Die deutschen Einwanderer gründeten die Lutherische Kirche in Osorno, die älteste in Chile und Argentinien. Den Beschluss fasste die Gemeindeversammlung am 22. März 1863 und wählte an diesem Tag auch ihren ersten Vorstand.
Zur Zeit der Gründung gehörten der ersten Gemeinde etwa 50 Familien verschiedener evangelisch-lutherischer Traditionen an, die ihrer Kirche den Namen «Deutsche Evangelische Kirche in Osorno» gaben.
Erste Kapelle und Gründung von Verein
Alfred Tysska war der erste Pfarrer der Kirche. Rudolph Amandus Philippi hatte ihn mithilfe der Stiftung Gustav-Adolf-Werk anwerben können, um die neue Gemeinde in Puerto Montt zu unterstützen. Es waren schwierige Zeiten, in denen es nicht einmal ein Kirchengebäude für Gottesdienste gab.
Im Jahr 1867 kam Pfarrer Franz Renz und legte den Grundstein für eine Kirche. Die Gemeinde baute eine erste Kapelle, die eingeweiht wurde und zum Teil noch heute auf dem deutschen Friedhof in Osorno steht.
Nach einer kurzen Amtszeit von Pfarrer Ludwig Knochenhauer übernahm 1880 Pfarrer Daniel Weil das Amt. In dieser Zeit erhielt die Gemeinde die Rechte einer öffentlichen Körperschaft. Die Gemeinde vergrößerte sich nach und nach, vor allem durch die Zusammenarbeit mit der Deutschen Schule. In dieser Zeit wurde auch der Bau der Kirche fertiggestellt und am 11. April 1897 eingeweiht.
Ab 1905 übernahm der Rheinländer Hermann Kock das Amt des Gemeindepfarrers. Es war keine einfache Zeit – weder für die Verwaltung und noch für die seelsorgerische Arbeit. Im August 1906 wird ein deutscher evangelischer Verein von gebildeten Männern und Jugendlichen gegründet. Ziel war es, «das evangelische christliche Leben unter den Männern und Jugendlichen der Gemeinde zu fördern und zu stärken».
Die Ausstattung der Kirche wurde verbessert, Stromleitungen wurden gelegt und das Gebäude elektrifiziert. Altar und Kanzel erhielten eine neue Verkleidung und ein neues Harmonium wurde installiert.
Glocken zum 50. Jahrestag
Die Gemeinde beschloss, einen Turm zu bauen und Glocken zu kaufen. Diese wurden bei der «Bochumer Gesellschaft für Bergbau und Gusseisenverarbeitung» bestellt und trafen Anfang Februar 1913 ein. Am 1. Juli (oder Juni) wurde der neue 27 Meter hohe Turm und die Glocken geweiht. Auf der einen stand «Starke Burg ist unser Gott», auf der anderen «Nur eins ist nötig» und auf der dritten «Lasst die Kinder zu mir kommen».
Auf der gegenüberliegenden Seite jeder Glocke steht «Zum 50. Jahrestag des Bestehens der Gemeinde». Aus dieser Zeit stammen auch zwei Altarbilder, die von Catherine Schwencke de Schuhmacher gestiftet wurden und am 1. November 1925 während des Reformationsgottesdienstes enthüllt wurden. Beide hatten die Inschrift «Jesus und die samaritische Frau am Jakobsbrunnen» und «Petrus versinkt im Wasser». Die Bilder wurden von Professor Heinrich Saffer und seinem Sohn Arwed Saffer aus Cuxhaven angefertigt.
Eine wichtige Aufgabe der Gemeinde in dieser Zeit war ihre Unterstützung der deutschen Kirchen und Gemeinden während des Ersten Weltkriegs.
Im Jahr 1929 wird ein Pfarrhaus neben der Kirche errichtet. Nach 27 Jahren beschloss Kock im Mai 1933, nach Deutschland zurückzukehren. Sein Nachfolger ist Pastor Karl Steybe.
Neues Kirchengebäude und mehr Andachten
Das 75-jährige Bestehen der Gemeinde Osorno wird im April 1938 gefeiert. In jenen Jahren wurden Pläne für den Bau eines neuen Kirchengebäudes geschmiedet, die jedoch wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs zurückgestellt wurden. Dieses Projekt wurde schließlich neben dem Pfarrhaus verwirklicht: Die Einweihung der neuen Kirche fand am 18. Oktober 1953 statt.
Pfarrer Hans Hollederer kam im März 1955 nach Osorno. Er legte den Schwerpunkt auf das geistliche Leben der Gemeinde und regte zu besinnlichen Treffen in der Kirche an.
In dieser Zeit wurden jeden Abend die Glocken geläutet, um die Gemeinde zum Gebet zu rufen. Pfarrer Hans Hollederer führte abendliche Meditationen und Andachten ein, um die Gemeindemitglieder im Glauben zu stärken. 1956 begann Radio Sago die Botschaften des Geistlichen zu senden.
