Essgewohnheiten – Trends in Deutschland – Von Kochboxen bis zum Bratwurst-Döner
Aunque he vivido en Chile por casi 35 años, mi español no está libre de acento. Tras consultar por mis orígenes, la siguiente pregunta suele ser «¿Y qué se come en Alemania?». Siempre menciono la comida casera, como Rouladen con guarnición de verduras, mucha salsa y papas, los reponedores guisos de verduras, pasando por el pan integral masa madre y las variedades de kuchen de frutas. Pero, ¿qué tan cierto sigue siendo todo esto?
Obwohl ich seit fast 35 Jahren in Chile lebe, ist mein Spanisch nicht akzentfrei. Gefragt nach meiner Herkunft, folgt oft «Und was isst man denn so in Deutschland?» Ich zähle dann immer auf – von deutscher Hausmannskost, wie Rouladen mit Gemüsebeilage, viel Soße und Kartoffeln, über gehaltvolle Eintöpfe bis zu Graubrot und Obstkuchen. Aber stimmt das eigentlich noch?
Der Deutschen täglich Brot
Mit einem durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 85,3 kg an Brot, Brötchen und verwandten Produkten liegt Deutschland an der Spitze der EU-Länder. Nach Angaben der Vereinigung Getreide-, Markt- und Ernährungsforschung bedeutet dies: Die Bundesbürger verzehren etwa 1.500 Brotscheiben und 350 Brötchen pro Kopf und Jahr. Das Deutsche Brotinstitut verzeichnet derzeit über 3.000 unterschiedliche Brotspezialitäten, die täglich in Deutschland gebacken und verkauft werden. Wenn Deutsche lange im Ausland sind, dann vermissen sie vor allem eins: ihr Brot. Die Brot-Lieblingssorten der Deutschen haben sich in den letzten zehn Jahren kaum verändert. Mit 36 Prozent stehen Roggenmischbrote auf der Beliebtheitsskala an erster Stelle, gefolgt von Mehr- und Vollkornbroten mit jeweils 20 Prozent. Erst danach rangieren Weizenbrote, im Gegensatz zu Chile, wo mehrheitlich weißes Brot gegessen wird.
Abendbrot – droht ihm der Untergang?
Abendbrot wird in Deutschland das Abendessen genannt. Zu sich genommen wird es zwischen 18 und 20 Uhr. Der deutsche Brauch abends kalt zu essen, stammt Kulturwissenschaftlern zufolge aus den 1920er Jahren. Damals dominierte mehr und mehr die Industrie den Alltag – im Gegensatz zu den landwirtschaftlicheren Strukturen in Staaten wie Italien und Frankreich. In Fabriken gab es immer öfter Kantinen. Wer dort mittags speiste, wollte abends oft kein warmes Essen mehr. Da die Arbeit dank Technisierung auch körperlich weniger anstrengend wurde, liebten es viele am Abend leichter: Brot, Wurst, Käse, bisschen Rohkost, fertig. Das Abendbrot setzte sich dann nach dem Krieg noch stärker durch. Damals stieg auch die Zahl erwerbstätiger Frauen. Das schnell gemachte Abendbrot wurde Tradition in vielen Familien. Abwechslungsreich dekoriert, zum Beispiel mit Gewürzgürkchen, Radieschen oder hart gekochtem Ei, waren die Schnittchen am Abend dabei übrigens nie langweilig.
Dennoch führen Millionen Deutsche heute ein Leben ohne abendliche Leberwurststulle: Der Trend weg vom kalten Snack ist von Sylt im Norden bis ins Allgäu im Süden deutlich erkennbar. Die Allensbach-Studie «So is(s)t Deutschland» für den Nahrungsmittelkonzern Nestlé förderte zutage, dass das Abendessen unter der Woche bei vielen inzwischen zur wichtigsten Mahlzeit geworden ist. 2019 nannten 38 Prozent das Abendessen die Hauptessen des Tages, zehn Jahre zuvor war es ein Drittel der Bevölkerung.
Die Corona-Pandemie, die Millionen monatelang zu Hause arbeiten ließ, hat vielen Familien ermöglicht, auch mitten am Tag zusammenzukommen. Doch einen echten Aufschwung des Mittagessens sehen Experten trotz Homeoffice nicht. Nestlé-Sprecher Alexander Antonoff sagt, alles deute darauf hin, dass der Megatrend zur warmen Hauptmahlzeit am Abend weitergehe. Dazu trägt auch Folgendes bei: In Ländern wie Spanien und Griechenland, in denen Deutsche gerne Urlaub machen, wird abends meistens warm gegessen – und auch später als in der Bundesrepublik. Brot mit Wurst und Käse gilt dort höchstens als Vorspeise und nicht als vollwertige Mahlzeit.
Die Gießener Hochschullehrerin Ingke Günther glaubt jedoch bei alledem nicht, dass das früher so populäre Abendbrot in Deutschland vollends verschwindet. Es habe nur seine jahrzehntelang vorherrschende Rolle verloren: «Das liegt daran, dass die Arbeits- und Lebenswirklichkeiten diverser geworden sind. Aber bei Älteren und in Familien mit Kindern ist das Schnittchen-Abendbrot immer noch beliebt».
