Von Klaus Bornhardt
Zu dem 60. Jubiläum, also vor 40 Jahren, wurde ein Buch über die Geschichte der Burschenschaft Montania gedruckt. Verantwortlich hierfür war der damalige Erste Sprecher Richard Werkmeister, Enkel eines Gründers. Zu dem diesjährigen 100. Jubiläum wird ein neues Buch erscheinen, das diese 100 Jahre Geschichte mit Beiträgen mehrerer Bundesbrüder darbringen wird. Alex Wendler ist für die Edition und Martin Bornhardt für die Korrektur verantwortlich. Dies sind die Wurzeln, auf denen die Verbindung ruht und weiter wächst.
Erstes Präsidium
Christoph Martin, Gründer der Verbindung
Die Universidad de Concepción existierte gerade fünf Jahre, und Studenten deutscher Abstammung aus dem Süden des Landes studierten schon in Concepción, als Christoph Martin die wichtige Arbeit übernahm und diese Studenten versammelte und betreute, wie Erich Meissner schrieb: «In den ersten Jahren unserer Tätigkeit als Burschenschafter wurden wir von unserem lieben Dr.med. Christoph Martin, Alter Herr der Burschenschaft Araucania, mit väterlicher Liebe betreut und beraten. Der Wahrheit entsprechend war er der Gründer unserer Verbindung und wir jungen Burschenschafter vom Jahre 1924 wurden von ihm geleitet und gefördert. In einer von ihm einberufenen Sitzung im Deutschen Verein wurde dieses Thema erörtert und er gab uns den Rat, uns zu einigen, um eine Burschenschaft in Concepción zu gründen, die die Aufgabe haben sollte, die Jugend deutscher
Abstammung zusammenzuschließen, nicht nur in Form eines Freundeskreises, sondern auch, um die Sprache der Ahnen zu erhalten. Auch setzten wir uns das Ziel, eines Tages ein Heim zu besitzen, wo selbst die Studenten unterkommen könnten.»
Alfred Werkmeister schrieb: «Ich erinnere mich noch ganz genau, wie wir uns am 2. Juli vorigen Jahres (1924) im Hause unseres damaligen Mitgliedes Gunckel zu einer kleinen Besprechung vereinigten. Viele waren wir nicht, es konnte aber wenigstens der Grundstein für die heutige Burschenschaft Montania gelegt werden. Wir taten uns freilich nicht gleich als Burschenschaft zusammen, sondern wählten einstimmig zum Namen unserer Verbindung: „Vereinigung deutsch-chilenischer Studenten zu Concepción.“»
«Montania»
Danach setzte sich beim Besuch des 28. Stiftungsfests der Burschenschaft Araucania die Überzeugung durch, dass eine Burschenschaft gebildet werden sollte. Dies geschah in der Versammlung vom 13. August 1924. Es wurde der Name «Montania» gewählt, begründet durch die Lage am «Cerro Caracol».
Zunächst wählte man die Farben Schwarz-Rot-Gold wie die Burschenschaft Araucania. Doch recht bald, im Jahre 1930, wurde entschieden, die Farben Schwarz-Hellblau-Gold zu tragen, weil diese Farben im Wappen der Stadt Concepción vorkommen.
Das erste Präsidium setzte sich zusammen aus:
Erster Sprecher: Alfred Werkmeister
Fuchsmajor: Erich Meissner
Schriftwart: Franz Fritsch
Kassenwart: Max Madsen
Zu den Aktiven gehörten zusätzlich Heinrich Madsen, Fritz Madsen, Alfons Manns, Enrique Traub, Arnold Holtheuer und Arnold Menke – dies waren die Gründer der Burschenschaft Montania.
1925 konnten sie eine kleine «Bude» in Chacabuco 1115 als Versammlungsort herrichten. Doch der Anfang ist nicht leicht, Ernst-Adolf Wilckens berichtete: «Als ich 1927 mein Medizinstudium an der Universidad de Concepción begann, führte die Burschenschaft Montania das Dasein einer verlassenen Geliebten. Die Gründer der Verbindung hatten ihr Studium beendet und waren, bis auf drei, in ihre Heimatstädte im Süden des Landes verzogen. Der Burschensalon bestand aus einem Burschen, Rolf Urban. Den hoffnungsvollen Nachwuchs bildete meine Wenigkeit. Im Jahre darauf waren wir schon bedeutend mehr: Fritz Müller, Rudolf Schmutzer, Harald Kremke und Raúl Muñoz Ribbeck.»
«Ehre – Freundschaft – Recht»
Dieser Gruppe, mit der Hilfe von Christoph Martin, haben wir es zu verdanken, dass die Burschenschaft Montania bis heute blüht und gedeiht: Neue Grundbestimmungen, Farben, Wappen und der Leitspruch «Ehre – Freundschaft – Recht» sind die Basis. Insbesondere die Freundschaft als Mittelpunkt ist der Grundstein, warum nach 100 Jahren die Mitglieder zusammenhalten.
