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lunes, 9. septiembre 2024
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Zum 275. Geburtstag von Goethe

Die besondere Freundschaft mit Schiller und Humboldt

Einen ganz neuen Blick auf den deutschen Nationaldichter Johann Wolfgang von Goethe wirft die Autorin Andrea Wulf in ihrem Buch «Fabelhafte Rebellen». Der Leser erlebt den Dichter, Universalgelehrten und Politiker im Kreis seiner Freunde, der «Romantiker» in Jena wie der Philosophen Fichte, Schelling und Hegel oder der Schlegel-Brüder und erfährt, wie wichtig für Goethe und sein Werk der Austausch mit dem anderen deutschen Nationaldichter, Friedrich Schiller, und dem jungen Wissenschaftler Alexander von Humboldt war.

«Goethe war der Zeus der deutschen Literatur», stellt die in Deutschland aufgewachsene und in London lebende Autorin Andrea Wulf fest und schreibt über seine Herkunft: «1749 in Frankfurt als Sohn einer wohlhabenden Familie geboren, war er mit vielen Annehmlichkeiten und Privilegien aufgewachsen. Sein Großvater mütterlicherseits war Bürgermeister von Frankfurt, sein Großvater väterlicherseits hatte sein Vermögen als Kaufmann und Schneider gemacht. Goethes Vater musste nicht arbeiten.»

Umzug nach Weimar zu Herzog Karl August 

Nach seinem Jurastudium in Leipzig wurde Goethe Anwalt. Gleichzeitig begann er zu schreiben – und es gelang ihm gleich der erste internationale Bestseller der Literatur, «Die Leiden des jungen Werther». Damit traf er den Nerv der Sturm- und Drangzeit. Viele Männer begannen sich wie der an Liebeskummer leidende Protagonist Werther zu kleiden, darunter der Regent des Herzogtums Sachsen-Weimar: mit gelber Weste, Kniehose, blauem Frack und Stulpenstiefeln. Der 18-jährige Herzog Karl August lud den von ihm verehrten Autor ein, in seinem Herzogtum zu leben und zu arbeiten. Goethe, damals 26 Jahre alt, zog 1775 nach Weimar, wurde zum Vertrauten Karl Augusts, zu seinem Geheimrat, später zum Minister befördert und schließlich geadelt. Die beiden jungen Männer waren ein Herz und eine Seele – sie jagten und feierten zusammen. Goethe sanierte den überschuldeten Haushalt des Herzogtums und zog weitere Schriftsteller in das Fürstentum – literarisch war er in dieser Zeit wenig produktiv.

«Eine zweite Jugend» durch Schiller

An dem heißen Sommertag am 20. Juli 1794 begegneten sich Goethe und Schiller nach einem Vortrag in der Naturforschenden Gesellschaft in Jena zum ersten Mal. Anschließend gerieten sie in eine hitzige, aber auch anregende Diskussion über die Botanik. Der 45-jährige Goethe meinte, schon lange nicht mehr so viel «geistigen Genuss» erlebt zu haben – «der Beginn der fruchtbarsten literarischen Freundschaft dieser Epoche», so die Autorin, und diese hielt bis zu Schillers Tod 1805. 

Die beiden großen Schriftsteller inspirierten sich gegenseitig und schrieben in den folgenden Jahren die Dramen, Romane und Gedichte, die heute zur Weimarer Klassik zählen. Schiller habe ihm «eine zweite Jugend verschafft», schrieb Goethe. Der Dichter las Schiller seine «Römischen Elegien» vor, auch eine Liebeserklärung an Christiane Vulpius, die Näherin und – ein Skandal in der Weimarer Gesellschaft – seine Geliebte. Friedrich Schiller schrieb seiner Frau über die gehörten Verse, dass sie «zwar schlüpfrig und nicht sehr dezent sind, aber zu den besten Sachen gehören, die er gemacht hat».

Auch wenn Goethe Christiane und seinen Sohn August in Weimar verlassen musste, um in das von Weimar etwa zwei Stunden entfernte Jena zu gelangen, wurde das Haus seines Freundes Schiller bald sein zweites Zuhause. Die Freundschaft der beiden Männer, so grundverschieden sie waren, wurde immer enger. Andrea Wulf schreibt: «Während Goethe unbeschwert, intuitiv und locker war, war Schiller angespannt und schien ewig über alles nachzudenken.» Nicht nur die Zuneigung wuchs, auch der gegenseitige Einfluss, wie die Autorin feststellt: «Sie kritisierten und redigierten gegenseitig ihre Arbeiten und schickten Verbesserungsvorschläge…»

Humboldt – Goethes wissenschaftlicher Sparringpartner

Alexander von Humboldt besuchte seinen Bruder Wilhelm seit dem Jahr 1794 in Jena. Wilhelm, der Goethes großes Interesse an den Naturwissenschaften kannte, hatte die beiden miteinander bekannt gemacht. «Man kann in 8 Tagen nicht aus Büchern herauslesen, was er einem in einer Stunde vorträgt», schrieb Goethe an Herzog Karl August. Der 27-jährige Humboldt verbrachte im Frühjahr 1797 in Jena jeden Tag sechs bis sieben Stunden mit seinen Forschungen und Sektionen, um sein Buch über die «tierische Elektrizität» fertigzustellen. «Freilich kann ich nicht existieren, ohne zu experimentieren», schrieb er in diesem Jahr an einen Freund. 

Goethe sezierte Würmer und Schnecken und begann seine Experimente mit Fröschen, von Humboldt inspiriert. Der wesentlich jüngere Alexander von Humboldt wurde sein naturwissenschaftlicher Austauschpartner und beide unternahmen regelmäßig Spaziergänge und trafen sich zu den Mahlzeiten. In den folgenden Jahren baute Goethe diese naturwissenschaftlichen Erkenntnisse in sein literarisches Werk ein, insbesondere in sein Drama Faust. Genau wie Humboldt ging es Goethe und seinem Alter Ego Faust darum, wie es in der ersten Szene heißt, «dass ich erkenne, was die Welt/Im Innersten zusammenhält».

Das Goethe-Haus in Weimar wird saniert

Bis zu seinem Tod 1832, 50 Jahre lang, lebte und arbeitete Johann Wolfgang von Goethe in einem Haus in der Weimarer Innenstadt. Ab 2026 soll mit 45 Millionen Euro das zum Unesco-Welterbe zählende Gebäude saniert werden. Es ist zusammen mit dem angrenzenden Goethe-Nationalmuseum mit jährlich mehr als 100.000 Besuchern eines der wichtigsten Denkmäler der Literaturgeschichte in Deutschland. Mehr als 50.000 Gegenstände hatte der Dichter dort zusammengetragen – Möbel, Bücher und Werke der bildenden Künste, Mineralien und Münzen, Fossilien. Die Arbeiten sollen vor dem 22. März 2032 abgeschlossen sein. Dann jährt sich sein Todesdatum zum 200. Mal.

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