«Aufgaben, Abwechslung und Überraschungen»
Es geht um meine Erfahrungen mit unserer Hundezucht – aber nicht als Fachmann, denn Experte bin ich ganz und gar nicht. Ich will vielmehr ganz persönliche Erfahrungen und Beobachtungen schildern.
Wie sind wir also auf unsere Hunde gekommen und welche Erlebnisse haben wir mit ihnen gehabt? Ich rede von «wir», denn die Idee uns Hunde anzuschaffen, die hatte mein Partner Ángel. Er hatte auch den Wunsch, dass es gleich mehrere sein sollten und verschiedene Rassen, und dass wir dann mit den Nachkommen ein wenig die Rente aufbessern könnten. Ich habe nachgegeben, weil er sich damit seinen Traum nach einer Familie, die er nie hatte, erfüllen konnte und in der Erwartung auf eine therapeutische Wirkung, denn Hunde zu halten macht verantwortlich, verbindet einander und versorgt einen mit allerlei Aufgaben, Abwechslung und Überraschungen. Und natürlich gab es auch die Hoffnung, dass sich die Investition lohnen werde. Denn Rassehunde sind nicht billig und Hundehalten verursacht ständige Kosten.
Alle acht lieben das Ausgehen
Zu uns kamen zuerst drei Border-Collies: Chapulín, das Männchen, das zum Anführer aller wurde; Lechuga, das Weibchen, Zweite in der Rangordnung, und die Dritte war Mía, die immer etwas Abstand hält. Border-Collies sind Schäferhunde, intelligent, lebhaft und würden am liebsten den ganzen Tag beschäftigt werden. Schade, dass wir keine Schafe haben!
Danach kamen drei Hunde der Rasse Pomeranian oder Zwergspitz dazu, mit dichtem, wolligem Fell, die sich am wohlsten fühlen, wenn sie auf den Arm genommen werden. Sie sind nicht ganz so gehorsam wie die Collies. Sie sind die teuersten, denn die Aufzucht der Zwergspitze ist sehr heikel. Sie heißen Monachita, Willy und Thomy.
Und schließlich noch zwei Yorkshire Terrier: niedliche und den Herrchen gegenüber zutrauliche und zärtliche kleine Hunde, Fremden gegenüber aber eher bellfreudig. Ángel hat sie Diecisiete und Dieciocho getauft, Namen aus der Zeichentrickserie «Dragonball».
Unsere Hunde haben nun das Glück, am Ende der Welt zu leben, sie haben viel Platz im Garten hinterm Haus. Was sie aber trotzdem am dringendsten wollen, ist das Ausgehen. Zweimal am Tag springen sie um die Wette ins Auto und ich fahre mit ihnen an einen etwa drei Kilometer entfernten Strand am Llanquihue-See, wo kaum mal ein anderer Mensch und noch seltener einer mit Hund auftaucht. Da können sie dann frei laufen – im Sand, über Felsen im Wasser, über Felder und unter Bäumen am Waldrand. Es ist eine Wonne, ihnen dabei zuzusehen!
Dabei verhält sich jeder anders: Chapu sucht sofort nach einem Stück Holz und wartet darauf, dass ich es fortwerfe, um es dann zu schnappen und sich danebenzulegen. Lechuga schnappt nur manchmal zu, wenn sie Lust hat und bringt dann das Stöckchen zurück. Mía ihrerseits schnappt plötzlich mal das Stück Holz weg, läuft damit los und die anderen beiden verfolgen sie.
Falls doch mal Menschen auftauchen, werden sie alsbald von Mía begrüßt. Glücklicherweise sind die meisten Chilenen hundefreundlich.
Monachita bettelt die ganze Zeit darum, auf dem Arm getragen zu werden. Dieciocho geht ihre eigenen Wege und man muss ständig nachschauen, wo sie gerade herumtrödelt. Diecisiete bleibt meist treu an meiner Seite. Und die anderen reißen öfters mal weiter aus, und ich muss warten, bis sie endlich wieder auftauchen.
Abgesehen von der Hauptstraße sind die Wege hier in Las Cascadas zum Glück nicht geteert und voller Schlaglöcher. Das zwingt die Autos zum langsamen Fahren, und deshalb wurden die Hunde mit einer Ausnahme bisher von Unfällen verschont.
