170 Jahre Erfolg in ereignisreichen Zeiten
«170 años de molinería: Sembrando la historia y alimentando el futuro» (170 Jahre Getreidemüllerei: in der Geschichte säen und in der Zukunft ernten) – der Titel eines Buches, das die Firma Molinos Kunstmann zu diesem runden Jubiläum herausgab.
Hermann Kunstmann war 20 Jahre alt, als er am 13. November 1850 in Corral landete. Der junge Dresdner hatte sich entschlossen, ins ferne Chile auszuwandern, vermutlich weil er der autoritären Herrschaft überdrüssig war, die Preußen über seine Heimat Sachsen ausübte. Kunstmann, der von Beruf Zimmermann war, gründete 1853 sein erstes Unternehmen am Fluss Cruces nahe der Ortschaft Punucapa bei Valdivia: eine von Wasser angetriebene Steinmühle.
Neun Jahre später erlitt das Unternehmen infolge einer Flutkatastrophe einen Totalschaden. Kunstmann erwarb daraufhin eine mit einer Dampfturbine ausgestattete Mühle von Luis Landbeck am Ufer des Calle Calle und das Gut Collico, das über Sägewerke, Häuser und Obstplantagen verfügte.
Mutmaßlich nahm Kunstmann für diese Anschaffungen keinen Kredit auf, sondern entrichtete die nicht unbedeutenden Summen mit seinem ersparten Kapital. Der tatkräftige Unternehmer kaufte später Schiffe, die zwischen Valdivia und anderen Häfen des Pazifiks verkehrten, sowie weitere Ländereien, sodass zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Familienbetriebe fast 1.600 Hektar ausmachten.
Ein Großteil der Kunstmann-Nachkommen engagierte sich für Hermanns Unternehmen. Unter seinen zwölf Kindern waren besonders Germán und Carlos am Gut in Collico beteiligt. Kurz vor der Jahrhundertwende zogen sogar sein Vater und sein Bruder nach Chile, um im Familienunternehmen zu arbeiten.
Schätzungen zufolge nutzte die Provinz Valdivia im Jahr 1912 mehr als die Hälfte ihrer Fläche für den Getreideanbau. Die Weizennachfrage stieg landesweit laufend an, weshalb Kunstmanns eine neue, elektrisch betriebene Mühle aus Dresden importierten, die imstande war, die Mehlproduktion auf 32 Tonnen täglich zu erhöhen.
Der Fortschritt des Unternehmens war nun nicht mehr aufzuhalten. Es hielt sowohl den Folgen von Naturkatastrophen wie dem Erdbeben von 1960 sowie den Krisen politisch-wirtschaftlicher Art wie der UP-Zeit stand.Im vergangenen Jahr feierte Molinos Kunstmann sein 170-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass gab die Firma ein Buch heraus, in dem der Werdegang des Betriebs von seiner Gründung durch Hermann Kunstmann über fünf Generationen hinweg bis zur Gegenwart eingehend beschrieben wird. Die Recherchen führte Emilia Duclos durch, die ebenfalls den Text schrieb.
Der Band beschränkt sich nicht darauf, über die Entwicklung des Unternehmens zu berichten, sondern stellt die Begebenheiten in den historischen Kontext des Landes, was die Lektüre besonders interessant macht. Das Buch ist zudem mit historischen und zeitgenössischen Fotos reich illustriert und lässt verschiedene Mitglieder der Familie Kunstmann und Mitarbeiter zu Worte kommen.
«170 años de molinería» ist im Buchhandel nicht zu haben. Mögliche Interessenten können den Band bestellen über:
speralta@siksa.cl