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Der Cerro Alegre, Heimat der echten Porteños

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Es war Pedro de Valdivia, der Conquistador, den die günstige Lage des kleinen Berges am Tal des Paradieses, die blühenden Blumen und der Blick auf den weiten Pazifischen Ozean so begeisterte, dass er ihm den Namen «heiterer Hügel» (Cerro Alegre) gab. Alsdann wies er den Cerro Alegre verdienten Offizieren seiner Expeditionstruppe als Wohnsitz an.

Eduard Wilhelm Berckemeyer während seines Aufenthaltes als Konsul von Hamburg in der Hafenstadt Valparaíso

Die Kapitäne Juan Rodrigo de Guzmán und Nicolás Octavio waren die ersten, die Teile des Cerro Alegre in Besitz nahmen, diesen aber später dem Dominikanerorden übergaben. Im letzten Jahrhundert vor der Unabhängigkeit Chiles verkaufte der Prior des Ordens das Grundstück weiter an einen Kapitän der spanischen Armee.

Valparaíso wird zum Welthafen

War es in Zeiten der spanischen Kolonialherrschaft nur spanischen Schiffen gestattet, in Häfen der Kolonien anzulegen, so wurde es eine der ersten Maßnahmen der neuen chilenischen Regierung, auch Schiffen fremder Flaggen das Anlegen in Valparaíso und allen anderen Häfen Chiles zu genehmigen, ja sie geradezu einzuladen. 

Rasch füllte sich die Bucht des Paradieses: Die Bevölkerungszahl der Hafenstadt wuchs in wenigen Jahren von 2.000 auf 20.000 Seelen und dann bis 1835 auf 40.000. Dieses rasante Wachstum des Hafens mit den verbundenen Diensten verdankte die Stadt nicht nur dem weitblickenden Geschäftssinn ihrer Bewohner und der zunehmenden Zahl neuer ansässiger Handelshäuser, sondern ebenfalls dem fehlenden Verständnis der neuen unabhängigen peruanischen Regierung in Lima für eine umgreifende politische Erneuerung durch Auflösung alter überkommender Kolonialbestimmungen. War nämlich zu Zeiten des Vizekönigreiches Lima der spanischen Kolonialregierung der Hafen Callao alleinberechtigt für die Anlandung spanischer Schiffe gewesen, Valparaíso also als zweitrangig eingestuft worden, hatte man diese Bestimmung nach Erlangung der Unabhängigkeit nicht sofort aufgehoben und auf diese Weise Valparaíso, wohl ungewollt, einen unschätzbaren Vorteil eingeräumt. So wurde Valparaíso zum Ziel von Schiffen aller Herren Länder, oftmals sah man draußen mehr als 60 Schiffe vor Anker liegen. 

Erste deutsche Handelshäuser

Kaum waren die ersten Barrieren gefallen, öffneten Vertretungen sowohl britischer als auch Bremer und Hamburger Handelshäuser ihre Niederlassungen. Das erste Unternehmen, Schütte & Post, kam aus Bremen, rasch folgten Hucke, Stahr & Mex, Huth & Grüning, Vorwerk und natürlich eine Brauerei, nämlich die des Braumeisters Plagemann. 

Sie alle brachten nicht nur ihre europäischen Gebräuche und Lebensweisen mit, sondern auch eigene Mitarbeiter, und für die mussten Wohnräume geschaffen werden. An ihre Geschäfte erinnern noch heute zahlreiche alte Bürohäuser – in Hamburg würde man Kontorhäuser sagen. Heute sind sie leider etwas heruntergekommen. 

Für Wohnungen suchte man den schönsten der die Stadt umrahmenden grünen Hügel aus, nämlich den «heiteren Hügel», den Cerro Alegre. Dort erstand im Jahre 1822 der britische Kaufmann William Bateman sein erstes Haus, legte einen Garten und auch einen Weg an. Heute kennt man ihn als ersten Bewohner des Berges. Es folgten weitere englische, bald darauf auch deutsche Kaufleute, die der zunehmende Welthandel nach Chile getrieben hatte, wurden doch von Valparaíso aus sogar die kalifornischen Goldgräber und viele andere Pazifikhäfen mit Lebensmitteln aus Chile versorgt, man beschränkte sich nicht nur auf den Verkehr mit Europa.