1933, zum neunten Stiftungsfest, wurde Christoph Martin zum ersten Ehrenmitglied ernannt. Gleichzeitig wurde das Banner mit dem von Harald Kremke entworfenen Wappen eingeweiht. Dazu Christoph Martin:« Mit großem Fleiß haben Frauenhände ein Kunstwerk geschaffen. Es zeigt die schwarz-hellblauen und goldenen Farben, die Kaiser Karl V. der Stadt Concepción in ihrem heutigen Wappen verlieh. Aber die Fahne ist mehr als ein Kunstwerk. Betrachten wir das auf ihr sichtbare Wappen der Montania, so ist es, als schauten wir unserer Verbindung ins Herz hinein. Vier Bilder gewähren wir: den chilenischen Wappenstern, weiter die rote Copihueblume, das Sinnbild für Südchile, die engere Heimat, das Wappen der Stadt Concepción und schließlich das Wappen der Verbindung mit dem Wahlspruch: Ehre, Freundschaft, Recht!»
Ein wichtiger Punkt, um diesen Wahlspruch und auch wahre Freundschaft zu leben, ist, in einem gemeinsamen Heim mit gemeinsamen Pflichten und Erinnerungen zu wachsen. Dieses geschah 1933, als das «Schloss Montania» in Los Aguilera 210 durch finanzielle Unterstützung der Familie Eskuche gekauft wurde. Seitdem verläuft das Leben der Burschenschaft Montania an diesem Ort, in dem man den «Barrio Universitario» übersehen kann. Von 1959 bis 1962 wurde ein zusätzlicher Bau im oberen Teil mit viel Arbeit der Aktiven und unter der Führung von Richard Hempel gebaut (später «alter Neubau» und danach «Sibirien» genannt).
Gemeinsames Heimleben
Doch im Jahre 1967 zum 43. Stiftungsfest wurde der Grundstein zum neuen Heim gelegt. Der Sprecher Manfred Jürgensen hielt die Ansprache, und war auch besonders engagiert, um Spenden mit der Unterstützung von den Aktiven Heinold Gamm und Reinhard Gleisner und dem Alten Herrn Helmuth Schultz zu sammeln. In der Erinnerung von vielen ist auch die «Demolitionskneipe» des alten Heims, eine «Abrissparty», bei der zum Schrecken der Nachbarn bereits mit dem Abriss von Fenstern und Wänden begonnen wurde.
Zur Grundsteinlegung erinnert uns Manfred Jürgensen an die Wichtigkeit des gemeinsamen Heimlebens: «Unserer Burg verdanken die allermeisten Bundesbrüder die gemütlichsten Stunden ihrer Studentenzeit: In ihr haben Generationen von deutsch-chilenischen Studenten ihr zweites Heim gefunden. In ihr wurden viele Freundschaften geschlossen, die das ganze Leben lang bestehen. In ihr haben viele Bundesbrüder wegen Versagens in Prüfungen oder sogar Wiederholung eines Jahres, bittere Augenblicke verlebt; doch die gemütlichen Stunden übertrafen diese weitaus. Viele Bundesbrüder haben ihre ersten, einige zugleich den letzten Liebeskummer ihrer Jugend unter diesem Dach verspürt. Unserer Bude verdanken wir so manches.»
Die Mitglieder lebten während des Baus im engen Krautmacherhaus in der Straße Victoria. Das war vor 57 Jahren. Viele Generationen haben unter diesem Dach Freundschaft geschlossen und sich fürs Leben vorbereitet! Die Aktivitäten und die Hauptversammlungen werden weiterhin abgehalten, sogar während der Covid-Pandemie am Bildschirm.
Künftige Herausforderungen
Einige der jetzigen Aktiven
Die Fragen waren: Wie bestand die Montania 100 Jahre? Was sind heute ihre Aktivitäten? Wie sehen wir in die Zukunft?
Meiner Meinung nach bestand sie 100 Jahre durch den Einsatz der Aktiven, durch die Hilfe der Alten Herren, aber besonders durch die Freundschaft, die unter den Mitgliedern entsteht!
Die Aktivitäten sind heute schwieriger: Geringere Deutschkenntnisse der Studenten, die aus einer Deutschen Schule kommen, erschweren Diskussionen über wichtige Themen, um dieses Bindeglied unter den Mitgliedern zu stärken.
Eine große Anzahl von Universitäten im Lande und leichtere Flugmöglichkeiten führen dazu, dass Schulabgänger im Süden bleiben oder in der Hauptstadt Santiago studieren. Dies ist eine Herausforderung, um Concepción als «Ciudad Universitaria» mit mehr als fünf guten Universitäten und guten Lebensbedingungen in den Deutschen Schulen zu fördern. Es besteht auch die Herausforderung, dass die näheren Schulen wie Los Ángeles und Chillán ein besseres Deutschniveau erreichen.
Fotos: Montania
Wie sehen wir in die Zukunft? Jeder Uni-Student muss heute Spanisch und Englisch beherrschen. Nur wenig sind es, die eine dritte Sprache beherrschen, die in Europa viele Türen öffnet und ein neues Lebensbild schafft. Die Aktivitas begreift also bald den Vorteil unserer Aktivität und die Kraft der Freundschaft. Von diesen
13 Personen, die heute Aktivitas sind, hängt es ab, wie die Burschenschaft Montania in der Zukunft aussehen wird. Ihr könnt auf die Unterstützung der Alten Herren zählen! Die
Teilnahme an diesem 100. Stiftungsfest mit mehr als 20 Alten Herren über 80 Jahre bezeugen es. Es ist ein Lebensbund!