Die Heidi-Bücher von Johanna Spyri prägen bis heute weltweit das Bild der Schweiz – seit den 1940er Jahren auch in Lateinamerika. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass die Familie Spyri einen biografischen Bezug zu dem Teil des Kontinents hat. Grund genug für das Heidiseum, die Ausstellung «Heidi in Lateinamerika» in Zürich zu organisieren.
sik) Der Bruder der Autorin Johanna Spyri stellte die Verbindung zu Südamerika her: Christian Heusser wanderte nach Argentinien aus und starb auch dort. Der Ingenieur unternahm im Auftrag der Kantone Zürich, Graubünden, Bern, Unterwalden, Glarus und Aargau 1856 eine Inspektionsreise nach Brasilien, um die Lebenssituation von Schweizer Pächtern auf Kaffeeplantagen bei São Paulo zu dokumentieren. Ab 1859 lebte er bis zu seinem Tod 1909 mit seiner Frau Anna in Buenos Aires, wo er als Geologe, Vermessungsingenieur und Landbesitzer tätig war. Johanna Spyri selbst hatte ihren Bruder in Argentinien nie besucht, aber ihr Sohn Bernhard Diethelm ist 1881 und 1882 zweimal aus gesundheitlichen Gründen zu seinem Onkel nach Argentinien gereist, um sich dort zu erholen.
Begleitend zur Kunst-Ausstellung «Heidi in Lateinamerika» vom 2. Juni bis 6. Juli in Zürich waren auch biografische Zeugnisse von Johanna Spyris Bruder ausgestellt: ein Empfehlungsschreiben von Alexander von Humboldt und Heussers Aufsätze zur «europäischen Auswanderung nach den argentinischen Provinzen Buenos Aires, Santa Fé und Entrerios».
Ende des 19. Jahrhunderts war Johanna Spyri in Europa bereits eine erfolgreiche Autorin. Ihre beiden Kinderbücher «Heidis Lehr- und Wanderjahre» und «Heidi kann brauchen, was es gelernt» waren 1880 und 1881 veröffent licht worden und entwickelten sich schnell zu den bekanntesten Kinderbüchern der Welt. Bereits 1927 wurden sie erstmals ins Spanische übersetzt. Zu den frühesten Übersetzungen in Lateinamerika gehört eine «Heidi»-Adaption von 1942, die im Verlag «Editorial Molino» in Buenos Aires erschienen ist und 1952 eine zweite und letzte Auflage erreichte.
Die Ausstellung «Heidi in Lateinamerika» in Zürich zeigte vom 2. Juni bis 6. Juli Werke vier lateinamerikanischer Künstler, die sich mit «Heidi» als Teil ihrer Kindheitserinnerungen auseinandergesetzt hatten: die Neo-Pop-Art-Bilder von Honys Torres, die in der Schweiz lebt und aus Venezuela stammt, Ölbilder auf Leinwand von Hellen R. Orellana, die in der Schweiz lebt und aus Peru gebürtig ist, Fellkunst von Gonzalo Sojo, der in Buenos Aires lebt, und Graffiti Streetart von Pirmin Preu, ein gebürtiger Schweizer mit starken Verbindungen nach Mexiko.
Die große Beliebtheit Heidis in Lateinamerika erklärt der Literatur- und Kulturwissenschaftler und Leiter des Heidi-Archivs Peter Otto Büttner: «Die Heidi-Figur hat einen unheimlichen Identifikationsfaktor. Jeder fühlt sich mit ihr verbunden und kann die Nöte, Ängste und Strapazen verstehen, die sie durchgemacht hat.» Die Romanfigur Heidi transportiere einfaches Glück und Geborgenheit, universelle Werte, die in allen Kulturen existieren.
Quelle: www.heidiheritage.com/heidi-lateinamerika/
Das Heidiseum Im Jahr 2018 wurde das Heidiseum gegründet, das sich mit dem literarischen Lebenswerk von Johanna Spyri befasst. Dazu werden Kulturprojekte und Ausstellungen zum Thema «Heidi» als wichtiger Bestandteil des Schweizer Kulturerbes entwickelt. Das Heidi-Archiv der Heidiseum Stiftung verfügt über eine umfangreiche und bedeutende Sammlung an Beständen zum Thema «Heidi». Dazu gehören viele Dokumente aus dem Nachlass der Autorin Johanna Spyri und ihrer Erben sowie Originalillustrationen, Verlagsunterlagen und seltene Ausgaben. Die Unesco hat den universellen Wert der beiden Zürcher Heidi- und Johanna Spyri-Archive gewürdigt, indem sie diese im Jahr 2023 in das internationale Register «Memory of the World» aufgenommen hat. Neben Wechselausstellungen plant das Heidiseum die Errichtung eines multimedialen Heidi Heritage Centers in Zürich, wo Johanna Spyri lebte und «Heidi» verfasste.