Der erste ausführliche Bericht eines hanseatischen Kaufmanns über seinen Wohnsitz auf dem Cerro Alegre stammt von Eduard Wilhelm Berckemeyer. Wir entnehmen ihn seinem Tagebuch der Reise von Hamburg nach Valparaíso aus dem Jahre 1837. Nach dem Reisebericht auf dem dänischen Schiff «Creole» schließt der Verfasser jedoch noch eine Schilderung seines Aufenthaltes in den folgenden Jahren in Valparaíso an, die wir hier weitergeben wollen. Dem Anschein nach muss es damals noch mehr Bremer und Hamburger Bürger auf dem Cerro Alegre gegeben haben, aber lassen wir Eduard Wilhelm Berckemeyer selbst sprechen: 

Ein kleines, freundliches Haus 

Am 1. Januar 1838 habe ich ein kleines freundliches Haus auf dem Cerro Alegre bezogen. Die Lage desselben ist reizend, ich werde mich bemühen, aeine möglichst genaue Beschreibung davon zu machen. Der Cerro Alegre ist ein kleiner Teil der Bergkette, welche sich um Valparaíso herumzieht. Unmittelbar an der Stadt ist diese Bergkette ungefähr 150 Fuß hoch, es ziehen sich sehr viele Schluchten oder Quebradas in die Berge hinein, die alle mit Häusern besetzt sind, die aber fast alle unordentlich durcheinander stehen, denn man hat nur solche Stellen benutzen können, wo der Boden eine kleine Fläche darbot und wo sich der Erbauer die Mühe gab, die Berge zu beschneiden. 

Die Häuser der geringeren Bewohner sitzen wie Schwalbennester an die Berge gehängt; zum Abend, wenn Lichter oder Feuer zum Kochen darin angezündet sind, gewährt das Ganze einen malerischen Anblick. 

Als ich vor neun Jahren hier war, standen auf diesem Cerro Alegre nicht mehr als zwei bis drei Häuser, jetzt stehen ungefähr 40 darauf. Damals hätte man diesen ganzen Berg für ungefähr 2.000 Taler kaufen können, jetzt schätzt man den Wert des Bodens, ohne die Häuser auf 50.000 bis 60.000 Taler.

Der Cerro Alegre steigt nun von der Stadt in gebrochenen Flächen nach und nach höher und schließt sich an die hintere Bergkette an, welche ungefähr 2.000 Fuß hoch ist und das innere Land verschlieβt. Mein Haus liegt 350 Fuß über der Meeresfläche und ich bedarf 15 bis 20 Minuten, um von der Stadt heraufzusteigen, denn der Weg ist mühsam und steil.

  Die groβe Bai liegt vor mir mit ungefähr 60 Schiffen bedeckt, die heute, am Sonntag, alle ihre Flaggen aufgezogen haben. Ich erkenne deutlich zwei Hamburger Schiffe: die «Argo», die mir eine Menge Briefe aus der Heimat brachte und die «George Canning», die innerhalb von vier bis fünf Monaten in Hamburg eintreffen soll. Neben diesen Schiffen liegen französische, dänische, englische, chilenische, nordamerikanische und ein polynesisches Schiff von Otahiti, dessen Flagge ich hier zum ersten Mal sehe. Ferner liegen daneben friedlich Kriegsschiffe aus Frankreich, Großbritannien und das nordamerikanische Linienschiff «North Carolina», eine schwimmende Stadt, die jetzt in Friedenszeiten an die tausend Einwohner zählt, in Kriegszeiten muss sie 300 bis 400 Menschen mehr haben. Dieses stolze Werk von Menschenhand verschwindet gegen den unermesslichen Ozean, der sich gen Norden ausdehnt.

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Rechts, weiter unter mir in der Ebene, liegt der zweite Teil der Stadt, Almendral genannt; ich sehe beinahe von oben in seine ungepflasterten Straβen hinein; in der nämlichen Richtung, aber mir näher auf einem Berge, liegen der katholische und der protestantische Kirchhof mit Mauern eingeschlossen. Vor meinem Hause und links sehe ich die Häuser der Quadras, von der eigentlichen Stadt sehe ich nichts , denn sie liegt an den steilen Abhängen und wenn man es nicht wüsste, würde man es nie vermuten, dass zwischen ihnen und der See die Hälfte der Bevölkerung von Valparaíso, also 12.000 Menschen wohnen.

Die Schiffe im Hafen liegen mir so nahe, dass ich sehen kann, wie die Leute darauf arbeiten, das Rufen der Matrosen hört man sehr stark, keine Bewegung im Hafen entgeht meinem Auge. … Links neben mir stehen zwei Häuser, die von englischen Familien bewohnt werden und mit denen ich Umgang angefangen habe.

Seit einigen Wochen ist ein englischer protestantischer Prediger hier angekommen; alle Protestanten geben dazu einen Beitrag. Wenn ich nur durch die Zahlung befreit würde, hinzugehen, so wollte ich gern zahlen. Indessen muss man leider hier wie in Hamburg und anderen kleinen Städten nach der Kirche gehen, damit die Leute es sehen. Warum geht man so selten mit Vergnügen und Verlangen in die Kirche? Weil ein guter Redner eine groβe Seltenheit ist, weil alle schlechten Prediger durch die Länge der Rede die Güte ersetzen wollen, welches die entgegengesetzte Wirkung hervorbringt…. In der hiesigen englischen Episkopalkirche werde ich nun wohl die Bekanntschaft der Langeweile erneuern müssen.

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