Ab 1954 wurde es notwendig, für die Konfirmation einen Gottesdienst in spanischer Sprache abzuhalten, da immer weniger Konfirmandinnen und Konfirmanden Deutsch sprachen.
Pfarrer Steinbauer sammelt Spenden für Klinik
Der neue Pfarrer Helmuth Steinbauer kam aus Waldmünchen und wurde im März 1962 von Bischof Karle vorgestellt.
Das 100-jährige Bestehen (1854 – 1974) wurde in seiner Amtszeit gefeiert. Steinbauer war ein sehr engagierter Pfarrer. Eine seiner verdienstvollsten Aktionen war die Herstellung von Kontakten zu Deutschland, um in Deutschland Spenden für den Bau der deutschen Klinik in Osorno zu sammeln.
Am 31. Mai 1968 kam Pfarrer Wolfram Roth in Osorno an. Er übernahm die Leitung der Gemeinde bis April 1974. Zusammen mit Roth kam Pastor James Savolainen, ein von nordamerikanischen Missionswerken finanzierter Pastor, um mit der Gemeinde zusammenzuarbeiten. Er war für den spanischen Bereich, Beerdigungen und Aktivitäten für diejenigen, die kein Deutsch sprachen, sowie für soziale Belange zuständig.
Als Savolaine in den Ruhestand ging, wurde Rolando Diaz der Gemeindepfarrer. Dies war eine schwierige Zeit, in der die pastorale Arbeit durch die Politik beeinflusst wurde.
1974, auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen in der evangelischen Kirche, übernahm Pfarrer Richard Wagner das Amt, das er bis 1980 innehatte. Richard Wagner wurde auch der erste Bischof, damals der einzige deutsch- und spanischsprachige Pfarrer. Im Dezember 1980 zog Pastor Wagner nach Santiago, um sich um die dortige Gemeinde zu kümmern.
Pfarrer Siegfried Sander fördert Jugendarbeit
Im Sommer 1981 übernahm Pastor Siegfried Sander seine Stelle. In diesen Jahren spielte die Jugendarbeit und die Freizeiten eine immer wichtigere Rolle.
Siegfried Sander blieb für eine erste Periode bis 1983. Der junge Pastor führte zwei Morgengottesdienste ein, einen in deutscher und einen in spanischer Sprache.
Er gab Religionsunterricht und arbeitete mit den Jugendlichen, um diesen Bereich der Kirche zu beleben. 1983 Siegfried Sander verließ die Gemeinde, um sich mehr der Jugendarbeit zu widmen. Ihm folgte Vikar Hans Mayr, der zum Pfarrer geweiht wurde, aber aus Krankheitsgründen vorzeitig pensioniert wurde. Siegfried Sander kehrte für eine zweite Periode als Pfarrer zurück. Während dieser Zeit lernt er Pedro Puentes bei einem Seminar zur theologischen Reflexion kennen und holte ihn als Vikar zur Gemeinde.
Im Februar 1991 verließ Siegfried Osorno, um mit der Universitätsbibelgruppe in Santiago zu arbeiten. Pedro Puentes wird im März 1991 ordiniert. Am 14. Februar 1992 wird das Martin-Luther-Kolleg gegründet, ein Projekt, das bis 2002 andauerte. Andreas Handstein kommt im Dezember 1991 als Vikar für eine deutschsprachige Arbeit nach Osorno und wird im Mai 1994 ordiniert.
In diesen Jahren nahm die Martin-Luther-Schule einen großen Teil des Gemeindelebens ein, sie entwickelte sich und konnte später für ein Jahr in Räumlichkeiten in Pilauco und dann in den Sektor Bellavista umziehen. Da keine Mittel zur Renovierung da waren, begann das Gebäude der Martin-Luther-Schule zu verfallen.
Pfarrer Andreas Handstein zieht im November 2003 nach Temuco. Seit 1999 arbeitete der erste Diakon, dann Vikar und jetzt Pfarrer Alexis Salgado mit den Jugendgruppen und unterrichtet auch an der Martin- Luther-Schule.
Ein wichtiger Bestandteil dieser Zeit war die Einführung eines Gottesdienstes in spanischer Sprache an den Nachmittagen. Pastor Salgado wurde im Mai 2003 ordiniert und ist seit Dezember desselben Jahres Hauptpastor.
In dieser Zeit wurde eine Politik der Offenheit gegenüber der Gemeinschaft entwickelt und es entfaltete sich gleichzeitig eine größere Dynamik bei allen Aktivitäten. Heute richtet sich die Gemeinschaft auf eine missionarische Tätigkeit sowohl nach innen als auch nach außen aus.
Im Jahr 2017 wurde Pastor Alexis Salgado zum Bischof der Lutherischen Kirche in Chile gewählt. Im Jahr 2018 begann Pastor Miguel Angel Nuñez seine pastorale Tätigkeit.
Quelle:
www.luteranaosorno.cl
Fotos: Iglesia Luterana en Osorno