Herzlicher Empfang und Arbeiten in entspannter Atmosphäre
Die chilenische Sopranistin Catalina Bertucci übernahm in diesem Jahr zum ersten Mal bei den Bayreuther Festspielen eine Solistenrolle. In Richard Wagners «Parsifal» sang sie eines von Klingsors Zaubermädchen. Wir befragten sie, wie es dazu kam, was diese Erfahrung für sie bedeutet und welche Möglichkeiten sie hat, auch zukünftig auf dieser einmaligen Bühne aufzutreten.
Cóndor: Eine Solistenrolle bei den Bayreuther Festspielen zu erhalten ist ein Privileg mit Seltenheitswert. Wie kam es in deinem Fall dazu?
Catalina Bertucci: Ich habe mit einer Kollegin über Bayreuth gesprochen (sie singt oft dort) und sie informierte mich, dass eine andere Kollegin bei «Parsifal» ausfallen würde. Da ich schon bei drei Parsifal-Produktionen gesungen hatte, habe ich sofort meinen Agenten angerufen und ihn gebeten, mich dort zu empfehlen. Wenige Tage später habe ich in Bayreuth vorgesungen und am selben Tag habe ich die Zusage bekommen.
Wer entschied dein Engagement (die Festspielleitung, Pablo Heras-Casado oder sonst jemand)?
Beim Vorsingen saßen Frau Katharina Wagner und der künstlerische Betriebsdirektor, der früher ein Opernsänger war. Sie haben es zusammen entschieden.
Wie verlief die Vorbereitung der Zaubermädchenszenen mit Pablo Heras-Casado? Hattet ihr auch Klavierproben mit ihm?
Wir waren sechs Wochen vor Ort und haben sowohl szenisch als auch musikalisch gearbeitet. Musikalisch zuerst mit seinen Assistenten und dann durften wir eine Klavierprobe mit Herrn Heras-Casado haben. Danach kamen Orchestersitzproben (was in Chile «Italiana» genannt wird) und Bühnen-Orchester-Proben mit ihm, bevor die Generalprobe kam.
Gegenwärtig wird der Regie in der Oper große Wichtigkeit beigemessen. Wie würdest du die Zusammenarbeit mit Jay Scheib charakterisieren?
Jay ist ein sehr angenehmer Regisseur, ein sehr guter Mensch. Die Arbeit mit ihm hat großen Spaß gemacht und er war immer sehr respektvoll mit allen Sängern. Die Art, seine Inszenierung zu erklären war sehr amüsant und ich fand, dass er seine Ideen sehr gut umgesetzt hat, mit Respekt zu Wagners Musik.
Wurde der «Parsifal» für CD- und Video-Produktionen mitgeschnitten?
Die Premiere von dieser Inszenierung war 2023, als ich noch nicht dabei war. Da wurde eine CD- und DVD-Produktion gemacht. Aus diesem Grund wurde Parsifal dieses Jahr als einzige Oper nicht live übertragen, da die CD und DVD frisch erschienen war. Leider!
Wie hast du die «Werkstatt Bayreuth» erlebt? Welche Gefühle herrschen vor, wenn man als Künstler an dieser traditionsreichen Musikstätte tätig ist: werden die Nerven auf die Probe gestellt oder ist man einfach glückselig, dass man dort auf der Bühne stehen darf?
Ganz ehrlich, ich habe mich nur gefreut, dort zu sein, so herzlich empfangen worden zu sein, arbeiten zu dürfen, so unglaubliche Kollegen und Kolleginnen kennenzulernen, Freundschaften zu schließen, auf so einem hohen Niveau zu arbeiten
und so viel zu lernen. Die nervliche Anspannung war minimal. Sogar Frau Wagner war herzlich zu mir und hat immer auf die Künstler aufgepasst und alle regelmäßig zu Empfängen und Partys eingeladen.
Wie hattest du dir Bayreuth vorgestellt und was hast du vorgefunden?
Ich war 2008 Wagner-Stipendiatin, also war ich schon mal in Bayreuth und in drei Vorstellungen dabei. Ich wusste, Bayreuth ist eine sehr schöne Stadt mit sehr vielen touristischen Zielen. Ich habe auch 2018 am Markgräflichen Opernhaus, das zum Unesco-Kulturerbe gehört, ein Solokonzert mit Alter Musik gegeben, ein herrliches Barocktheater. Ich wurde auch dieses Jahr nicht von Bayreuth enttäuscht und kann allen nur empfehlen, mal dorthin zu reisen!
Welche Aussichten hast du, in Zukunft wieder an den Bayreuther Festspielen teilzunehmen?
Wenige Wochen nach Probenanfang habe ich eine Einladung bekommen, auch 2025 nach Bayreuth zu kommen. Wieder als Blumenmädchen und vielleicht darf ich für andere (kleine) Rollen vorsingen.
Leider gibt es bei Wagner noch keine größere Rolle für meinen Stimmtyp.
Welche Bedeutung wird das Bayreuther Engagement voraussichtlich für deine zukünftige Karriere haben?
Ich denke auf jeden Fall, dass dieses Engagement auf meinem Lebenslauf eine große Bedeutung haben wird und ich damit an andere interessante Engagements kommen werde. Aber ich möchte noch nichts verraten! .
Die Fragen stellte Walter Krumbach