Der inländische Blu-Ray-Markt bietet bekanntlich, was E-Musik anbetrifft, keine große Auswahl an. Dazu kommt, dass bedeutende Produktionen mit einiger Verspätung in die Läden kommen. Letzteres ist mit vorliegender Aufnahme der Fall, die im Jahr 2011 auf Blu-Ray erschien.
Ende März 2005 feierte Pierre Boulez in der Berliner Philharmonie seinen 80. Geburtstag. Daniel Barenboim hatte den französischen Meister eingeladen, um mit dem Chor der Deutschen Staatsoper und der Staatskapelle Berlin Mahlers 2. Sinfonie aufzuführen. Das Konzert stand unter dem Motto «Hommage à Pierre Boulez», der sich in deutschen Landen nicht nur als Komponist, sondern hauptsächlich als Dirigent spätestens 1976 mit Wagners «Ring des Nibelungen» in Bayreuth zur Musikerpersönlichkeit ersten Ranges hochstilisiert hatte.
Der rüstige Jubilar betritt behenden Schrittes das Podium, bewältigt das knapp anderthalbstündige Werk anscheinend mühelos und zeigt beim Schlussapplaus nicht die geringste Ermüdungserscheinung. Die großen Dynamikschwankungen kostet er voll aus, ohne plakativ zu wirken und wählt wie gewohnt eine Spur raschere Tempi als die meisten seiner Kollegen, womit ihm eine erfrischende Wirkung des Riesenwerks glückt.
Petra Lang trägt das «Urlicht» besinnlich-sanft vor, dosiert gekonnt ihre Emotionen und gestaltet den feierlichen Choral zu Herzen gehend. Auch Diana Damrau nimmt sich zurück und lässt ihr erlesenes Organ mit dem Chor großartig verschmelzen.
Das crescendo zur Schlussapotheose «Auferstehen, ja auferstehen wirst du» baut Boulez ohne Pomp und Pracht aber umso wirkungsvoller auf. Ein gelungener Ausklang, keine Frage.
Die Bildqualität der Platte ist guter Standard. Regisseur Michael Beyer kommt nach altbewährter Art den Einsätzen der verschiedenen Instrumentalgruppen zuvor, setzt allerdings den Akzent auf Großaufnahmen von Altmeister Boulez, dessen Gesichtsausdruck und Zeichengebung stets sachlich bleiben. Auf Untertitel wurde vollends verzichtet. Zweifellos ein Manko bei einem Werk für großen Chor wie diesem, bei dem die Textverständlichkeit nicht optimal sein kann.
Der Ton ist basslastig, was dem allgemeinen Klangbild durchaus guttut. So sind schon die samtenen, volltönenden Kontrabässe zu Beginn des Kopfsatzes ein Genuss.
Außer ein paar Trailer enthält die Platte keine Extras. Im Beiheft erscheint indes dreisprachig ein lesenswerter Aufsatz von Wolfgang Stähr unter dem Titel «Geburtstagsfeier mit Auferstehung». Der Autor schildert unterhaltsam den Beginn der Zusammenarbeit zwischen Boulez und Barenboim, die 1964 zum ersten Mal in der Berliner Philharmonie gemeinsam musizierten. Auf dem Programm stand Béla Bartóks erstes Klavierkonzert. Boulez dirigierte, Barenboim saß am Flügel. Die Partnerschaft wurde mit der Zeit zu einem «Bündnis verwandter Geister». Stähr begründet Boulez‘ Größe eindringlich mit Kollegenzitaten wie «Wir sind eine Generation, die völlig von Boulez geprägt wurde» (Simon Rattle) und zeichnet abschließend ein lebendiges Bild der Entstehungsgeschichte der Zweiten.
Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 2 c-Moll «Auferstehungssinfonie» Deutschland, 2011. Regie: Michael Beyer. Produktion: Paul Smaczny. Schnitt: Steffen Herrmann. Ton: Toine Mertens. Mit Diana Damrau (Sopran), Petra Lang (Mezzosopran), Chor der Deutschen Staatsoper Berlin, Staatskapelle Berlin/Pierre Boulez. Spieldauer: 89 Min.
Bild ***
Ton ****
Darbietung *****
Extras **