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domingo, 3. noviembre 2024
Inicio Porträt Herbert Massmann – Physiker und Unternehmer

Herbert Massmann – Physiker und Unternehmer

Wissenschaftler und Musiker aus Leidenschaft

Von Hans-Joachim Krämer

Der aus Temuco stammende Herbert Massmann schlug eine internationale Laufbahn als Doktor der Physik in der Kernforschung ein. Lebenserfahrungen in den USA und Europa und die Kreativität eines Künstlers bringt er – nun zurück in Temuco – in die Leitung des florierenden Familienunternehmens ein.

Sein Mathematik- und Physiklehrer in der Deutschen Schule Temuco war ausschlaggebend für seine Zukunft. Aufgrund von Georg Niesels hervorragendem Physikunterricht mit vielen Experimenten sah Herbert für sich nur einen Weg: ein Physikstudium. Zuerst 1967 an der Universidad de Chile, dann Kernphysik an der University of California in Berkeley, und mit dem dort erlangten Doktortitel kam er als Gastwissenschaftler am Hahn-Meitner Institut für Kernforschung nach West-Berlin. Inzwischen verheiratet und zum ersten Mal in Europa, noch dazu in der «damals aufgeschlossensten Stadt Deutschlands», erlebten die Massmanns wunderbare 18 Monate. 1977 kehrte der Wissenschaftler «an die Chile» zurück.

Aus den Skripten seiner Physikvorlesungen entstanden drei Bücher: «Introducción a la Teoría de la Relatividad Especial», «Introducción a la Mecánica», etwa 450 Seiten, heute noch in Gebrauch, und, einzigartig interessant und lehrreich, mit Rodrigo Ferrer, «Instrumentos Musicales, Artesanía y Ciencia» (die beiden letzten im Internet frei zugänglich).

Den größten Teil seiner Forschungstätigkeit entfaltete Massmann mit Kollegen in Buenos Aires am neuen Schwerionenbeschleuniger. Das war in den 1980er Jahren «die neue Mode auf dem Gebiet der Kernforschung» und zufälligerweise auch das Gebiet, auf das er sich spezialisiert hatte. 

Ein Humboldt-Forschungsstipendium führte ihn dann noch an die Ludwig-Maximilians-Universität in München und noch einmal an das Hahn-Meitner Institut. In seinen
25 Forscherjahren veröffentlichte Massmann, meistens in Zusammenarbeit mit Kollegen, etwa 35 wissenschaftliche Artikel.

Dazu bekleidete er verschiedene leitende Positionen: «Director del Departamento de Física der Facultad de Ciencias», Vorstandsmitglied der Chilenischen Physikalischen Gesellschaft, erster Leiter des Doktorprogramms in Physik der Universidad de Chile und «Director de la Escuela de Posgrado en Ciencias» (Mathematik, Physik, Chemie und Biologie) der Universidad de Chile. Herberts Frau Mariana Wyneken übte einige Jahre ihren Beruf als Bibliothekarin aus.

Als ein Kuriosum sei die wissenschaftliche Beteiligung des Doktors der Physik beim Entwurf und Bau einer Windharfe («Arpa Eólica») am «Embalse Puclaro» im Elqui-Tal erwähnt. Vom steten Wind entfachte Klänge des im Freien stehenden künstlerischen Gerätes regten Markus Stockhausen dazu an, bei einem Besuch in Chile mit seiner Trompete zu der Windmusik des Naturschauspiels zu improvisieren.   

Mit 50 Jahren entschloss sich Herbert Massmann gemeinsam mit seiner Frau zu einer Lebenswende: Sie zogen zurück in den Süden Chiles. Er wurde Unternehmer und leistet einen wichtigen Beitrag für die Gemeinschaft und entwickelt seine Musik weiter.

Herberts Großvater hatte 1923 als Zweigstelle der 13 Jahre älteren «Ferretería La Herradura» die «Ferretería La Olleta» gegründet. 1943 stieg Herberts Vater als Teilhaber in das Unternehmen ein und wurde mit der Zeit Geschäftsführer und Alleininhaber. Die «Olleta» war eine weit bekannte «Ferretería», in der man immer Artikel fand, die andere nicht führten. Als Herbert 1998 nach Temuco kam, erkannte er deutliche Anzeichen für nötige Veränderungen. Sodimac hatte eine moderne Zweigstelle eröffnet, während man in der «Olleta» Verkaufsrechnungen immer noch per Hand ausfüllte. 2001 war die Modernisierung soweit. «Diese Jahre der Zusammenarbeit mit meinem Vater waren sehr lehrreich für mich», erklärt Herbert. Sein Vater starb 2004, «aber seine Art und Weise die Tatsachen zu analysieren und vorherzusehen, blieb wegweisend für das, was kommen sollte». Es wurde klar, dass eine große «Ferretería» im Zentrum einer größeren Stadt mit zunehmenden Parkplatz- und Transporteinschränkungen keine Zukunft hatte. So entschloss man sich, dass die «Olleta» langsam in verschiedene Firmen übergehen sollte.

Alles, was mit Möbelbau zu tun hatte, übernahm die «Zweigstelle Provesur» in Padre las Casas. Eine neue Firma «Caza y Pesca La Olleta» wurde ins Stadtzentrum ausgelagert. 2010 gründete man «MCO Ltda», die alles übernahm, was mit Wasser zu tun hatte, wie Bad + Küche und Pumpen. Diese größte der neuen Firmen betreut Kunden von Concepción bis Punta Arenas.

Regelmäßig trifft sich Herbert Massmann mit Gleichgesinnten zur Hausmusik. Mit Hilfe von Computerprogrammen, die die Instrumente verhältnismäßig original getreu wiedergeben, komponierte er etliche Werke: unter anderem drei Sinfonien, drei Konzerte für jeweils Klavier, Klarinette und Fagott, und 13 Kammermusikstücke. Seine Musik gehört meist der klassischen Stilrichtung an.

Die «Corporación Coro Polifónico Santa Cecilia», die 1946 in der damals noch kleinen Provinzstadt Temuco gegründet wurde, ist die älteste kulturelle Institution der Stadt. Herbert Massmann sah es als eine Ehre an, dieser Gesellschaft, die einen Chor und ein kleines Orchester unterhält und zu Konzerten einlädt, beizutreten und war sieben Jahre im Vorstand, davon drei als Vorsitzender.

Bei seiner Unterstützung Deutsch-Chilenischer Institutionen ist sein elfjähriges Wirken – davon drei als Vorsitzender – im Vorstand der Deutschen Schule Temuco hervorzuheben. Und wie sein Vater ist Herbert Massmann auch Mitglied des DCB.

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