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viernes, 20. septiembre 2024
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Johann Strauss zum 125. Todestag

«Er ist der Einzige, den ich beneide – er trieft von Musik»

Johann Strauss, Gemälde von August Eisenmenger

Er gilt als typischer Wiener Tanzmusikkomponist. Seine Walzer haben indes universellen Wert: Wohl keinem anderen Tonschöpfer ist es gelungen, dass seine Werke weit nach seiner Lebenszeit hinaus international und in so völlig unterschiedlichen Formaten wie dem alljährlichen Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker oder dem Science-Fiction-Filmklassiker «2001: Odyssee im Weltraum» eine Hauptrolle spielen.  

Ein Raumschiff ist von der Erde zum Mond unterwegs. Es gleitet sanft durch das weite All und steuert eine gemächlich sich drehende Orbitalstation an, während andere Flugkörper sachte vorbeischweben. Zu der eindrucksvollen Szenenfolge erklingt «An der schönen blauen Donau». Der Walzer ist ein fabelhafter Zusatz zu den imponierenden Bildern, die Musikwahl hätte nicht besser sein können. Johann Strauss als Filmkomponist für «2001: Odyssee im Weltraum» war eine Idee des Regisseurs Stanley Kubrick. Mit einer geschickten Schnitttechnik läuft der Szenenaufbau synchron zum Walzertakt ab und gilt in der Filmgeschichte bis heute als einmalig.

Johann Strauss war die Tanzmusik quasi in die Wiege gelegt worden. Mit sechs Jahren komponierte er seinen ersten Walzer. Der Vater, ein angesehener Komponist, hatte für seinen Sohn eine Beamtenlaufbahn fern der Kunst vorgesehen. Johann nahm daher heimlich Geigenunterricht. Bald darauf trennten sich die Eltern, was dem Jungen auf künstlerischem Gebiet zugute kam, weil die Mutter ihn fortan im Musikstudium entschieden unterstützen konnte.

Johann musste schon in jungen Jahren auftreten, um als ältester Sohn für den Familienunterhalt zu sorgen. Er war gerade einmal 19 Jahre alt, als er in einem Vergnügungslokal sein erstes Konzert gab. Der Abend war rundum ein Erfolg.  

Unterhaltungsmusik vom Feinsten 

Strauss komponierte nun Tanzmusik für seine Auftritte, die bei seinem Publikum sehr gut ankam und ihm den Bei-
namen «Walzerkönig» einbrachten. Er dirigierte sein Orchester mit dem Geigenbogen, was bald zu seinem Markenzeichen wurde. 

Strauss‘ Markenzeichen: Er dirigierte mit dem Geigenbogen

Er unternahm Gastspielreisen, durch die eine Rivalität mit dem Ensemble seines Vaters entstand. Johann Strauss I, Komponist des weltberühmten Radetzky-Marsches (1848), wurde von seinem Sohn ohne Zweifel übertroffen. 

Nach dessen Tod fusionierte Johann Strauss II beide Orchester. Die qualitätvolle Unterhaltungsmusik aus seiner Feder ließ Strauss’ Ruhm rapide wachsen. Er wurde nach Russland eingeladen, wo er neun Jahre nicht nur gewinnbringende Gastspiele gab, sondern auch zahlreiche Werke komponierte.

Mitte der 1860er Jahre begann er auf Anregung seines Kollegen Jacques Offenbach Operetten zu schreiben. Anfang 1871 hatte sein erstes Bühnenwerk «Indigo und die 40 Räuber» in Wien Premiere. Drei Jahre später hob er «Die Fledermaus» aus der Taufe, die sein größter Erfolg werden sollte. Strauss’ «komische Opern», wie er sie nannte, sind voller spritziger, ansteckender Melodien. Er versteht es, die Handlung dramatisch-musikalisch wirksam aufzubauen, seine Fantasie scheint keine Grenzen zu haben. 

Genialer Kollege

Die zeitgenössischen Tonschöpfer kennen seine Leistungen in jeder Hinsicht an, nicht nur diejenigen, die sich der leichten Muse verschrieben haben, sondern auch die prominentesten Vertreter der ernsten Musik. Giuseppe Verdi, der führende Opernkomponist Italiens, äußert: «Ich verehre ihn als einen meiner genialsten Kollegen.» Johannes Brahms, mit dem ihn eine enge Freundschaft verbindet, meint: «Er ist der Einzige, den ich beneide – er trieft von Musik, ihm fällt immer etwas ein.» Und Richard Wagner, der sich nicht gerade durch Großzügigkeit und Edelmut auszeichnet, urteilt: «Johann Strauss ist der musikalischste Schädel der Gegenwart.»

