Von Jochen Fritz
Die Escuela de Pedagogías en Alemán der Universität Talca, das ehemalige Lehrerbildungsinstitut LBI, ist Teil eines prämierten Erasmus+ -Projektes der Pädagogischen Hochschule Kärnten in Österreich. Die Nationalagentur Österreichs hat im Dezember des vergangenen Jahres der PH Kärnten den Erasmus+ Award 2020 im Bereich Hochschulbildung verliehen.
Unsere Zukunft ist geprägt durch den immer schneller werdenden Austausch von Daten, Menschen, Gütern rund um den Globus. Ein Anspruch an die Bildung unserer Kinder ist daher, Kompetenzen im Umgang mit Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft zu vermitteln.
Auch Lehrer international ausrichten
Entsprechend steht Internationalisierung nicht nur auf dem Stundenplan wie ein weiteres Fach, sondern prägt Unterricht und Schule insgesamt. Nur wenn Interkulturalität transversal, also die Fachgrenzen übergreifend, verstanden wird, können die nächsten Generationen auf die Herausforderungen vorbereitet werden, mit denen sie sich in den kommenden Jahren werden auseinandersetzen müssen. Die auf eine lange Tradition zurückblickenden Deutschen Schulen in Chile sind ein hervorragendes Beispiel, wie ein multikulturelles Miteinander gelebt werden kann und integraler Bestandteil des Bildungserlebnisses der Kinder wird.
Während international ausgerichtete Schulen seit langem eine feste Größe darstellen, hat sich die Lehrerbildung lange schwer mit dem Blick über den Tellerrand getan. In Deutschland war festzustellen, dass die Studierenden in Lehramtsstudiengängen eher weniger Interesse an Auslandsaufenthalten zeigen als ihre Kommilitonen in anderen Studiengängen. Dabei benötigen die Schulen dringend Lehrkräfte, die nicht nur Wissen über internationale Zusammenhänge besitzen, sondern selbst Erfahrungen in unterschiedlichen kulturellen Kontexten gemacht haben. Hierzu dienen Studiensemester im Ausland ebenso wie Praktika – was zählt, ist die selbst gemachte Erfahrung. Denn interkulturelle Kompetenz kann nur im täglichen Miteinander erlangt werden und erst die überzeugende Verkörperung der Interkulturalität durch einen Erzieher oder eine Lehrerin animiert die Kinder, sich in unterschiedlichen kulturellen Räumen bewegen zu wollen.
Die Kultusministerkonferenz in Deutschland weist auf den dringenden Bedarf an Internationalisierung an den Universitäten hin, der DAAD unterstützt zielgerichtet mit umfangreichen Programmen seit neuestem gerade angehende Lehrer.
Drei Monate in Deutschland
Schon sehr viel länger, nämlich seit 30 Jahren, wurde am LBI aufgrund der besonderen Situation der Deutschen Schulen in Chile ein international ausgerichtetes Studium für Lehrkräfte und Erzieherinnen eingerichtet, um den Bedarf der Deutschen Schulen an Fachkräften mit den besonders benötigten Kompetenzen zu decken. Und wenn seit 2015 diese Studiengänge an der Universität Talca im Rahmen der Escuela de Pedagogías en Alemán am Campus Santiago fortgeführt werden, zeigt sich, wie zukunftsweisend bereits vor 30 Jahren gedacht wurde. Heute ist die Escuela ein strategischer Partner der Universität bei der Internationalisierung der Lehramtsstudiengänge der Fakultät für Erziehungswissenschaften und hat zudem ein einmaliges Angebot: Alle Studierenden absolvieren einen dreimonatigen Aufenthalt in Deutschland, bei dem sie deutsche Hochschulen, Schulen und Kindergärten kennenlernen. Finanziell unterstützt werden sie dabei durch Mittel der Deutschen Schulen und der Zentrale für das Auslandsschulwesen. Neben den Finanzen sind die Hochschulpartner in Deutschland und die Austauschschulen ein wichtiger Garant für das Gelingen der kulturellen Immersion, des Eintauchens in den deutschen Sprach- und Kulturraum.
Kooperation mit PH Kärnten
Deutschsprachig meint an der «Escuela» eben nicht nur Deutschland, sondern auch Partner in der Schweiz und in Österreich. Besonders stolz ist man dort auf die Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Kärnten (PH Kärnten) seit 2014 und von 2017 bis 2019 im Rahmen eines prestigereichen «Erasmus+»-Projektes, wie die Akademische Direktorin der «Escuela», Angelika Fraitzl, erzählt. Die Europäische Union fördert gezielt und mit großem Erfolg den Austausch von Studierenden zwischen ihren Mitgliedsländern. In einem geringen Anteil können auch außereuropäische Länder in solche Programme eingebunden werden und die PH Kärnten war in Österreich wegweisend für eine frühe und weitblickende Implementierung von solchen Internationalisierungsstrategien.
Mit mehr als 140 Partnerhochschulen sticht sie heraus und so wundert es nicht, dass in Anerkennung des unermüdlichen Engagements der Leiterin des International Office der PH, Prof. Pia-Maria Rabensteiner, im vergangenen Jahr dem Austauschprogramm, an dem neben mehreren Universitäten in der Ukraine auch die «Escuela» beteiligt ist, der Erasmus+ Award 2020 im Bereich Hochschulbildung verliehen wurde. Mit dieser Auszeichnung ehrt die österreichische Nationalagentur herausragende Projekte, die unter den bereits handverlesenen Erasmus+-Projekten auffallen. Studierende und Dozenten haben über drei Jahre hinweg von der Förderung profitiert und konnten die Partnerinstitution in Klagenfurt beziehungsweise in Santiago in Studiensemestern oder Tagungen kennenlernen. Die «Escuela» hat an diesem Erfolg ihren Anteil und stellt damit erneut ihr internationales Profil unter Beweis, zu dem Studierende und Dozenten gleichermaßen mit viel Engagement beitragen.
Dr. Jochen Fritz ist Direktor des Seminars für deutschsprachige Pädagogik der Universität Talca.