Ein Kaiser zwischen Tradition und Modernisierung
Neben Karl dem Großen und Otto dem Großen ist sicherlich Friedrich Barbarossa einer der bedeutendsten Kaiser des deutschen Mittelalters. Der zweite Staufer auf dem Kaiserthron des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation strebte danach, sich als Oberhaupt der Christenheit zu präsentieren. Um seine Person ranken sich viele Mythen und Sagen, am bekanntesten ist die Kyffhäusersage.
Viele Jahre verbrachte er im Norden Italiens aufgrund von Konflikten mit Mailand und den Städten des lombardischen Bundes. Auch mit den Päpsten geriet er in Konflikt. Am Ende seines Lebens als fast 70-Jähriger entschloss er sich zu einem Kreuzzug nach Jerusalem.
Ein sakrales Kaisertum
Nach dem Tod Konrads III.1152 trat sein Neffe, Friedrich I. Barbarossa, die Nachfolge an. Seinen Namen Barbarossa (italienisch: Rotbart) erhielt er wegen seines rotblonden Bartwuchses. Er wurde am 4. März 1152 in Frankfurt am Main zum König gewählt und in Aachen gekrönt. Seine Herrschaft ist durch Ringen um eine symbolische Ausgestaltung seines Kaisertums bestimmt. Er verstand sein Königtum, wie später auch sein Kaisertum, als vom Geist Gottes kommend, und damit sah er sich wie der Papst als Oberhaupt der Christenheit. Die Unterordnung der weltlichen Macht unter die Macht der Kirche wollte er nicht anerkennen, sondern betonte die Gleichwertigkeit der Gewalten. So unterschrieb er als «König der Römer und immer Augustus».
Bereits 1153 nahm Barbarossa den Kaisertitel für sich in Anspruch. Sein Reich sollte fortan als «Heiliges Römisches Reich» gelten, damit wurde dem Kaisertum wieder sakrale Bedeutung zugedacht. In diesem Sinne ist auch die vom ihm erwirkte Heiligsprechung Karls des Großen 1165 – im sogenannten Barbarossaprivileg – durch Rainald von Dassel, Erzbischof von Köln, im Auftrag des Gegenpapstes Paschalis III. zu verstehen. Über den Reliquienschrein Karls des Großen ließ der Kaiser einen Leuchter anbringen, der das himmlische Jerusalem symbolisierte: mit zwölf Laternentürmen und 16 Leuchtern, die Stadttore versinnbildlichend, umgeben von einer stilisierten Stadtmauer (heute im Dom zu Aachen). Seine Kaiserkrönung erfolgte jedoch am 18. Juni 1155 hastig in Rom während seines ersten Italienzuges, da es zu Kämpfen zwischen Römern und Deutschen kam. Es sollte nicht sein einziger Heereszug nach Italien bleiben.
Die Neuordnung der kaiserlichen Macht in Italien
Friedrichs Ziel, die Größe des römischen Kaisertums wiederherzustellen, setzte die Beherrschung Italiens voraus. Diese Neuordnung der Rechtsverhältnisse sollte sich aber als äußerst schwierig erweisen. Barbarossa zog insgesamt sechs Mal über die Alpen nach Italien und verbrachte zwölf seiner 38 Regierungsjahre dort in Konflikten mit den Städten der Lombardei.
Seit dem 11. Jahrhundert erlebte Italien eine Modernisierung der städtischen Machtordnungen. In größeren Städten versuchten reiche Kaufleute und die städtische Aristokratie, die Macht der Bischöfe und Landesherren zu brechen.
Das bedeutete auch ein Autonomiestreben gegenüber der kaiserlichen Macht. Der Kaiser versuchte mit militärischer Gewalt, seine Rechte einzufordern, fand dabei aber nur wenige Städte als Verbündete. Mailand erwies sich als starker Gegner, ebenso wie später der lombardische Bund. Die Städte waren nicht mehr bereit, alle Lasten für Feldzüge und Abgaben zu tragen.
Erst durch den Druck seiner vertrauten Bischöfe änderte Barbarossa schließlich nach jahrelangen Kämpfen seine Haltung und zeigte Verhandlungsbereitschaft. Bevor es aber zu dieser «Einsicht» kam, wurde Mailand Opfer der Auseinandersetzungen. Mit der Eroberung der Stadt im Jahr 1162 wurden auch die Reliquien der Heiligen Drei Könige als Kriegsbeute nach Köln gebracht.
