«Musikalische Spuren in der chilenischen Geschichte»
Von Jaime Pozo, Vorsitzender des Vorstands des Frohsinn-Chors

Die Geschichte des Frohsinn-Chors ist ein lebendiges Zeugnis für den kulturellen Zusammenhalt und den nachhaltigen Einfluss der deutschen Gemeinschaft in Chile. Er wurde am 6. Januar 1885 in Santiago von deutschen Einwanderern mit dem Ziel gegründet, die neue Heimat zu bewahren und zu fördern.
Von Anfang an war dieser Gesangverein «ein kultureller Leuchtturm», der nicht nur der deutschen Gemeinschaft, sondern der gesamten Gesellschaft der Hauptstadt diente. Das Besondere an diesem Chor ist, dass ihm nur Männer angehören, wie es Ende des 19. Jahrhunderts üblich war.
Chor und Repertoire wuchsen
Im Laufe der Jahre hatte der Chor mehrere Niederlassungen in Santiago, so in den Straßen Puente und Moneda, danach schließlich einen eigenen Hauptsitz in Nataniel 117, was seine Anpassungsfähigkeit und sein zunehmendes Wachstum widerspiegeln. So diente diese Adresse des Frohsinns auch als Veranstaltungsort für viele deutsche Organisationen, wie zum Beispiel den Deutsch-Chilenischen Bund oder die Deutsche Krankenversicherung «Mutualidad Alemana de Salud».
Mit der Ausdehnung der Stadt wuchs auch das Repertoire des Chors, dem Mitglieder aus verschiedenen Generationen und mit unterschiedlichem Hintergrund beitraten. Trotz zahlreicher
Herausforderungen, einschließlich des Bürgerkriegs von 1891, gelang es dem Frohsinn-Chor, aktiv und bekannt zu bleiben.
Im Jahr 1910 sang der Chor anlässlich der ersten Hundertjahrfeier der Republik Chile. Gemeinsam mit illustren Gästen aus Deutschland, wie Graf von Pfeil, der als Sondergesandter Deutschlands für dieses Ereignis angereist war, wurden die Nationalhymnen Chiles und Deutschlands sowie ein Repertoire typischer Lieder beider Länder vorgetragen.
Zusammenhalt in schwierigen Zeiten
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs war für viele deutsche Einwanderer in Chile eine Zeit der Spannungen und Nöte. Doch der Chor blieb zusammen und nutzte die Musik als Mittel zur Bewältigung von Widrigkeiten und zur Stärkung der Gemeinschaft. Gleiches geschah während des Zweiten Weltkriegs, als die schwierige Weltlage die Stärke und den Zusammenhalt des Chors auf die Probe stellte. Beide Male hat der Frohsinn-Chor nicht nur überlebt, sondern ist stärker geworden – Beweis für die Widerstandsfähigkeit seiner Mitglieder und die Bedeutung der Musik in Krisenzeiten.
Neben der Überwindung globaler Konflikte hat der Chor zahlreiche historische Momente in Chile miterlebt und mitgestaltet. Vom Prozess der Modernisierung des Landes am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis hin zu den politischen und sozialen Veränderungen der folgenden Jahrzehnte war er stets präsent und hat mit seiner Stimme musikalische Spuren in der chilenischen Geschichte hinterlassen.
Der Frohsinn-Chor hat 150 Jahre überlebt und ist auch heute, im 21. Jahrhundert, immer noch aktiv – und zwar mit etwa 13 Sängern, drei pro Tonlage: 1. und 2. Tenöre, 1. Bässe (Baritone) und 2. Bässe.
Mit Zelter-Plakette ausgezeichnet
Im Jahr 2006 wurde er von Bundespräsident Horst Köhler mit der höchsten Auszeichnung für langlebige Chöre, die das Singen und die Traditionen der Volksmusik lebendig halten, ausgezeichnet. Die Zelter-Plakette wurde vom deutschen Botschafter in Chile überreicht.
Die letzten musikalischen Leiter des Frohsinns waren Juan Carlos Arancibia, Rogelio Gonzalez, Eduardo Torres, Italo Gonzalez, Eduardo Torres, Italo Riffo, Mateo Kubli und derzeit ist es Hanni Fitzke. Zu seinen letzten Vorsitzenden gehören Rudolfo Puschmann, Carlos Jorquera, Roland Klagges und Jaime Pozo. Bekannte Mitglieder der vergangenen Jahrzehnte sind Enrique Müller, Carlos Militzer, Roland Klagges, Martin Schoeffer, Günter Säuberlich, Wilhelm Thöm und Wilhelm Schulz, die neben vielen anderen, im Frohsinn gesungen haben.
15. Deutschen Feuerwehrkompanie im Jahr 2022
Mehrere Mitglieder des Männergesangvereins waren an der Gründung der 15. Deutschen Feuerwehrkompanie beteiligt, und so bestehen bis heute enge Beziehungen der Freundschaft und Zugehörigkeit. Als der Chor seinen Sitz
in Nataniel aufgeben musste, stellte die ihm eng verbundene 15. Deutsche Feuerwehr zunächst einen Standort in der Avenida El Bosque 34 in Las Condes und später, bis heute, in der Avenida Apoquindo 8115 zur Verfügung.
In den letzten Jahren hat der Frohsinn an zahlreichen Aktivitäten regelmäßig teilgenommen und diese mit seinem Gesang begleitet, so die Feier des Volkstrauertags, den Jahrestag der 15. Deutschen Feuerwehrkompanie, Konzerte mit den deutsch-chilenischen Chören und verschiedene Gottesdienste der deutschsprachigen Kirchen in Chile.
Auch heute noch ist der Frohsinn-Chor ein Symbol für das reiche kulturelle Erbe der deutschen Gemeinschaft in Chile. Seine Geschichte, die fast anderthalb Jahrhunderte Engagement umfasst, ist ein Tribut an die Fähigkeit der Musik, Menschen zu vereinen und die Grenzen von Zeit und Raum zu überwinden.
Quelle: historische Dokumente des Chors