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Zum 175. Geburtstag von Julius Maggi

Ein Gewürzwürfel erobert die Welt

Eine schmale langhalsige braune Flasche mit gelb-roter Beschriftung – diese kennen viele Menschen bis heute: Sie enthält das Gewürz, das der Suppe einen salzig-würzigen Geschmack verleiht. Erfinder Julius Maggi war aber nicht nur ein visionärer Unternehmer, sondern auch ein Pionier im sozialen Bereich.

Mit Mühlen fing alles an

Am 9. Oktober 1846 kam Julius Michael Johannes Maggi als jüngstes von fünf Kindern des Müllers Michael Maggi in Frauenfeld in der Schweiz auf die Welt. Sein Vater stammte aus Monza in der Lombardei, kam vermutlich als politischer Flüchtling 1834 nach Zürich, wo er 1839 das Bürgerrecht erhielt. Er betrieb dann in Frauenfeld die Neumühle und erwarb 1861 die Hammermühle in Kemptthal, kam dadurch zu Wohlstand und Ansehen. Seine Mutter Sophie war die Tochter des Züricher Großrats Johannes Esslinger. 

Seine Schulzeit ist von häufigen Schulwechseln geprägt. Eine kaufmännische Lehre im Handelshaus Gerôme Stehlin in Basel, die er 1863 begann, brach er vorzeitig ab. Er trat dann in die Rekrutenschule der Schweizer Kavallerie ein und begann 1867 ein zweijähriges Praktikum bei der «Ersten Ofen-Pester Dampfmühle AG» in Budapest, wo er zum stellvertretenden Direktor aufstieg. Zwei Jahre später übernahm er als 23-Jähriger gemeinsam mit seinem Halbbruder Eugen Hotz-Maggi – aus einer ersten Ehe der Mutter – den väterlichen Mühlenbetrieb in Kemptthal bei Winterthur. Durch den Erwerb von weiteren Mühlen in Zürich und Schaffhausen und von Gemüseanbaubetrieben wuchs das Familienunternehmen zum größten Mühlenbetrieb der Ostschweiz. 

Erfindung des Suppenmehls

Seit 1872 nannte sich das Unternehmen «Julius Maggi & Cie», als Teilhaber gewonnen wurden, um zusätzliches Kapital einzubringen. Bestehen konnte aber auf dem Markt  nur, wer durch technische Neuerungen die Produktivität zu steigern vermochte und neue Mehlprodukte selbst auf den Markt brachte. 

Um 1880 stürzte das Gewerbe der Müller in eine schwere Krise. Mit zunehmendem Importhandel und einem begrenzten Markt stieg der Konkurrenzdruck.  Die Industrialisierung hatte sich auch auf den Arbeits- und Lebensrhythmus in den Städten ausgewirkt. Immer mehr Frauen arbeiteten in den Fabriken. Die Mütter und Hausfrauen hatten dann weniger Zeit für die Hausarbeit. So entstand ein Bedarf an rasch zuzubereitenden Speisen.

Julius Maggi beschäftigte dieses Thema und er machte eigene Studien dazu, griff aber auch die Anregung des befreundeten Arztes und Fabrikinspektors Dr. Fridolin Schuler aus Mollis auf. Er hat 1882 die «Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft» in Glarus zu einer Tagung über die Mängel der einseitigen Ernährung der Arbeiter veranlasst. Es herrschte vor allem Mangel an proteinhaltiger Nahrung. Fleisch war oft zu teuer und so hatte Schuler den Verzehr von kostengünstigeren Hülsenfrüchten empfohlen. Hier setzte nun Maggi an, indem er 1882 in der Hammermühle in Kemptthal zum ersten Mal ein sogenanntes Leguminosenmehl aus Bohnen, Erbsen und Linsen erstellte. Damit begann ab 1883 die industrielle Herstellung des Maggi-Suppenmehls. Diese wurde von 1884 bis 1886 noch von der gemeinnützigen Gesellschaft unterstützt, sodass die Schnellgerichte sehr bald großen Absatz fanden.   

Das Marketing-Genie

Zur geschmacklichen Verbesserung der Leguminosen-Suppen kreierte Julius Maggi 1886 die «Maggi-Würze». Sie erinnerte im Aroma stark an Liebstöckel (Levisticum officinale), obwohl die Würze selbst dieses gar nicht enthält. Ihre Popularität führte dazu, dass der Liebstöckel im Volksmund bald als «Maggi-Kraut» bezeichnet wurde. 

