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viernes, 14. febrero 2025
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Die chilenischen Wälder im Klimawandel

Spezialausgabe – Nuestros Bosques

Von Sabine Müller-Using

Zur Person

Sabine Müller-Using ist in Valdivia geboren und in Deutschland aufgewachsen. Seit 2005 lebt die promovierte Waldökologin in Valdivia. Sie ist am Instituto Forestal in den Bereichen Naturwald, Klimawandel und Fortbildung tätig.

Der Klimawandel hat die Bedeutung der Wälder weltweit in ein neues Licht gerückt. Einerseits sind sie die Hauptsenke für den aus unseren Emissionen stammenden Kohlenstoff und helfen so, den Klimawandel zu begrenzen, andererseits müssen auch sie sich an die neuen klimatischen Bedingungen anpassen.

GRAFICO: Treibhausgas-Inventur von Chile, 1990-2020

In Chile absorbieren die Wälder rund 30 Prozent des landesweit ausgestoßenen Kohlenstoffs, wie in der Grafik unter UTCUTS (Uso de la tierra, cambio del uso de la tierra y silvicultura) dargestellt.

Um die Kohlenstoff-Speicherung noch zu erhöhen, hat sich Chile beim Klima-Gipfel in Paris im Jahr 2015 dazu verpflichtet bis 2035 eine Fläche von 200.000 Hektar neu aufzuforsten und auf weiteren 200.000 Hektar nachhaltige Forstwirtschaft zu betreiben. Was relativ einfach klang, hat sich als große Herausforderung erwiesen und so ist davon erst ein Bruchteil verwirklicht worden.

Ein artenreicher Wald kann sich besser an den Klimawandel anpassen.

Wichtig ist bei diesen Maßnahmen zu beachten, dass die Wälder in Zukunft anderen klimatischen Bedingungen ausgesetzt sein werden als bisher. Die natürliche Anpassungsfähigkeit wird wegen der Geschwindigkeit des Wandels als begrenzt eingeschätzt und so gilt es diesen Prozess waldbaulich zu unterstützen.

Höhere Temperaturen, weniger Niederschläge und Waldbrände

Vorhergesagt wurde und bereits beobachtet werden in Süd- und Zentral-Chile ein Rückgang der Niederschläge und der Anstieg der Temperaturen. Das Resilienzforschungszentrum CR2 zum Klimawandel prognostiziert zum Beispiel für die Region Bio Bio mittelfristig einen Anstieg der mittleren Jahrestemperatur um 1,2 Grad (von 11,5 Grad auf 12,7 Grad) und einen Rückgang des Jahresniederschlags um 244 Millimeter (von 1640 auf 1396 Millimeter). Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte, vor allem in der Andenregion, die Temperatur auf 5 Grad ansteigen, bei einer Halbierung der Niederschläge. Zusätzlich wurde seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts eine Zunahme von wiederkehrenden Dürren beobachtet, die auch erhebliche Auswirkungen auf die Ökosysteme haben kann. Im mediterranen Wald in Zentralchile ist aufgrund der anhaltenden Dürre seit 2010 das Phänomen des «browning» zu beobachten, was das Vertrocknen (und dadurch braun werden) der Baumkronen als Ursache hat.

Vermehrte Pflanzung von Bäumen in der Agrarlandschaft ist ein Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel.

Extremereignisse zerstören nicht nur Wälder, wie die vermehrten Waldbrände in den letzten Jahren gezeigt haben, sondern haben auch negative Auswirkungen auf das Wachstum der verbleibenden Bäume. Dies ist bereits heute zu beobachten und wird sich in Zukunft voraussichtlich noch verstärken. Bisher ist ein Rückgang des Stammwachstums bei verschiedenen Arten wie Ciprés de la Cordillera, Araukaria, Lenga und Alerce beobachtet worden. Interessanterweise ergab eine Studie über das Wachstum von Roblewäldern in den Regionen Maule und Los Ríos, dass diese nicht von den Dürren der letzten Jahrzehnte betroffen waren. Es kann jedoch gut sein, dass ein Szenario mit geringeren Niederschlägen und höheren Temperaturen ihr Wachstum in Zukunft negativ beeinflussen wird. 

