Von Michael Schwark
Guillermo Union ist vor einigen Tagen in Deutschland angekommen und studiert Chemieingenieurwesen an der Fachhochschule Münster. Victoria Torres vor dem Eingang der Universität Erfurt, wo sie International Studies und Politikwissenschaften studiert
Bereits seit 2016 bietet die Deutsche Schule La Unión einen jährlichen freiwilligen Studienvorbereitungskurs an. Hier besprechen die Schüler am Ende des 12. Schuljahrs mit ihrem Lehrer individuelle Studienwünsche, kontaktieren Universitäten, erstellen ihre Bewerbungsdokumente. Es handelt sich um einen ganzheitlichen Ansatz, der Schüler durch gemeinsame Ziele und Fortschritte motiviert, selbst aktiv zu werden. Sie übernehmen die Verantwortung, die ersten Schritte eigenständig und selbstverantwortlich zu gehen. Dieses Projekt hat sich bewährt. Zum einen, weil das Interesse nicht nur der Schüler, sondern auch der Eltern konsequent wächst. Deutsch und die Sprachdiplom-Prüfungen erfahren einen höheren Wert. Zum anderen studieren seit Jahren immer mehr Abgänger der Schule in Deutschland oder nehmen die deutschsprachigen Bildungsangebote in Chile wahr.
Die Deutsche Schule La Unión ist eine einzügige Schule und eine der kleinsten Deutschen Schulen in Chile. Sie hat ihre Zusammenarbeit mit den deutschsprachigen Institutionen wie dem Insalco und LBI in Santiago jahrelang ausgebaut. Aber es entstanden auch wichtige Bindungen zu einzelnen Universitäten in ganz Deutschland. Ex-Schüler, die in Deutschland oder Chile studieren, sind auch immer wieder im Unterricht zu Gast.
Von unseren zwölf Leistungskursschülern, die 2019 ihren Abschluss an der Schule machten, sind Guillermo Union, Victoria Torres und Francisco Flores zum Studieren nach Deutschland gegangen. Die vier Schüler Karin Junginger, Fernanda Petit-Laurent, Florencia Silva und Martina Casanova lernen seit sieben Monaten am LBI in Santiago. Eine Schülerin unserer Schule beendet gerade ihr Chemiestudium in Münster. Und einige andere studieren schon in Deutschland, vor allem Naturwissenschaften, also MINT-Fächer.
Ich habe Guillermo, Victoria und Francisco gefragt, was sie dazu bewogen hat, sich für ein Studium in Deutschland zu entscheiden und was ihre weiteren Pläne sind.
Guillermo Union:
Ich wusste nicht sofort, was ich studieren will. Nach dem Schüleraustausch hatte ich aber viel nachgedacht und mich für mein Sprachdiplom sehr angestrengt. Außerdem war im Deutschunterricht eine ehemalige Schülerin zu Besuch, die gerade ihr Chemiestudium in Münster beendet hat. Das hat mich auch motiviert!
Ich bin an der Fachhochschule Münster eingeschrieben und studiere jetzt auch Chemieingenieurwesen. Chemie, Mathematik und Physik waren an der Schule meine Lieblingsfächer. Mein Ziel ist, mein Praktikum in einem Unternehmen zu machen. Deutsch war für mich nicht immer leicht! Aber mit unserem Lehrer haben wir viele Ex-Schüler eingeladen, die in Deutschland waren. Und wir haben schon im Unterricht viel über Ausbildung und Studium gelernt. Dieses Jahr durch Corona war die Bewerbung nicht einfach. Aber wenn man einen guten Kontakt zu seinem Lehrer hat, kann man es problemlos schaffen.
Victoria Torres:
Im Kurs fand ich gut, dass wir wirklich geschaut haben: Was kann man eigentlich in Deutschland studieren? Weil das Angebot sehr groß und vielfältiger als in Chile ist. Und wichtig war auch, dass wir gemeinsam auf die Fristen und Termine geschaut haben. Es ist nicht immer einfach, mit den Unis zu kommunizieren.
Ich studiere an der Universität Erfurt International Studies und Politikwissenschaften. Meine liebsten Fächer waren schon an der Schule vor allem Geschichte, Politik und die Sprachen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, nach dem Studium in Europa zu bleiben und dort zu arbeiten. Nach dem Zwei-Fächer-Bachelor will ich mich im Master spezialisieren und in der Verwaltung oder für eine Regierungsorganisation arbeiten. Ich habe mich auch vor allem deswegen für Deutschland entschieden, weil ich neben meiner Muttersprache Spanisch, Deutsch und Englisch an der Universität auch eine vierte Sprache lernen möchte. Momentan überlege ich, ob das entweder Russisch oder eine asiatische Sprache ist.
Francisco Flores:
Für mich war wichtig zu sehen, dass auch meine Freunde in der Klasse wirklich über ein Studium in Deutschland nachdenken. Das funktioniert gut an der Schule. Das hat mich motiviert! Nach dem Kurs an der Schule habe ich trotzdem erst ein Semester Elektrotechnik in Viña del Mar studiert. Aber ich gehe nach Münster! Ich bin dort an der Fachhochschule eingeschrieben und studiere mein Fach weiter. Wichtig war am Ende für mich, dass ich mich nicht mein Leben lang fragen wollte: «Was wäre gewesen, wenn…» In Münster wird Elektrotechnik mit hohem Praxisanteil unterrichtet. Und viele deutsche Unternehmen sind auch in Chile ansässig. Auf der anderen Seite: Der chilenische Markt ist auch interessant für Deutschland. Ich denke, ich werde sicherlich zum Arbeiten zurück nach Chile kommen. Beim Schüleraustausch hatte ich so viele gute Erfahrungen mit der Sprache und dem Land gemacht, dass ich mich am Ende auch deshalb für ein Studium in Deutschland entschieden habe.
Michael Schwark ist Fachleiter Deutsch an der DS Unión, wo er seit acht Jahren als Lehrer arbeitet.