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lunes, 10. febrero 2025
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Porträt – Dr.-Ing. Paulina Oyarzún 

Architektin und Dozentin

Holz – Baumaterial mit Zukunft

Architektur, Pädagogik und die Liebe zur Natur sind ihr quasi in die Wiege gelegt worden. Paulina Oyarzún ist die Ururenkelin des großen Naturwissenschaftlers Rudolf Amandus Philippi und wuchs in einer kunstsinnigen Familie auf: Der Vater, ein herausragender Architekt, malte in seiner Freizeit und spielte Geige. Als Kind lernte sie die gebildeten Gäste kennen, die im Haus ein- und ausgingen. 

«Wir Kinder saßen nie am Katzentisch, sondern begleiteten die Eltern, wenn sie Musiker oder Philosophen zum Essen eingeladen hatten», erinnert sich Paulina Oyarzún. Diese Atmosphäre war zweifellos eine ideale Grundlage für ihr späteres Berufsleben.

Im November 1985 reiste sie als Akademikerin der Universidad del Bio-Bío mit einem Stipendium des DAAD unter dem Arm nach Deutschland. Sie studierte drei Monate am Städtebaulichen Institut der Universität Stuttgart bei Professor Michael Trieb. Gleichzeitig bewarb sie sich erfolgreich in München für ein vierjähriges Stipendium der Hanns-Seidel-Stiftung, das ihr ermöglichte, eine Doktorarbeit in Angriff zu nehmen. 

Damals boomte in Chile der Waldanbau, besonders das helle Kiefernholz des Pinus radiata, weshalb sie sich für das Thema Holzbausiedlungen entschied. Paulina Oyarzúns Promotion schlug sich später in der Publikation eines Buches nieder, das eben diesen Titel «Holzbausiedlungen» trägt und im DVA-Verlag erschien. «Holz ist erneuerbar und nachhaltig, und Wälder sind bekanntlich die Lungen der Welt. Sie saugen die Verschmutzung auf, erhalten die Sonnenenergie und vergeben Sauerstoff», unterstreicht sie, «und deswegen wird heutzutage viel mehr Holz als früher verwendet. Es ist eines der Materialien mit den besten Zukunftsaussichten.»

Als Paulina Oyarzún sich Mitte der 1980er Jahre mit dieser Thematik befasste, baute man Häuser in ihrer Heimat Chile vorwiegend aus Beton und Ziegeln. Im Süden des Landes war in den Jahrzehnten davor dank der Gepflogenheiten der deutschen Einwanderer viel Holz verwendet worden, bis das schwere Erd- und Seebeben im Jahr 1960, dem zahlreiche Holzbauten zum Opfer fielen, dem Trend ein Ende bereitete. 

«Die Japaner dagegen arbeiten viel mit Holz», wirft sie ein. Sie seien Experten auf diesem Gebiet. Auch Kanada, die USA, Neuseeland, Finnland und Norwegen seien führend im Holzwohnungsbau, «und zwar als Hauptunterkunft, in Gebäuden mit bis zu sechs Etagen, in denen die Leute restlos glücklich leben». Nach dem großen Beben in Kobe, Japan, im Jahr 1995 «ergaben Studien, dass Holz viel leichter und flexibler als Beton ist und daher seismischen Ausschlägen weniger Widerstand entgegensetzt». Dazu ist dieses Material äußerst haltbar: Paulina Oyarzún weist darauf hin, dass in Japan Holztempel existieren, die über 1.400 Jahre alt sind und in Skandinavien Holzkirchen, die vor 700 Jahren gebaut wurden. 

Die Architektin blieb vier Jahre in Deutschland. Ihr Buch «Holzbausiedlung» verkaufte sich jahrelang gut, da «damals Nachhaltigkeit in Deutschland schon ein wichtiges Thema war», stellt sie fest.

Die Autorin ist der Ansicht, dass die Holzbauweise entscheidend zur Lösung des akuten Wohnungsproblems beitragen könnte, untersucht die Möglichkeiten des Holzes und beschreibt Beispiele von hoher Wohnqualität. Es gab ein internationales Echo auf das Buch. Aus der Schweiz kam eine Einladung zu einem Seminar zur Buchvorstellung, später reiste Paulina Oyarzún nach Algier, um ihre Forschungsergebnisse vorzutragen. 

Ihr Hauptsitz war inzwischen wieder Chile geworden, wo sie als Dozentin an der Universidad del Bio-Bío tätig war. Es folgten Lehraufträge an der Universidad de Chile, der Universidad Católica, der Universidad Mayor, der Universidad Central und der Universidad Andrés Bello, an der sie von 1990 bis heute gelehrt hat.  

Eines ihrer Fächer ist Stadtgestaltung. Dabei geht es zum Beispiel darum, wie einem Raum Form gegeben wird, damit er für die Menschen geeignet ist. Das bedeutet etwa, «dass die Bänke gut platziert sind oder dass die Beleuchtung, die Grünflächen und Fußgängerwege adäquat gestaltet sind». 

Ihre erste Aufgabe an der Universidad Andrés Bello war es, die Abschlussarbeiten der Architekturstudenten zu betreuen. Später war sie als Beauftragte der Universität für die Koordinierung von Projekten zuständig, die von der Weltbank und dem Bildungsministerium unter bestimmten Bedingungen unterstützt wurden. «Es war hochinteressant», versichert sie, «weil ich mich mit der Bildungsqualität auseinandersetzen musste.» Dieses Programm heißt Mejoramiento de la calidad y la equidad en la educación terciaria (Mecesup). Im Jahr 2014 begann sie auch an der Universidad de San Sebastián Mecesup-Pläne auszuarbeiten. 

Damit nicht genug ist die Architektin als externe Auditorin des TÜV-Nord beschäftigt. Durch ihre Erfahrungen als Dozentin und die Fortbildungskurse ist sie in der Lage, Managementsysteme für Bildungsorganisationen ISO 21001 zu prüfen. Zurzeit ist sie damit beschäftigt, die Audits von fünf technischen Schulen der Sofofa und 15 Schulen der Fundación Nacional del Comercio para la Educación zu begutachten. 

Parallel zu ihren Tätigkeiten im Verwaltungsbereich ist sie bis heute als Dozentin und freischaffende Architektin tätig. Im Jahr 2011 gab sie außerdem mit zwei Kollegen ein Buch über Brettschichtholz heraus, in dem sie anhand zahlreicher Beispiele die Vorzüge dieses Baumaterials beschreibt.  

Aufgrund ihrer jahrzehntelangen Auseinandersetzung mit dem Holz ist Paulina Oyarzún eine überzeugte Fürsprecherin dieses Baumaterials, dessen viele Vorteile sie in ihrem Buch beschreibt. Ihre Erkenntnisse beruhen auf ihren unermüdlichen Forschungsarbeiten, was nicht allein auf ihren angeborenen Fleiß und ihren Forscherdrang zurückzuführen ist: Beide Eltern waren ebenfalls Architekten und ihr Ururgroßvater, der große Gelehrte Rudolf Amandus Philippi, hat ihr – wie konnte es anders sein – das Interesse an der Natur und die Frage, wie man mit ihr umzugehen habe, zweifellos mitgegeben.   

Foto: Privat

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