Wie die Niederlande gegen Spanien die Unabhängigkeit erkämpfte
Philipp II. von Spanien (links) und Wilhelm I. von Oranien: Bei seiner Abreise aus den Niederlanden im Jahr 1559 beschuldigt der spanische König Wilhelm von Oranien, persönlich den Widerstand des Adels gegen den König anzuführen (Gemälde von Cornelis Kruseman, 1832).
Eine Streitschrift der aufständischen Niederländer von circa 1572: «Er nimmt mit Gewalt den Reichtum des Landes und hat viel unschuldig Blut hängen oder verbrennen lassen. Er hat auch Egmont und Horn das Leben genommen und den ganzen Adel erniedrigt, das wird von Bürgern und Bauern beklagt.» Neben dem Herzog eine vielköpfige Hydra mit den Köpfen des Herzogs von Guise, des spanischen Kardinal-Ministers Granvelle und des Herzogs von Lothringen (loreyne), zu seinen Füßen die Leichen der hingerichteten Philippe de Montmorency, Graf von Hoorn und Graf Lamoral von Egmont.
Foto: Dietmar Rabich, CC BY-SA 4.0
Der Achtzigjährige Krieg (1568-1648) bezeichnet den Aufstand der Niederlande gegen die spanische Herrschaft. Am 15. Mai 1848 ist es genau 375 Jahre her, dass in Münster mit dem spanisch-niederländischen Friedensvertrag der Westfälische Frieden eingeleitet wurde.
Ein von 1643 bis 1648 andauernder Friedenskongress, der in den Städten Osnabrück und Münster in langwierigen, oft vom Scheitern bedrohten Verhandlungen geführt wurde, brachte schließlich den Frieden, der als Westfälischer Frieden in die Geschichte einging.
Der spanisch-niederländische Teilfriede, der Friede von Münster, beendete am 15. Mai 1648 den Niederländischen Unabhängigkeitskrieg. Verkündet wurde der Friedensschluss des Dreißigjährigen Krieges schließlich am 25. Oktober 1648 von der Osnabrücker Rathaustreppe aus. Damit war es in Europa erstmals gelungen, einen Krieg nicht militärisch, sondern mit diplomatischen Verhandlungen zu beenden.
Katholische Spanier gegen protestantische Niederländer
Mit der Schlacht bei Dahlen am 25. April 1568 begann der Achtzigjährige Krieg.
Cuadro Schlacht von Dahlen
Bei dem Achtzigjährigen Krieg ging es nicht nur um Ländereien und Ressourcen, nicht nur um die Unabhängigkeit von der spanischen Krone, sondern auch um Religion. Spanien war im 16. Jahrhundert die katholische Großmacht schlechthin. Die Reformatoren Luther, Calvin und Zwingli hatten jedoch eine andere Lesart der Bibel gefordert. Diese Entzweiung der christlichen Kirche wurde zum zentralen Konflikt des damaligen Europas. Wie kompliziert die Auseinandersetzungen waren, zeigt auch die Uneinigkeit der niederländischen Provinzen: Während der Norden überwiegend calvinistisch wurde, blieb der Süden katholisch.
Die Niederlande umfassten im 16. Jahrhundert ein größeres Gebiet als gegenwärtig. Auch das heutige Belgien, Luxemburg, Teile Nordfrankreichs und Deutschlands gehörten dazu. Das Land war Teil des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation und stand unter der Herrschaft der Habsburger.
Kaiser Karl V. hatte die Reichskrone an seinen Bruder Ferdinand, die Krone Spaniens an seinen Sohn Philipp II. übergeben – seine Mutter war die spanische Königin Isabella. Philipp erbte damit auch die Niederlande, Sizilien, Mailand und Burgund. Er hatte dem Papst geschworen, die Welt «vom Protestantismus zu reinigen» und richtete von Brüssel bis Amsterdam und von Antwerpen bis Rotterdam fürchterliche Blutbäder an, aber sowohl er als auch seine Nachfolger scheiterten an der Zähigkeit der niederländischen Freiheitskämpfer und an deren Wirtschaftskraft.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eskalierte rund um den wichtigen Hafen Antwerpen der Widerstand gegen das Königshaus in Madrid. Es herrschte ein Glaubenskrieg. Während sich auch in Deutschland die Protestanten nicht mehr dem strengen Joch der Katholiken unterwarfen, kam es in den niederländischen Provinzen zum Aufstand.
