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Knut Kistner – Stabsfeldwebel

Auf dem Leopard 2 aufgewachsen

Er ist bereits zum zweiten Mal mit einem beruflichen Auftrag in Chile. Als Knut Kistner vor zwölf Jahren in der Atacama-Wüste dienstlich unterwegs war, gefiel es ihm so gut, dass er sich später bewarb, um an der Botschaft in Santiago zu arbeiten.

Von Walter Krumbach

Iquique, 2008. Eine Gruppe der Panzertruppe des chilenischen Heers empfängt eine Delegation deutscher Militärs. Sie sind angereist, um ihre Kollegen im Umgang mit dem Panzerwagen Leopard 2A4 einzuweisen. Das chilenische Heer hatte in Deutschland eine Anzahl dieser Fahrzeuge erworben. Teil der Vereinbarung war eine Ausbildung vor Ort. Einer der deutschen Besucher ist Knut Kistner. «Wir hatten den Auftrag, die chilenischen Kameraden bis zum ersten Schuss mit dem Leopard 2A4 in die Wüste zu führen», erklärt Kistner. «Dazu gehörte die gesamte Ausbildung am Panzer», fährt er fort und man hört seine Genugtuung heraus, als er hinzufügt: «Ich bin auf dem Leopard 2 aufgewachsen, ich kenne mich da ‘drin recht gut aus». Er war fünf Jahre für die Offiziersausbildung der Panzertruppe in Münster zuständig, ist Schießlehrer Leopard 2, und «wir haben in Chile versucht, unsere Kenntnisse über den Leopard 2 weiter zu vermitteln».

In Iquique erlebte die deutsche Delegation allerdings eine böse Überraschung. In dem Wohnhaus, das der Gruppe direkt am Strand mit Blick auf das Meer zur Verfügung gestellt worden war, wurde sie überfallen: «Wir wurden gefesselt und geschlagen.» Später stellte sich heraus, dass es sich vermutlich um eine Bande aus dem Drogenmilieu handelte, die Geld und Waffen suchte. Das chilenische Heer und die Luftwaffe entschädigten daraufhin ihre europäischen Gäste mit einer Einladung auf die Insel Juan Fernández für ein Wochenende: «Herrlich, wunderbar», fasst Kistner den Ausflug zusammen. Zusätzlich organisierte das Heer mehrere Reisen durch die Atacama-Wüste. Die Täter wurden allesamt gefasst und zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Seit Januar 2017 ist er nun zum zweiten Mal in Chile tätig. «Durch meine Erfahrungen im Jahr 2008 und weil mir das Land gefiel, habe ich mich beworben», erzählt er. Seine Hauptaufgabe an der Botschaft in Santiago ist es, in allen Bereichen den Militärattaché zu unterstützen. Damit meint er Dienstreisen, Planungen, Herstellung von Kontakten und vieles mehr, kurz, «alles, was ein Militärattaché braucht, um seinen Dienst durchzuführen». Zum anderen hält er Verbindungen zu Seinesgleichen aufrecht. Dazu ist ihm die Cafape behilflich, eine Organisation aller militärischen und polizeilichen Unteroffiziere aus diversen Ländern, die in Chile beschäftigt sind. Knut Kistner und seine Frau nehmen regelmäßig an deren Treffen teil, sei es bei den «Fiestas de países» oder bei ungezwungenen Grillparties. Der Schwerpunkt liegt beim Kennenlernen von neuen Kulturen, anderen Arbeitsweisen, um sich gegenseitig auch im dienstlichen Bereich zu unterstützen.

Drei Jahre leben Knut Kistner und seine Frau nun in Chile. In diesem Zeitraum hat er manches erlebt, an das er gerne zurückdenkt: «Wir haben einen Kreis von deutschsprechenden chilenischen Offizieren, mit denen wir uns vor der Pandemie regelmäßig getroffen haben.» Unter ihnen war ein Oberstleutnant, der im Süden ein Bataillon übernommen hat. Das Ehepaar Kistner war mit dabei: «Solche Dinge, wie Dienstreisen zu befreundeten Kameraden, machen mir am meisten Spaß.»

Im ersten Jahr besuchte er Iquique: «Ich habe mir natürlich das, was wir ,verbrochen’ haben, angesehen», schmunzelt er, «nämlich die Panzertruppe, die sich in zehn Jahren riesig entwickelt hat. Als wir damals dort ankamen, war es eine Baustelle, nur unsere Halle für Leopard 2 war fertig. Mittlerweile ist daraus eine Ausbildungseinrichtung mit vielen Bereichen geworden.» Es war, als hätte er «eine Reise zurück in meine Geschichte unternommen».

Knut Kistner wurde in Vallendar, nahe bei Koblenz, geboren. Er wuchs in Melsbach am Westerwald auf. Im Westerwald fanden regelmäßig Manöver der Bundeswehr statt: «Die haben mich immer fasziniert», versichert er und fügt im gleichen Atemzug hinzu: «Das könnte ein Auslöser dafür gewesen sein, dass ich mich freiwillig für die Bundeswehr beworben habe – nach acht Jahren wollte ich die Bundeswehr nicht mehr verlassen, weil sie mir sehr viel Freude bereitet hatte.» Damals gab es noch den kalten Krieg: «Wir standen auf der einen Seite in Zivil mit Bundeswehr-Ferngläsern und auf der anderen Seite standen die NVA (Nationale Volksarmee)-Soldaten und haben uns beobachtet!»

Nach der Jahrtausendwende nahm Kistner an Einsätzen in Bosnien und Afghanistan sowie in Washington teil, um den dortigen Stab zu unterstützen. 2010 wurden sehr viele Soldaten der Bundeswehr im Kosovo verwundet. Kistner wurde bei der Gelegenheit als Truppenpsychologiefeldwebel eingesetzt: «Wir waren ein paar Wochen damit beschäftigt, Gespräche mit allen verletzten deutschen und österreichischen Soldaten zu führen.» Es waren 31 schuss-, handgranaten- und brandverletzte Soldaten, die betreut werden mussten.

Heute ist Kistners Freizeit ausgefüllt mit Kinderbetreuung – zu seinem anderthalbjärigen Sohn kommt demnächst ein zweites Kind hinzu. «Das macht mir riesig Spaß. Kinder sind ehrlich, erfrischend, wohltuend naiv, was ich wunderbar finde», stellt er fest, «da sehe ich mich auch in der Zukunft.»

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