Chilenische Leistungssportler während der Coronakrise
Von Silvia Kählert
Wie ergeht es einer Familie mit Spitzensportlern in der Quarantäne? Im Haus des ehemaligen Kugelstoßers und viermaligen Olympiateilnehmers Gert Weil verbringt nicht nur Tochter Martina, das zwanzigjährige Lauftalent, sondern auch ihr belgischer Freund Jonathan Sacoor, der beim 400 Meter Lauf Weltklasse-Niveau hat, die Coronakrise.
Beide trainieren trotzdem täglich», sagt Gert Weil. Wie notwendig das für Leistungssportler ist, wissen er und seine Frau Ximena aus eigener Erfahrung. Der sechzigjährige Deutsch-Chilene erreichte bei den Olympischen Spielen 1988 mit 20,38 Metern den sechsten Platz, gewann zwei Mal bei den Panamerikanischen Spielen und acht Mal bei den Südamerikameisterschaften. Seine Frau Ximena Restrepo errang als erste Kolumbianerin eine Olympia-Medaille. Die Sprinterin gewann bei den Olympischen Sommerspielen 1992 in Barcelona Bronze über 400 Meter. Seit 2019 ist sie Vizepräsidentin des International Amateur Athletics Federation (IAAF) – ein Amt, das zum ersten Mal eine Frau in der Geschichte des Verbands ausübt.
Gert Weil ist die vierte Generation von Deutschen in Chile. Er besuchte die Deutsche Schule in Puerto Montt und später in Santiago. Dem Club Manquehue ist er eng verbunden: «Ich bin Mitglied, habe für den Club bei Wettbewerben teilgenommen und war für den Bereich Leichtathletik zuständig.» Seine beiden Töchter haben das auf Leichtathletik spezialisierte Colegio Villa María Academy besucht, die 16-Jährige Franka wird in zweieinhalb Jahren ihren Abschluss machen. Martina erhielt vor anderthalb Jahren ein Sportstipendium an der Universität Tennessee, wo sie Biomedizin studiert. Dort lernte die Leichtathletin Jonathan Sacoor kennen, der ebenfalls mit einem Sportstipendium dort studiert. Als die Pandemie sich Ende März stark in Belgien begann auszubreiten, beschloss der Flame seine Freundin nach Chile zu begleiten: «Das gute Wetter in Chile » sei auch ein Grund gewesen. Außerdem kann Martinas Mutter, Ximena Restrepo, als ehemalige Spitzensportlerin in dieser Diszplin die besten Hinweise für das Training geben. Der Zwanzigjährige qualifizierte sich über 400 Meter für die Weltmeisterschaften in Doha im Oktober 2019, gelangte dort bis in das Halbfinale mit seiner Bestleistung von 45,03 Sekunden. Mit der Staffel erreichte er das Finale und gewann dort in 2:58,78 Minuten die Bronzemedaille.
Am 9. Juli geht sein Flug zurück nach Brüssel. Einige Tage danach folgt seine Freundin ihm nach. Dann können die beiden noch einmal eine gemeinsame Zeit in der Heimat Jonathans verbringen, ehe es Anfang August wieder mit der Uni losgeht – falls die Pandemie dies erlaubt.