

Weitere interessante Einblicke in Juan Allende-Blins Schaffen und Denken gibt der frei zugängliche Kurzfilm «Juan Allende-Blin – Ein Leben für die Musik». Hier verfügbar: https://vimeo.com/794055860/49a3a917ef

Richard Wagner – sein Vermächtnis in Musik und Film

Am 24. November lädt die Corporación Cultural de Lo Barnechea zu einer kulturhistorischen Veranstaltung ein. Unter dem Titel «Richard Wagner: Pionier der siebten Kunst – Sein Vermächtnis in Musik und Film» geht es um den Einfluss des Komponisten auf die Entwicklung des Tonfilms.

Besonders hervorgehoben wird sein Konzept des «Gesamtkunstwerks», das die Einheit von Poesie, Musik, Tanz, Gestik und Theater als dramatische Ausdrucksform postuliert. Durch ausgewählte audiovisuelle Beispiele wird gezeigt, wie Wagners künstlerische Vision nicht nur die Entstehung eines Kunstmediums vorwegnahm, sondern auch dessen Entwicklung maßgeblich prägte, die das 20. Jahrhundert tiefgreifend veränderte.

Referent des Abends ist Claudio Ortiz, ausgewiesener Kenner des Werkes Richard Wagners. Ortiz ist Mitglied mehrerer Wagner-Gesellschaften in Deutschland und Ehrenvorsitzender der Richard-Wagner-Stiftung in Chile.

Die Veranstaltung ist öffentlich zugänglich; der Eintritt ist frei.

Uhrzeit: am 24. November um 19 Uhr

Ort: Corporación Cultural de Lo Barnechea, Avenida El Tranque 10.300, Lo Barnechea

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