«Kinder sollen nicht in Schablone gepresst werden»
Sie ist die jüngste und eine der modernsten deutschen Schulen Chiles: Nun feiert die Deutsche Schule La Serena ihr 30-jähriges Jubiläum.
Von Silvia Kählert
Das rasante Wachstum der Deutschen Schule hängt eng mit dem Boom von La Serena zusammen. Die Bevölkerung der 1544 gegründeten, zweitältesten Stadt Chiles ist seit 2002 von rund 160.000 um über 30 Prozent auf rund 217.000 Einwohner im Jahr 2015 angestiegen. So ist auch die Nachfrage nach guten Schulen gewachsen. Betrug 1996 die Schülerzahl der Deutschen Schule 70, als das neue Gebäude am Cerro Grande eröffnet wurde, sind es heute 23 Jahre später über 850 Schüler. Sie werden von rund 80 Lehrern unterrichtet. Ab der Vorschulstufe bis zur sechsten Klasse sind die Klassen dreizügig und ab der siebten zweizügig.
In den letzten Jahren wurde das Schulgebäude fast alle zwei Jahre auf dem 7.000 Quadratmeter großen Grundstück erweitert. Damit dennoch ein harmonisches Bild entsteht, habe nur ein Architekt alle Gebäude geplant, betont Schulleiter Carlos Gómez. Über die Herkunft der Einrichtung sagt er: «Die Schulmöbel und die Ausstattung in der Vorschulstufe, in den Klassen 1 und im Turnraum haben wir in Deutschland bezogen.»
Keine Schuluniform
Nicht nur was die Infrastruktur angeht, auch die Erziehung und der Unterricht sollen auf dem neuesten Stand sein: «Wir wollen, dass die Kinder sich in Freiheit entfalten und Respekt gegenüber anderen lernen. Sie sollen nicht in eine Schablone gepresst werden», ist das Anliegen des Schulleiters. Es gebe daher keine Schuluniform, nur einen Sportanzug und Regeln für die Kleidung. Frontalunterricht soll möglichst vermieden werden. «Wir bilden junge Menschen dazu aus, kritisch, verantwortungsvoll und offen zu sein. Sie sollen lernen zu sagen, was sie denken.» Einen sichtbaren Erfolg bei der Erziehung zu konstruktiver Kritik kann die Schule bereits verbuchen: Im vergangenen Jahr erreichten die Schüler beim «Debatten-Wettbewerb Delibera» der Academia Parlamentaria in Valparaíso den ersten Platz.
Was die Verbesserung der Deutschkenntnisse angeht, wird der Schule von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen eine Bundesprogrammlehrkraft zugewiesen. Außerdem schickt die Unesco- Deutschland für ihr Kultur-Freiwilligen-Programm seit 2015 einen jungen Mann oder eine junge Frau, um während eines Semesters beziehungsweise eines Jahres mit den Kindern Projekte durchzuführen.
Spielplatz, Gewächshaus, Küche
In den neuesten Schulgebäuden befinden sich der Kindergarten und auch die drei Klassenräume der ersten Klassen. Im Kindergarten gibt es einen Gymnastikraum und draußen einen Spielplatz und ein Gewächshaus. Die Kleinen lernen hier die Pflanzen kennen und nehmen auch selber die Schaufel zum Eingraben in die Hand. Einmal in der Woche geht es in die Küche, wo die Kinder selber den Kochlöffel schwingen und mithelfen, ein Gericht oder einen Kuchen zuzubereiten.
Insgesamt gehen 25 Kinder in eine Spielgruppe, 50 Kinder in die zwei Prekindergartengruppen und 75 Kinder in die drei Kindergartengruppen. Das Interesse der Eltern ist groß und nicht alle erhalten einen Platz: Bis zu 120 Anmeldungen gibt es jedes Jahr. Ihnen gefällt am Schulkonzept, dass die ganze Persönlichkeit der Kinder gefördert wird. Denn die vier Säulen der Schule bilden laut Carlos Gómez: die akademische Leistung, soziale Kompetenzen, Musik und Sport. Ab diesem Jahr hat die Schule in der Vorschule ein Prokjekt zur frühkindlichen Musikerziehung gestartet. Ehrgeiziger Plan ist es, irgendwann ein Schulorchester zu gründen.
Club Gimnasia
Ein echtes Vorzeigeprojekt ist der Club de Gimnasia. «Hier ist einer der modernsten Übungsräume in Chile, wenn nicht sogar der modernste», erklärt stolz Ingrid Wiehoff, Leiterin der Sportabteilung der Schule.
Der 380 Quadratmeter große Raum ist ausgestattet mit deutschen Übungsgeräten auf olympischem Niveau. Der Raum steht allen Interessierten offen; auch Schüler aus anderen Schulen dürfen hier jeden Tag zwischen 18.20 und 21 Uhr trainieren. Seit 2017 gehört der Club zur Federación Nacional de Gimnasia de Chile. Mit dem offenen Sportclub setzt Schulleiter Carlos Gómez auch Zeichen: «Es ist schön, wenn unsere Schule junge Menschen so prägt und erzieht, dass sie ein Gewinn für unsere Region und für unser Land sind.»