Wehe, wenn ich mich nicht um die gewohnte Zeit aufmache, um loszuziehen! Dann beginnt ein Gekratze am Fenster und ein Bellen vor der Tür. Also los geht’s – und die Bewegung tut nicht nur den Hunden gut. Ich würde da vor allem bei schlechtem Wetter, das hier im Süden ja nicht so selten ist, lieber daheim hinterm Ofen sitzenbleiben.
Die Nachzucht
Mit den Border-Collies und den Yorkshire hatten wir vor drei Jahren Anfängerglück. Die drei Weibchen hatten gute Würfe und Ángel konnte alle gut per Internet verkaufen. Diese fielen zudem in die Coronakrisenzeit, wo viele Leute sich einen Hund zulegten.
Mit den Zwergspitzen ist jetzt erst nach drei Jahren ein Wurf gelungen und wir hoffen die niedlichen Kleinen nach drei Monaten (sie brauchen eine längere Aufzucht), abgeben zu können. Dafür war es mit den anderen schwieriger. Nicht immer klappt es mit der Besamung, und auch künstliche Besamung hat nicht unbedingt Erfolg. Auch gab es einen Fehlwurf. Da ist dann die Enttäuschung groß – nach so viel Arbeit und Erwartung.
Auch ist die Nachfrage gesunken. Weibchen verkaufen sich leichter als Männchen. Inzwischen weiß ich warum: Wenn eines der Männchen sich mal ins Haus verirrt, hinterlässt es an jedem Tischstempel und jedem Stuhlbein seine Markierung. Das ist zumindest einer der Gründe für die Bevorzugung von Weibchen.
Die heikelste Zeit beginnt, wenn die Weibchen läufig sind. Da erwachen dann die Hormone der Männchen und es beginnt ein großer Andrang und Streit untereinander. Die Weibchen müssen beschützt werden, denn für die Männchen spielt die Rasse keine Rolle, wir aber wollen reinrassigen Nachwuchs.
Ernährung und Erziehung
Ein wichtiges Thema ist die Ernährung der Hunde. Es gibt ja Futter in ganz unterschiedlichen Preislagen und unterschiedlicher Qualität. Ángel hat sich für die Barf-Diät entschieden: Das heißt, wir kaufen Frischfleisch, und er kocht Reis mit Gemüse und Obst. Das ist viel Arbeit. Nur wenn mal keine Zeit ist, wird Fertigfutter verabreicht. Die Hunde lohnen es mit glänzendem Fell und lebhafter Gesundheit. Wir hatten, bis auf eine außerhalb verursachte Vergiftung, noch nie einen kranken Hund.
Zählt man die zahlreichen Impfungen und tierärztlichen Untersuchungen hinzu – wozu wir jedes Mal entweder nach Puerto Octay, Osorno, Puerto Varas oder gar nach Valdivia oder Puerto Montt fahren müssen – so ist unsere Hundezucht nur ein mäßiges Geschäft. Aber wie am Anfang geschildert – es ist ja keine professionelle Hundezucht und auch nicht der Hauptzweck unserer Hundehaltung.
Noch einige Worte zur Hunde-Erziehung, die mir gar nicht liegt. Ich konnte noch nie als autoritärer Mensch auftreten. Das ist eine meiner Schwächen, die die Hunde (so wie einst meine Schüler) wohl auszunutzen wissen. Vor Ángel haben sie mehr Respekt, der ist strenger mit ihnen. Dafür werde ich mehr geliebt… Ich bin halt der Opa in der Familie.
Ich bin froh darüber und stolz darauf, dass wir brave Hunde haben, die sehr kinderlieb sind und nicht auf Menschen losgehen, zwar anfangs etwas bellen, sich aber dann gerne streicheln und mit sich spielen lassen.
Sie lehren mich das Staunen darüber, dass es im Tierreich Verhaltensmuster gibt, die man sich im Menschenreich mehr wünschen würde: unbedingtes Vertrauen, Anhänglichkeit und Treue und die Fähigkeit böse Zwischenfälle oder Behandlungen schnell zu vergessen und nicht nachzutragen.
Und noch zum Abschluss, wenn es auch vielleicht lächerlich klingt: Wenn ich morgens dasitze bei meiner Andacht und die drei Kleinen ankommen, mich begrüßen, auf meinen Schoß springen und dort dann brav und ruhig dösen, dann werden sie mir zu Boten Gottes, der mir sagt: «Du bist nicht allein. Du bist geliebt. Friede sei mit dir.»
So mag die Hundezucht zwar wenig Gewinn einbringen, die Hundetherapie ist aber unbezahlbar.