Herzog Alba und Wilhelm von Oranien
1566 gründeten die «Geusen» (übersetzt Bettler) eine Widerstandsgruppe aus dem niederen Adel. Im selben Jahr richteten die Truppen des Herzogs von Alba, vor den Toren der Stadt Wattrelos, ein Massaker an den flämischen Geusen an. Der Protest gegen die spanische Herrschaft erreichte mit den Bilderstürmen der Calvinisten einen ersten Höhepunkt. Philipp schickte daraufhin den Herzog von Alba in die Niederlande. Der Statthalter des Königs unterdrückte die Aufstände mit Hilfe von Sondergerichten, dem sogenannten Blutrat von Brüssel, und ließ mehr als 6.000 Aufständische hinrichten. Unter der Führung von Wilhelm von Oranien versuchten die niederländischen Grafen Egmont und Hoorn zu vermitteln, wurden aber vom Herzog von Alba verhaftet und öffentlich enthauptet.
Der im hessischen Dillenburg geborene Wilhelm von Oranien, der sich öffentlich für Konfessionsfreiheit einsetzte, sammelte Truppen, um gegen Alba zu Felde zu ziehen: Die Schlacht von Dahlen, einem kleinen Ort bei Mönchengladbach, am 25. April 1568 endete aber mit einem verheerenden Sieg der Spanier. Der Kampf gilt als Beginn des Achtzigjährigen Kriegs.
1576 gelang es Wilhelm von Oranien, die südlichen Provinzen für den Kampf zu gewinnen. Doch schon 1579 eroberte der Nachfolger des Herzogs von Alba, Alessandro Famese, diese für Spanien zurück.
Westfälischer Frieden und Neuordnung Europas
Viele Jahre blutiger Kämpfe folgten, nur von 1609 bis 1621 herrschte Waffenstillstand, ehe mit Beginn des Dreißigjährigen Kriegs 1618 die Konflikte zwischen dem katholischen Kaiserreich und der Protestantischen Union neu aufflammten. Der Dreißigjährige Krieg begann 1618 als Religionskonflikt und weitete sich zum Konflikt um die Hegemonie im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und in Europa aus. Er brachte unvorstellbares Leid über die Bevölkerung: die Zerstörung ganzer Landstriche, Plünderungen, Hunger, Mord und Vertreibung.
Erst im Laufe der 1640er Jahre zeichnete sich ein Ende des Kriegs ab. Nicht nur die Bevölkerung sehnte sich nach Frieden, auch bei den Kriegsparteien wuchs der Wille, diesen extrem verlustreichen und kostspieligen Krieg zu beenden. Im Rahmen des ab 1646 stattfindenden Westfälischen Friedenskongresses wurde schließlich 1648 der Friede von Münster besiegelt – und die Niederlande wurden ein souveräner Staat.
Foto: Dietmar Rabich, CC BY-SA 4.0
Dieser 80-jährige Krieg zwischen Spanien und den Niederlanden war gewissermaßen die Langversion des 30-jährigen Krieges in Westeuropa, ein Krieg, der den Kontinent tiefgreifend verwüstete. Beide Kriege gingen mit dem Westfälischen Frieden zu Ende. Von da an respektierten die beiden Staaten einander, aber sie konnten verschiedener kaum sein: hier die von calvinistischem Gewerbefleiß geprägte Bürgergesellschaft, dort die höfische Pracht eines schon zur Dekadenz neigenden Reiches; hier Rubens, van Dyck und Rembrandt, dort El Greco, Velázquez und Goya. Spanien und die Niederlande: zwei Regionen, die die ganze Zerrissenheit Europas widerspiegelten.