16.8 C
Santiago
9 C
Berlin
Monday, 3. November 2025

Blu-Ray-Report

«Mr. Turner – Meister des Lichts» von Mike Leigh 

Der große deutsche Filmregisseur Werner Herzog («Aguirre, der Zorn Gottes», «Fitzcarraldo») äußerte vor vielen Jahren in einem Interview: «Ich glaube an die Inszenierbarkeit von Schauplätzen.» In «Mr. Turner» bewahrheitet sich diese Aussage auf beeindruckende Weise. Regisseur und Produzenten suchten die Landschaften nicht nur mit Kennerblick aus, sondern Kameramann Dick Pope schuf eine optische Ästhetik von einzigartiger Schönheit, wobei er es meisterhaft verstand, die Lichtverhältnisse optimal zu nutzen. Dabei entstanden Bilder wie von einem Impressionisten gemalt, ganz im Stil von Turner, der seiner Zeit weit voraus war.  

William Turner (1775-1851) war ein berühmter Landschaftsmaler, der in England als der herausragendste Künstler der Romantik angesehen wird. Der Film ist biografisch angelegt. Seine Handlung beginnt 1826 und erstreckt sich über 25 Jahre. Hauptdarsteller Timothy Spall las über ein Dutzend Biografien des Malers und nahm zwei Jahre lang Zeichen- und Malunterricht, um der Figur näherzukommen. Sein Porträt des kauzigen, launischen, wortkargen, manchmal brutalen Sonderlings bildet den Mittelpunkt der Handlung, deren Ablauf nicht auf Spannung aufgebaut ist, sondern gemächlich einige Episoden aus seinem Leben schildert, wie die Besuche in der Royal Academy of Arts, wo er mit prominenten Kollegen Ideen austauscht; die Reisen nach Margate, wo er Meereslandschaften skizziert, um sie später auf die Leinwand zu bannen, und seine Besuche bei Adligen, die er sich als gut zahlende Kunden warmzuhalten versteht.

Nicht nur Spalls schauspielerische Leistung, sondern die des gesamten Personals ist durchweg optimal. Schon allein daher wirkt dieser Film überaus überzeugend. Dazu kommt ein akkurater Szenenaufbau, der Milieus und Lebensbedingungen von Arm und Reich der Epoche detailgetreu wiedergibt. 

Zwei informative Dokumentationen liegen bei. In «‚Mr. Turner‘: The Cinematic Palette» erzählt Regisseur Leigh, der in seiner Jugend Kunst studierte, von seiner Begeisterung für die Malerei im Allgemeinen und für Turner im Besonderen. Timothy Spall berichtet, wie er sich auf die Rolle vorbereitete und Kameramann Dick Pope erzählt von seinen Bemühungen, Landschaftsgemälde zu gestalten, ohne Digitaltechnik anzuwenden. In «The Many Colours of ‚Mr. Turner‘» führt Leigh aus, Turners Malerei sei «sehr filmisch. Es geht bei ihm nicht um Stillleben, sondern um eher große Räume». Etliche Schauspieler nehmen zur Ausarbeitung ihrer Figuren Stellung, und künstlerische Berater schildern, wie historische Schauplätze zum Dreh umgestaltet wurden. 

Ein Trailer vervollständigt das Angebot. Damit nicht genug, kann der Benutzer während der Filmvorführung einen Kommentar (mit spanischen Untertiteln) von Mike Leigh zuschalten. Der Regisseur erzählt von Turner und seinen Zeitgenossen, was im Film wahr und was frei erfunden ist, von der Zusammenarbeit mit den Schauspielern, von dem mühevollen – und geglückten – Versuch, Bilder zu erzeugen, als habe sie Turner gemalt. Leighs kurzweiliger Vortrag ist außerordentlich informativ und somit sicher die interessanteste Zugabe der Platte.    

«Mr. Turner», Vereinigtes Königreich, Deutschland, Frankreich, 2014 Regie: Mike Leigh Produktion: Georgina Lowe, Michel Saint-Jean, Malte Grunert Drehbuch: Mike Leigh Kamera: Dick Pope Ton: Lee Herrick Schnitt: Jon Gregory Musik: Gary Yershon Mit Timothy Spall, Paul Jesson, Dorothy Atkinson, Marion Bailey, Karl Johnson, Ruth Sheen u. a. Spieldauer:  2 Stunden 30 Minuten.

Bild *****

Ton ***

Darbietung *****

Extras ****

Anmeldung zum Cóndor-Newsletter

Wir senden Ihnen den regelmäßig erscheinenden Newsletter mit unseren Textempfehlungen zu.

- Werbung -

Mehr Lesen