Schädlinge und Krankheiten

Außerdem ergeben sich auf Ökosystemebene, aufgrund erhöhter Temperaturen und geringerer Niederschläge, Veränderungen in der Populationsdynamik von Insekten und Pilzen. Diese können so zu Schädlingen werden, obwohl sie lange Zeit ein natürlicher Bestandteil des Ökosystems waren, ohne Schäden zu verursachen. Ein Beispiel hierfür ist die Entlaubung von Lengawäldern (Nothofagus pumilio) durch die Larven der Ormiscodes-Motte in den Jahren 2019 und 2022, auf einer Fläche von 55.193 Hektar und 62.344 Hektar in Aysén.

Vermehrte Pflanzung von Bäumen in der Agrarlandschaft ist ein Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel.

Ein weiteres Beispiel ist die Krankheit, die Blattschäden an der chilenischen Araucaria verursacht (Araucaria araucana). Diese Krankheit, die seit 2015 beobachtet wird, scheint durch einen Pilz-Komplex verursacht zu werden, an dem auch eine bisher nicht beschriebene Pilzart (Pewenomyces kutranfy) beteiligt zu sein scheint.

Die vorhergehenden Beispiele zeigen, dass Maßnahmen, die darauf abzielen, die nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels auf die Waldfunktionen zu verhindern und die Aufrechterhaltung und Verbesserung der Waldfunktionen und Ökosystemleistungen zu gewährleisten, notwendig sind. 

Die natürliche Anpassung von Ökosystemen an den Klimawandel umfasst eine Menge von Prozessen auf sowohl der Ebene der Artenzusammensetzung als auch physiologischen und genetischen Ebenen. Diese natürlichen Prozesse brauchen Zeit und können durch die Geschwindigkeit des Klimawandels sowie durch das Vorhandensein anderer Belastungen, wie zum Beispiel die Fragmentierung der Landschaft, beinträchtigt werden. So gibt es neben der schon erwähnten Aufforstung und nachhaltigen Waldbewirtschaftung verschiedene Strategien, die in Chile bereits eingesetzt werden, wenn auch bisher nur zögerlich.

Phänomen des «Browning» im Bosque Esclerófilo, Zentralchile

Strategien zur Anpassung 

Eine vom Landwirtschaftsministerium bevorzugte Maßnahme ist die Förderung der Agroforstwirtschaft. Hier werden gezielt Bäume in die Agrarlandschaft integriert, um den Waldanteil zu erhöhen, aber auch um die Landwirtschaft an den Klimawandel anzupassen. Positive Auswirkungen sind zum Beispiel das Erzeugen von Schattenbereichen für das Vieh, eine Verringerung der Windgeschwindigkeit und somit geringere Austrocknung, und der Schutz von Wasserläufen durch Begrünung.

Waldbaulich ist es sinnvoll auf eine hohe Artenvielfalt zu achten. Jede Baumart hat andere Anpassungsstrategien. Je mehr Arten vorhanden sind, desto mehr Anpassungsmöglichkeiten hat also der Wald. Manchmal kann es aber auch nötig werden, aktiv Baumarten entlang des Klimagradienten umzusiedeln. Diese Strategie nennt sich «unterstützte
Migartion» und bezeichnet in Chile meist das Verpflanzen von Pflanzenarten von wärmeren, nördlicheren Gebieten in südliche, kühlere, in denen die Arten bisher noch nicht vorkamen. Ein Beispiel ist die Pflanzung von Quillay in der Region von Los Ríos oder der Araucaria in Aysén. Beide Arten kommen von Natur aus hier nicht vor, die Umweltbedingungen könnten sich jedoch bald so verändern, dass sie sich in ihrer neuen Umgebung wohl fühlen.

Wissenschaftlich gesicherte Ergebnisse zum Erfolg der genannten Maßnahmen zur Anpassung an einen so rasanten Klimawandel, wie wir ihn heute erleben, fehlen zwar, dennoch werden sie als unabdinglich für den Erhalt des Waldes und damit der Gesundheit des Planeten angesehen und ihre Umsetzung sollte zunehmend gefördert werden.

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