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jueves, 10. octubre 2024
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Zum 300. Geburtstag von Friedrich Gottlieb Klopstock

Vergessener Dichter der Innerlichkeit

Mit seinen Werken löste Klopstock zwar schon früh Begeisterung aus, abgesehen davon, dass er ein Wegbereiter der Deutschen Klassik war – gelesen wird Klopstock, im Vergleich zu Goethe, Schiller oder auch Heine, heute aber selten. Auch in philologischen Debatten spielt er kaum mehr eine Rolle. Sein verwahrlostes Grab ist dafür ein trauriges Symbol. 

Friedrich Gottlieb Klopstock, Gemälde von Jens Juel, 1779 (Gleimhaus, Halberstadt)

In einer ruhigen Ecke des angesagten Viertels Ottensen in Hamburg-Altona, ganz in der Nähe der Elbe, steht die Christianskirche. Der Barockbau aus Backstein ist von einer Parkanlage umgeben und geht man rechts daran vorbei, gelangt man auf den angrenzenden historischen Friedhof. Dicht am Kirchengebäude befindet sich ein von einer ausladenden Linde überdachtes Grab, in dessen Mitte ein hoher, massiver Grabstein steht und daneben zwei kleinere. Besonders gut gepflegt wirkt die Grabstätte nicht: Die Farbe blättert vom schwarzen Metallzaun, der Sandstein ist vergilbt, Sprossen des alten Baumes, neue Keimlinge und Unkraut überwuchern die Stätte. Die Natur beginnt, Überhand zu nehmen.

Dabei liegt dort der Dichter begraben, dem die Christianskirche ihren zweiten Namen verdankt: Klopstockkirche. 

Im Geburtshaus von Klopstock in Quedlinburg (links auf dem Foto) befindet sich heute ein Museum, das einen Eindruck von Leben und Werk des Dichters vermittelt.

«Wo der heilige deutsche Sänger schlief»

Friedrich Gottlieb Klopstock starb am 14. März 1803 in Hamburg und wurde neben seiner bereits 45 Jahre früher im Kindbett verstorbenen Frau Meta auf der Grabstätte in Ottensen bestattet. Anstelle eines schlichten Begräbnisses entwickelte sich die Beisetzung zum gesellschaftlichen Ereignis: An dem Trauerzug beteiligten sich Zehntausende von Menschen. Darüber hinaus wurde das Grab in den folgenden Jahrzehnten zu einer Art literarischem Pilgerort. Der 19-jährige Heinrich Heine schrieb diese Verse an seinen Freund Christian Sethe, bevor er 1916 das Grab besuchte:

Als ich ging nach Ottensen hin

Auf Klopstocks Grab gewesen ich bin.

Viel schmucke und stattliche Menschen dort standen,

Und den Leichenstein mit Blumen umwanden,

Die lächelten sich einander an

Und glaubten Wunders was sie getan.

Ich aber stand beim heiligen Ort,

Und stand so still und sprach kein Wort,

Meine Seele war da unten tief

Wo der heilige deutsche Sänger schlief.

So eine Würdigung, die eines großen Dichters, mag aus heutiger Perspektive überraschen. 

Diese Rezeptionsgeschichte, von einem der berühmtesten deutschsprachigen Dichter, zu einem weitgehend vergessenen, schien Lessing vorauszuahnen, der sich als junger Autor in Konkurrenz zu Klopstock sah. Sein Vierzeiler wird bis heute oft spöttisch von Kritikern Klopstocks zitiert:  

Wer wird nicht einen Klopstock loben?

Doch wird ihn jeder lesen? – Nein!

Wir wollen weniger erhoben

und fleißiger gelesen sein.

Vorbild der Messiaden-Literatur

Am 2. Juli 1724, als ältester von 17 Geschwistern geboren, in Quedlinburg aufgewachsen, war Klopstocks Schaffen von seiner pietistischen Erziehung geprägt. Nach ersten dichterischen Versuchen während seiner Schulzeit, begann er während seines Studiums der evangelischen Theologie in Jena und später Leipzig das religiöse Epos «Der Messias» zu konzipieren. Das umfangreiche Projekt besteht aus 20 Gesängen, die zwischen 1749 und 1773 veröffentlicht wurden, in denen die Passionsgeschichte angelehnt an die Epen Homers nacherzählt wird. 

Titelblatt der Erstausgabe der ersten drei Gesänge des Messias (1749)

Als erster in der deutschen Literaturgeschichte verwendete Klopstock dabei durchgehende Hexameter, die er mit einer Rhetorik des Subjektiven oder der Innerlichkeit verband, die er explizit als poetisches Prinzip verstand. Die formale und inhaltliche Gestaltung brach mit der bisherigen Konvention, die sich noch an der strengen Opitzschen Reim-Schule orientierte. Auf Grundlage dieser neuen Gestaltung, konnten etwa Goethe oder Hölderlin die deutsche Lyrik weiterentwickeln. Das Werk erhielt große Aufmerksamkeit und wurde vielfach nachgeahmt, woraus sich die deutsche Messiaden-Literatur des 18. Jahrhundert entwickelte. Parallel begann er Oden und Elegien zu dichten, die nicht weniger begeistert aufgenommen wurden. 

Nach Klopstocks Tod wurde seine Grabstätte zu einem Pilgerort für das gebildete Bürgertum — heute zeugt der ungepflegte Zustand vom Vergessen des Dichters der Empfindsamkeit (links das Grab seiner zweiten Frau, der Hamburgerin Johanna Elisabeth Dimpfel).

Auch wenn sein Schaffen sich über die Epoche der Aufklärung ersteckte, stand Klopstock im Kontrast zu einer Literatur Lessings, die sich als «vernünftig» verstand. Er gilt als Vertreter des Deutschen Irrationalismus und begründete die Epoche der Empfindsamkeit in Deutschland, in der das Gefühl aufgewertet wurde im Gegensatz zum Geist. Während Lessing mit Werken wie «Emilia Galotti» und «Nathan der Weise» nicht mehr aus dem deutschen Literaturkanon wegzudenken ist, hat die gefühlsbetonte Literatur des 18. Jahrhunderts ein deutlich negativeres Image – außer vielleicht als Wegbereiter des «Sturm und Drang». Den Konkurrenzkampf der beiden Dichter, Klopstock und Lessing, überdauerte der zweitere, doch Klopstocks zentraler Rolle in der deutschen Literaturgeschichte wird das nicht gerecht.

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