Mit diesem Erfolg gründete Maggi im selben Jahr die Kommanditgesellschaft «J. Maggi & Co», die sich fortan dem Vertrieb von Schnellgerichten widmete. Ein erster Verkaufsschlager wurde die «Suppenrolle», eine aus fünf tablettenförmigen Würfeln bestehende Packung. Ihr folgte dann zur Jahrhundertwende der «Suppenwürfel» – der berühmte «Maggi-Würfel» – und dann die typische langhalsige braune Maggi-Flasche. 

Maggi legte viel Wert auf Werbung und sorgte für ein einheitliches Etikett in Gelb und Rot sowie ein eigenes Markenzeichen, dem «Kreuzstern». Der Dichter und Dramatiker Frank Wedekind verfasste die werbewirksamen Werbesprüche für die Maggi-Produkte. 

Mit der steigenden Nachfrage wurde für den Export in Bregenz (1886), in Singen (1887), Paris (1897) und 1900 in Italien sowie in den USA Maggi-Versand- und teils auch Produktionsstätten eingerichtet. Das Unternehmen wurde 1897 in Singen zur eigenständigen deutschen Firma und in Berlin ein Auslieferungslager eingerichtet, wo im darauffolgenden Jahr dann die Geschäftsleitung etabliert wurde. 

Betriebskrankenkasse und Kinderzulage

Im Jahr 1900 zählte die Fabrik in Singen an die 200 Beschäftigte, darunter 120 Frauen. Schon 1892 hatte Maggi in seinem Betrieb in Kemptthal Sozialmaßnahmen eingeführt. So ließ er für die Arbeiter Wohnungen und Firmenkantinen bauen, ab 1895 richtete er eine Renten- und Krankenkasse und 1900 ein Ferienheim ein. 1905 organisierte er ärztliche Betriebsvisiten und schuf eine Arbeiterkommission. Ab 1907 ließ er die «Morgensuppe» ausgeben und ab 1911 gewährte er seinen Arbeitern Kinderzulagen. Es gab eine Regelung für den Lohnausfall, Betriebsfeste und –ausflüge wurden veranstaltet, später kam dann auch noch der bezahlte Urlaub hinzu. So zeigte Maggi eine bemerkenswerte soziale Grundeinstellung gegenüber seinen Arbeitern. 

Der «deutsche Spion»

Ab 1899 widmete Maggi sich dem Ausbau der Geschäftsaktivitäten in Frankreich, die Leitung seiner Unternehmen in der Schweiz und Deutschland überließ er erfahrenen Mitarbeitern und verlegte seinen Wohnsitz schließlich nach Paris. Nun gründete er ein Unternehmen für nicht-alkoholische Getränke, die «Société anonyme des boissons hygiéniques» und startete mit der Produktion der Maggi-Würze. 

1902 kam die «Société Laitière Maggi» dazu, die sich der Herstellung pasteurisierter Milch widmete. Er weitete das Milchgeschäft in Frankreich aus. Während er vom französischen Staat 1907 für seine Versorgung der Kinder mit pasteurisierter Milch durch den Ehrentitel eines «Officier de la Légion d`honneur» gewürdigt wurde, wurde er vom «Syndicat des crémiers» und vor allem von der «Action française», einer rechtsextremen Gruppe in Frankreich, scharf angegriffen. 

Die Milchproduktion wurde bis zu seinem Tod stetig gesteigert und auch der Verkauf der Brühwürfel erreichte 1912 einen monatlichen Verkauf von 6 Millionen Stück. Julius Maggi erlitt bei einer Arbeitssitzung einen Schlaganfall und starb am 19. Oktober 1912 mit 66 Jahren. Auf dem Gemeindefriedhof Lindau im Kanton Zürich fand er seine letzte Ruhestätte. 

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurden das Labor und nahezu alle 850 Auslieferungsstellen der Maggi-Milch in Paris von einem wütenden Mob verwüstet. Maggi wurde als deutscher Spion betrachtet. Man meinte, seine Werbeschilder würden dem deutschen Feind strategische Stützpunkte der französischen Soldaten verraten. Es wurde dann noch das Gerücht in Umlauf gebracht, dass die Maggi-Produkte, vor allem aber die Milch, vergiftet seien. 

Das Unternehmen wurde kurz nach dem Tod von Julius Maggi in eine Holdinggesellschaft (die «Maggi AG») umgewandelt, die von seinem Sohn Harry Maggi (1890-1926) geleitet wurde. 1934 wurden dann alle Maggi-Gesellschaften zur Holding «Alimentana AG» zusammengefasst. Seit 1947 ist sie in der Firma Nestlé zur «Nestlé Alimentana AG» mit Sitz in Vevey zusammengeschlossen. In den Produkten, der Würz-Flasche, den Brühwürfeln und Suppen bleibt der Name Maggi in Erinnerung.

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