Berater der Vereinten Nationen und des Roten Kreuzes
«Was überall geschieht, ist viel komplexer, als man glaubt»
Curiosidad, proactividad para aprender y comprender cosas nuevas, perseverancia y determinación: estos valores son importantes para Marcel Goyeneche, quien encontró su profesión y vocación a través de un curso de primeros auxilios de la Cruz Roja Chilena.

Der 1981 in Santiago geborene Marcel verbrachte mit seinen zwei Brüdern und einer Schwester eine harmonische Kindheit und erinnert sich gern an Segeltouren und Skiausflüge. Sein Vater Rudolf Goyeneche Handwerck, Kaufmannsingenieur, war 1977 und 1978 sowie von 1983 bis 1985 Vorsitzender des Deutsch-Chilenischen Bundes und hier maßgeblich am Aufbau des Archivs Emilio Held Winkler beteiligt. Mutter Mónica Moldovanyi Hriss war in den 1980er Jahren Deutschlehrerin und mehr als 30 Jahre Theaterleiterin an der DS Santiago; seine Schulzeit verbrachte Marcel an dieser Schule. «Zu Hause wurde immer Deutsch gesprochen. Meine Großeltern mütterlicherseits kamen 1949 aus Ungarn nach Chile, die Familie väterlicherseits stammt aus Deutschland und war teilweise schon länger in Südamerika, bis sie sich letztendlich auch in Chile niederließ.»
Nach seinem Schulabschluss studierte Marcel Goyeneche zunächst Grafikdesign. Nebenher engagierte er sich beim Chilenischen Roten Kreuz. «Alles begann mit einem Erste-Hilfe-Kurs, danach trat ich als Freiwilliger bei. Die Institution ist Teil der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung. Ich entschloss mich, Internationale Humanitäre Aktion zu studieren. 2008 absolvierte ich den ersten Teil meines Masters in Spanien, und 2009 den zweiten Teil an der Ruhr-Universität Bochum in Deutschland. Nach einem Praktikum in Panama beim Unicef-Regionalbüro für Lateinamerika und die Karibik lernte ich in Paris mehrere Monate intensiv Französisch, um bessere Einsatzmöglichkeiten zu haben», so Marcel. «Nach dem großen Erdbeben von 2010 arbeitete ich fast zwei Jahre in Haiti, was mich stark prägte und den Beginn meiner Karriere im humanitären Bereich markierte.» Danach war seine Arbeit auch in Trinidad und Tobago auf Risiko- und Katastrophenmanagement ausgerichtet.
Es folgte der Sprung zum Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK), eine neutrale, unparteiische und unabhängige humanitäre Organisation, die von bewaffneten Konflikten und Gewalt betroffene Menschen unterstützt. Die erste Station war Kolumbien, in einer Grenzregion zu Venezuela, die zu dieser Zeit stark vom Konflikt geprägt war. «Hier konnte ich mit staatlichen und nichtstaatlichen bewaffneten Akteuren interagieren und meine Erfahrungen dann im Südsudan nutzen, kurz nachdem der Bürgerkrieg ausgebrochen war. Die humanitäre Situation der Zivilbevölkerung machte die Arbeit dort extrem anspruchsvoll. Ich besuchte Häftlinge – meistens in improvisierten Gefängnissen, unterstützte Ernährungsprogramme in abgelegenen Gebieten und leitete ein Kriegschirurgenteam. Danach verbrachte ich ein Jahr auf den Philippinen, wo ich einem kleinen Büro vorstand. Diese Aufgabe konzentrierte sich hauptsächlich auf die Sicherung des Lebensunterhalts der vom Konflikt betroffenen Menschen.»
Inzwischen hatte Marcel seine Frau Mercedes Suárez De Aquiz kennengelernt, die ebenfalls für das Rote Kreuz tätig war. Als er im Südsudan war, arbeitete sie während der Ebola-Krise in Sierra Leone – sie ist Ärztin. «Nach der Zeit auf den Philippinen sollte ich 2017 nach Kongo ziehen. Doch das Familienleben ist unter solchen Umständen nicht einfach, und meine Frau und ich beschlossen, einen schönen Ort zu finden, um eine Familie zu gründen. Ich kündigte beim IKRK, und wir zogen in den Süden Chiles.» Das Paar hat sich mit seiner fast dreijährigen Tochter Nanami in Frutillar niedergelassen, ein weiteres Kind ist unterwegs.
Marcel arbeitet heute als Berater für mehrere Agenturen der Vereinten Nationen und für das Rote Kreuz. «Im Moment konzentriere ich mich darauf, Aspekte des Klimawandels in die Arbeit zu integrieren. Es geht darum, dass die heute umgesetzten Lösungen nicht nur die aktuellen Folgen von Konflikten lösen, sondern auch zukünftige Klimarisiken einschließen. Ich bin dankbar, so viele unterschiedliche Weltansichten anderer Menschen kennengelernt zu haben. Das hat meine Empathie, Toleranz und Bescheidenheit gefördert – selbst, wenn man nicht immer mit dem einverstanden ist, was vor einem passiert. Was überall geschieht, ist viel komplexer, als man glaubt, und das, was man liest, ist oft nur oberflächlich. Man muss sich Zeit
nehmen, um Situationen und Kontexte richtig zu verstehen, bevor man zu einem Urteil kommt», stellt Marcel Goyeneche fest.