Die Küche bleibt kalt
Aus der Nestlé-Ernährungsstudie geht hervor, dass weniger als die Hälfte der Bevölkerung jeden Tag kocht – 2009 waren das noch 62 Prozent. Gesund essen und trinken, aber mit möglichst wenig Aufwand. Das ist die Herausforderung, vor der die Menschen in Deutschland heute zunehmend stehen. Denn auf der einen Seite wachsen die Ansprüche an das Essen (es soll gesund, frisch und von hoher Qualität sein) und auf der anderen Seite bleibt im Alltag immer weniger Zeit fürs Kochen und Genießen. Deshalb wird auch auswärts essen immer beliebter. Das hat viele Gründe, aber zwei fallen besonders ins Gewicht. Es sind die steigende Erwerbsquote der Frauen und die Suche nach sozialen Erlebnissen. Immer mehr Frauen arbeiten in Teil- oder Vollzeit. Entsprechend hat sich ihr Alltag verändert. Am Beispiel der Mütter lässt sich das gut ablesen. Für sie zählen in der Küche vor allem Schnelligkeit und Einfachheit. Zwei von drei Frauen mit Kindern versuchen, während der Woche möglichst wenig Zeit für das Kochen aufzuwenden. Stattdessen geht es lieber in ein Restaurant: 59 Prozent der Frauen erklären, dass sie gerne auswärts essen, weil es «weniger Aufwand bedeutet und sie es genießen, sich um nichts kümmern zu müssen». Und: Jeder Zweite geht gern ins Restaurant, weil es eine gute Möglichkeit ist, sich mit anderen zu treffen.
Die deutsche Küche ist von einer großen Vielfalt geprägt. Traditionelle deutsche Gerichte oder deutsche Hausmannskost sind durchaus sättigende und große Portionen. Meist bestehen diese Gerichte aus Fleisch, Kartoffeln und einer Gemüsebeilage. Da sie recht aufwändig zuzubereiten sind, bleiben sie, wenn überhaupt, dem Sonntag vorbehalten – oder werden in typisch deutschen Restaurants genossen.
Statt in Ruhe zu Hause zu kochen und zu essen, ernähren sich die Menschen heute spontaner, impuls- und gelegenheitsgetriebener. Jeder Dritte sagt, dass er isst, wenn er gerade Zeit oder Hunger hat. Man entscheidet auch gerne spontan, was gegessen wird. So verzeichneten die Lieferservices vor allem durch die Schließung der Restaurants während der Pandemie eine stark steigende Nachfrage, die bis heute anhält. Bei Fast-Food-Optionen wird Pizza als das beliebteste Gericht eingestuft. Den zweiten Platz nimmt Sushi ein, gefolgt von Burgern. Auch die Google-Suchanfragen zum Begriff «Essen zum Mitnehmen» nehmen weiter zu.
Selbst Kochen – aber ohne Einkaufsstress
Parallel dazu ist aber ein genau gegensätzlicher Trend zu beobachten: Vor allem junge Leute begeistern sich wieder zunehmend fürs Kochen. Freunde treffen sich, um sich während der Zubereitung der Speisen entspannt zu unterhalten und ein Gläschen Bier oder Wein zu genießen, Ehepaare laden sich gegenseitig zu Kochpartys ein, Kochkurse sind sehr gefragt. Das seit Jahren wachsende Interesse hat sicher auch mit der Ausstrahlung der vielen beliebten Kochsendungen im deutschen Fernsehen zu tun, an denen sowohl prominente Spitzen- als auch Hobbyköche teilnehmen.
Bleiben nur noch Fragen wie «Was soll ich kochen?» und «Wann kaufe ich ein?». Eine Antwort darauf liefern sogenannte «Kochboxen». Darin finden sich alle Zutaten plus Rezept, fertig zusammengestellt. Per Mausklick kann man sich eine Kiste mit Rezepten und den passenden Zutaten oder sogar vorbereiteten Komponenten eines Gerichtes nach Hause liefern lassen. Die zu kochenden oder aufzuwärmenden Gerichte lassen sich meistens in 20 bis 40 Minuten zubereiten und anrichten – ideal für Berufstätige, die abends noch selber kochen möchten, ohne stundenlang in der Küche zu stehen. Praktisch ist zudem, dass die Zutaten bei den Gerichten zum Selberkochen schon passend zum Rezept portioniert sind. Bei Gewürzen und Saucen muss man daher keine großen Mengen kaufen, die später ungenutzt im Regal stehen.
Bratwurst oder Döner?
Bei meinem letzten Besuch in Berlin musste ich feststellen, dass es überall Döner gab, aber eine Thüringer Bratwurst mit scharfem Senf nicht so leicht zu finden war. Ganz zu schweigen von einer Bockwurst… Der Döner Kebab ist in Deutschland wohl das bekannteste Gericht der türkischen Küche. Bundesweit gibt es rund 18.500 Döner-Imbisse und türkische Restaurants. Mit etwa 1.600 Verkaufsstellen ist Berlin die Döner-Metropole Deutschlands. Nach Angaben des 2010 in Berlin gegründeten Vereins Türkischer Dönerhersteller in Europa liegt der Konsum in Deutschland bei etwa 550 Tonnen täglich. Ein Dönerspieß besteht normalerweise aus gewürzten Fleischscheiben, die auf einem senkrechten Drehspieß gesteckt, dann gegrillt und dünn geschnitten werden. Anschließend wird das Fleisch in Fladenbrot mit Salat und Soße serviert.
Eine relativ neue Erfindung ist der Bratwurst-Döner, bei dem das Fleisch natürlich nicht vom Drehspieß stammt. Bei dieser deutschen Version werden Bratwurstscheiben gegrillt und in einem aufgeschnittenen Brot mit Gemüse nach Wahl belegt: Tomate, Gurke, Dillgürkchen, Zwiebel etwa, dazu Currysoße – das wars schon. Irgendwie erinnert mich das ein bisschen an die chilenischen Completos…
Die letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass sich die Ernährung konstant weiterentwickelt. Was wohl die Zukunft noch bringt? Ob individualisierte Lebensmittel, multifunktionale Geräte, intelligente Kühlschränke und ganz neue Verpackungen – die Möglichkeiten sind zahlreich und spannend.
Quellen: dpa, Nestlé