Am 3. Juni 1899, vor 125 Jahren, starb Johann Strauss in Wien an einer Lungenentzündung. Die Trauerfeier nahm mehrere Tage in Anspruch. Nicht weniger als 161 Kränze ließen Verwandte, Freunde, Verehrer und Institutionen am Sarg niederlegen. Am Grab hielt der Bürgermeister von Wien Karl Lueger eine Ansprache und unter den zahllosen Trauergästen kam alles, was in Wien Rang und Namen hatte, vom Klavierbauer Ludwig Bösendorfer bis zum Komponisten Gustav Mahler.

Johann Strauss’ Vermächtnis sprengt eindeutig den Rahmen der Unterhaltungsmusik. Das ist durchaus nicht eine Aussage von heutigen Musikwissenschaftlern, sondern eine Feststellung seiner Zeitgenossen: Als Strauss einmal auf den Autographenfächer seiner Stieftochter Alice die Eingangstakte von «An der schönen blauen Donau» kritzelte, schrieb Johannes Brahms darunter: «Leider nicht von Johannes Brahms.» 

Johann Strauss – Diskographische Hinweise

«Die Fledermaus»

Hilde Gueden (Rosalinde), Waldemar Kmentt (Eisenstein), Regina Resnik (Orlofsky), Erika Köth (Adele) u. a. Wiener Staatsopernchor, Wiener Philharmoniker/Herbert von Karajan (Decca, 2 CDs)

Der Klassiker unter den «Fledermaus»-Aufzeichnungen. Beim Souper in Orlofskys Gartensalon treten Weltstars der Decca wie Renata Tebaldi, Birgit Nilsson, Mario del Monaco, Joan Sutherland, Ljuba Welitsch und Jussi Björling auf. Unübertroffen komisch als Frosch: Erich Kunz.   

Walzer Boston

Symphony Chamber Players (Deutsche Grammophon, 1 CD) 

Transkriptionen für Kammerensemble von Johann-Strauss-Walzern von Alban Berg, Anton Webern und Arnold Schoenberg.  

«Der Zigeunerbaron» Alfred Poell (Homonay), Karl Dönch (Carnero), Hilde Zadek (Saffi), Julius Patzak (Barinkay), Kurt Preger (Zsupán), Emmy Loose (Arsena) u. a. Wiener Staatsopernchor, Wiener Philharmoniker/Clemens Krauss (Decca, 2 CDs)

Die Aufnahme entstand zu Beginn der 1950er Jahre mit führenden Kräften der Wiener Opernszene. 

«An der schönen blauen Donau»

Berliner Philharmoniker/Herbert von Karajan (Deutsche Grammophon, 1 CD)

Walzer, Polkas, Ouvertüren und Märsche von Johann Strauss, 1980 zu Beginn der Digitalära eingespielt.

  

Strauss-Jahr 2024 und 2025:

In diesem Jahr wird nicht nur an den 125. Todestag von Johann Strauss gedacht. Auch der 175. Todestag seines Vaters, Johann Strauss I, wird am 25. September begangen. 

2025 wird vor allem in Wien groß als Strauss-Jahr gefeiert werden: Von Januar bis Dezember finden viele Konzerte und andere Veranstaltungen anlässlich des 200-jährigen Geburtstags von Johann Strauss I am 3. Juni statt. 

Das Johann-Strauss-Denkmal im Wiener Stadtpark
foto: böhringer friedrich, CC BY-SA 2.5

In der österreichischen Hauptstadt werden im Konzerthaus, im Theater an der Wien, in der Volksoper und Staatsoper sowie an anderen Orten Musik aus verschiedenen Genres gespielt. Wiener Orte aller 23 Bezirke machen die Bühne frei für die Musik des großen österreichischen Komponisten.

Ein Überblick über das Festprogramm «Wien in Strauss und Braus» mit einer Premiere wöchentlich befindet sich auf der Seite: 

www.johannstrauss2025.at

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