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martes, 10. diciembre 2024
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Porträt – Markus Biber

Schulleiter der DS Valdivia

Eine bayrische Frohnatur mit Liebe zum Lehrberuf

Markus Biber ist als Schulleiter der Deutschen Schule Valdivia 2021 nach Chile gekommen. Der gebürtige Bayer spricht im Cóndor-Interview über seine Heimat, seine Familie – in Deutschland und in Valdivia, seine Zeit in Chile und seinen Beruf.

Wo ist Ihre Heimat?

Ich bin ein waschechtes Münchner-Kindl. In München bin ich geboren und aufgewachsen, bis zum Abitur zur Schule gegangen und hatte eine ausgesprochen glückliche Jugend. Und ja, wenn mich jemand fragt, was ich an Deutschland vermisse, dann denke ich – neben meiner Familie, Söhne, Eltern, Bruder mit Familie und engen Freunden – spontan an meine Heimat – und die ist immer noch Bayern. Die Mundart, der Dialekt, eine Schweinshax‘n im Kloster Andechs, ein kühles Helles im Biergarten mit meinem Bruder oder einfach eine Leberkässemmel bei einem Spaziergang in der Stadt. Das fehlt mir schon. Und diese offene, gemütliche, grundpositive bayrische Art, die einem dort quasi in die Wiege gelegt wird, hat mich als Frohnatur, denke ich, sehr geprägt. 

Wie wichtig waren und sind Ihre Eltern für Sie?

Ich habe bis heute ein ausgesprochen inniges Verhältnis zu meinen Eltern. Wir hören uns trotz der Distanz von 13.000 Kilometern mehrfach die Woche. Es ist mir wichtig, sie an unserem Leben hier teilhaben zu lassen. Ich weiß, dass mich meine Eltern stark beeinflusst haben. Diese bedingungslose Liebe, das Grundvertrauen und die volle Unterstützung bei allem, was ich in meinem Leben so angepackt habe, war für mich stets Fundament und hat mir viel Selbstbewusstsein gegeben.  

Was waren wichtige Stationen Ihres Berufswegs?

Der Weg ist das Ziel. In meinem ersten Leben war ich Toningenieur: Nach dem Abi bin ich nach London gegangen und habe dort studiert. Danach lebte ich für zwei Jahre in Manchester. Und dann konnte ich mich doch nicht mehr gegen die Familientradition wehren und bin zurück nach Deutschland, um in Regensburg Lehramt zu studieren. Meine Großeltern waren Lehrer, mein Vater Schulleiter, meine Mutter Sportlehrerin und mein Bruder Lehrer an einer Einrichtung für Mehrfachbehinderte. 

Meine berufliche Erfahrung konnte ich an mehreren sehr unterschiedlichen Einrichtungen erwerben:
klassisches Gymnasium, Gesamtschule, Dozent an der Uni, Blindenschule, Montessorischule. Für mich waren gerade die pädagogischen Nischenbereiche eine ganz tolle Herausforderung und Bereicherung. Die Arbeit mit Blinden und Sehbehinderten ist anspruchsvoll, man bekommt von den Schülerinnen und Schülern aber auch sehr viel zurück – mehr als an einer Regelschule. Und als Leiter einer Montessorischule, die ich selbst aufbauen konnte, habe ich meine Begeisterung für die Reformpädagogik entdecken können. Diese pädagogische Ausrichtung erlebt ja zurzeit eine wahre Renaissance. Tja und dann, nach einer Einladung als Gastdozent an die Deutsche Schule in Asunción – das war meine erste Erfahrung in Südamerika – hat es uns als Familie ein paar Jahre später ins schöne Valdivia verschlagen. 

Was ist Ihnen in Ihrem Beruf als Lehrer wichtig?

Um dies darzulegen, reicht ein Zeitungsartikel nicht aus. Es ist ein Beruf, bei dem man so viel bewirken kann, bei dem man so viel zurückbekommen kann, bei dem man die Welt und die Zukunft unsere Kinder gemeinsam mit diesen formen kann, bei dem man im Team die tollsten Dinge ausprobieren kann, bei dem man begeistern kann, bei dem man kreativ sein kann, entwickeln kann, die Früchte seines Schaffens sehen kann, bei dem man im ständigen Austausch mit anderen ist und so gemeinsam Herausforderungen meistert, bei dem man jeden Tag weiß, wofür man arbeitet, bei dem das «Wir» im Mittelpunkt steht. Bei dem man das Leben spürt.

Welche Schwerpunkte setzen Sie bei Ihrer Arbeit an der DS Valdivia?

Wenn man Schule reduziert auf – wie man auf Englisch sagt – «teaching for the test» – geht das an meiner Vorstellung von Pädagogik vorbei. Viele wichtige auch nationale Prüfungen sind jedoch leider so konzipiert, dass man genau dies tun muss, um «zu punkten». 

In meinen Jahren an der Montessorischule konnte ich Entwicklungen feststellen, die ich davor nicht für möglich gehalten hätte. Wahre intrinsische Motivation auf Seiten der Schüler. Projekte, die die Schülerinnen und Schüler so begeistern, dass sie noch während der Pause fragen, ob sie nicht weiterarbeiten können. Selbstgesteuertes, selbstorganisiertes Lernen. Fachübergreifendes Lernen. Produktorientiertes Lernen. Auf diese Art des Lernens möchte ich in den kommenden Jahren bei uns an der DS Valdivia ein stärkeres Gewicht legen. Man muss diesen Spirit erleben, um zu verstehen, wovon ich spreche. 

Worauf sind Sie stolz?

Stolz kann je nach Kontext ein schwieriges Wort sein, das man mit Bedacht verwenden sollte. Ich denke, ich bin beispielsweise stolz darauf, dass wir als Familie – meine Frau und unsere «zwei Jüngsten» – den großen Schritt gewagt haben und auf Zeit ausgewandert sind – und ebenso auf unsere zwei Söhne, die wir in Deutschland zurückgelassen haben, die dort ihr Leben meistern und die unseren Traum unterstützt haben. 

Wie gefallen Ihnen Land und Leute hier?

Ein langes, dünnes Paradies am Ende der Welt. Die Natur ist atemberaubend schön. Und jeder Abschnitt des Landes hat seine ganz eigenen Wunder zu bieten. Und die Menschen habe ich als ausgesprochen offen und warmherzig kennenlernen dürfen. Die Art und Weise, wie wir als Familie hier willkommen geheißen wurden, war großartig. Nur das mit der Sprache, mit dem Chilenisch … das bringt uns noch ab und zu an unsere Grenzen. Ich denke, so wie wir uns hier fühlen, muss sich ein Deutschlerner fühlen, wenn man ihn im Bayerischen Wald absetzt. Aber auch das wird noch werden. Wir haben ja noch einige Jahre hier am Ende der Welt. 

Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit?

Ich liebe Ausdauersport. Joggen, Skifahren und Stand-up-Paddling gehören zu meinen Lieblingssportarten. Außerdem gehe ich leidenschaftlich gerne in die Sauna. Leider ist diese Kultur in Chile nicht so ausgeprägt. Aber da bieten die Termas ja einen sehr guten Ersatz. Nach einem Tag in den Geométricas … mit einer Maß Bier am Abend … bin ich wie neu geboren.

Die Fragen stellte Silvia Kählert.

foto: DS Valdivia

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