Kirchenspaltung
Auch der Konflikt mit Papst Hadrian IV. eskalierte. Als zur Kaiserkrönung der Strator-dienst (das Pferd des Papstes am Zügel zu führen) und der Fußfall eingefordert wurden, weigerte sich Friedrich zunächst, da er nicht als Lehnsmann des Papstes erscheinen wollte. Schließlich aber legte er die Symbolhandlungen ab – in einer Weise, die eine Deutungsmöglichkeit offenließ.
Der Konflikt eskalierte weiter, als sich bei der Papstwahl die Kardinäle in zwei Gruppen spalteten: eine, die die Stärkung der kaiserlichen Macht in Italien förderte, und die andere, die mehr Autonomie der Städte und der Päpste anstrebte. So kam es 1159 nach dem Tod von Papst Hadrian IV. zur Doppelwahl von Viktor IV. und Alexander III.
Der Kaiser schwor niemals Alexander III. als Papst anzuerkennen und verursachte damit ein kirchliches Schisma, aus dem drei Antipäpste hervorgingen und das bis 1178 fortbestand.
Hildegard von Bingen, die Äbtissin und Visionärin vom Rhein, schrieb dem Kaiser Briefe. Sie erinnerte ihn daran, durch eine ihrer Visionen inspiriert, dass auch ein Kaiser dem Gericht Gottes unterstünde. Sie ermahnte ihn: «Wehe, wehe der Niederträchtigkeit dieser Gottlosen, die mich beleidigen! Höre, geschwind, o König, wenn du leben willst! Sonst wird mein Schwert dich durchbohren!» Barbarossa schätzte ihren Rat, dennoch brauchte er lange, um sich zur Anerkennung Alexander III. durchzuringen. Schließlich konnte der Kaiser seine Würde (honor) gegenüber dem Papst wieder geltend machen, erkannte ihn gleichzeitig als spirituelle Macht in der Nachfolge Petri an. Weltliche und geistige Gewalt sollten harmonisch die Welt leiten.
Seine letzte «Schlacht» in Jerusalem
Am 4. Juli 1187 erlitt das Heer des Königs von Jerusalem eine Niederlage bei Hattin gegen Sultan Saladin, die anschließend zum Verlust Jerusalems führte. Papst Urban III. und der Kaiser verpflichteten sich zu einem neuen Kreuzzug. Am 11. Mai 1189 brach der fast 70-jährige Barbarossa als einziger europäischer Herrscher zu einem zweiten Kreuzzug auf. Es begleiteten ihn sein ältester Sohn Herzog Friedrich von Schwaben, acht Bischöfe, drei Markgrafen, 29 Grafen und ein Heer von 15.000 Mann.
Der byzantinische Kaiser Issak II. Angelos zeigte sich unerwartet kooperativ und sicherte die Überfahrt der Kreuzfahrer von Konstantinopel nach Kleinasien. In Anatolien erlitten sie Überfälle und Wassermangel, sodass die Kreuzfahrer sich gezwungen sahen, das Blut ihrer Pferde oder den eigenen Urin zu trinken.
Bei Ikonium trafen die Kreuzfahrer auf ein gewaltiges Heer der Seldschuken, konnten aber einen unerwarteten Sieg erringen, weshalb der Kreuzzug unter dem Segen Gottes schien. Im Mai 1190 erreichte man die Grenzen Armeniens und nach Überquerung des Taurusgebirges den Fluss Saleph im Südosten der Türkei. Barbarossa nahm am 10. Juni ein Bad im Fluss und ertrank dabei. Damit fand faktisch der Kreuzzug sein Ende. Man wollte den toten Kaiser ins ersehnte Jerusalem führen, setzte dann aber seine Eingeweide in Tarsos, das «Fleisch» in Antiochia und die Gebeine in Tyrus, bei. Durch die späteren Eroberungen der Muslime wurden diese Stätten vernichtet, sodass sie als Erinnerungsorte verloren gingen. Ohne ein festes Grab entstand die Legende, dass er schlafend im Kyffhäuser, einem Berg im Norden Thüringens, verweile, um einst in größter Not dem deutschen Volk zur Hilfe zu eilen. Im 19. Jahrhundert beflügelte Barbarossa das Nationalgefühl.
Leseempfehlung:
Knut Görich, Die Staufer. Herrscher und Reich, 4. Aufl., München: Beck, 2019.