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sábado, 18. mayo 2024
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Drei Polizisten in der Region Biobío ermordet

Sicherheitskrise und Staatstrauer

Das verbrannte Polizeifahrzeug der drei Carabineros, die beim Aussteigen erschossen wurden
foto: @Carabdechile

Inmitten einer schweren Sicherheitskrise haben unbekannte Angreifer in der Araucanía drei Polizisten in ihrem Streifenwagen erschossen. Präsident Gabriel Boric bezeichnete die Tat als terroristisch und ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.

(sik) Der Anschlag ereignete sich am 27. April, als die Carabineros ihr 97-jähriges Bestehen begehen wollten. Alle Feierlichkeiten wurden abgesagt.

Bisher hat sich niemand zu dem Verbrechen bekannt. Es gab auch trotz intensiver Fahndungen und einer Ausgangssperre in den Gemeinden Contulmo, Cañete und Tirúa bisher keine Festnahmen. 

Die Ermordung der drei Carabineros in der Gemeinde Cañete in der Region Biobío ist der Höhepunkt der seit Jahren eskalierenden Gewalt im Süden Chiles und der Kriminalität im ganzen Land. Der Anschlag gilt als der schwerste, der seit der Rückkehr zur Demokratie 1990 auf Polizisten verübt wurde.

Beileidsbekundungen und Märsche im ganzen Land

Die ermordeten Polizisten Carlos Cisterna, Sergio Arévalo und Misael Vidal waren zwischen 30 und 43 Jahre alt und hinterließen kleine Kinder. In verschiedenen Städten gingen Menschen auf die Straße, um ihrer Erschütterung über die Tat Ausdruck zu verleihen und das Verbrechen zu verurteilen. Unter anderem wurde in La Serena eine Messe gelesen und es gab Märsche in Santiago und Concepción sowie eine Totenwache in der Polizeistation von Los Álamos, wo die verstorbenen Carabineros arbeiteten.

Die drei Polizisten waren in den frühen Morgenstunden, 27. April, nahe der Ortschaft Cañete in der Region Biobío auf der Fahrt im Streifenwagen in einen Hinterhalt geraten, wurden erschossen und ihre Körper und der Pick-up verbrannt. Laut Emol wurden den Ermordeten die Waffen und Munition gestohlen. Auf das Fahrzeug waren vier Schüsse abgegeben worden. Da diese aber nicht eingedrungen waren, wird davon ausgegangen, dass die Polizisten das Fahrzeug verlassen haben, woraufhin die Täter das Feuer eröffneten und die drei Männer töteten. Anschließend setzten die Angreifer den Wagen und die Leichen in Brand, sodass die Carabineros nur durch DNA-Untersuchungen identifiziert werden konnten. Die Beamten befanden sich laut La Tercera auf Kilometer 24 der Ruta P-72-S, zwischen Cañete und Tirúa.

Staatspräsident und Regierungsvertreter vor Ort

Die Spannungen bestehen seit Jahrzehnten in der Region. Allerdings hat die Gewalt, die sich in Raubüberfällen, Brandanschlägen und alltäglicher Abholzung oder Holzdiebstahl niederschlägt, ein solches Ausmaß angenommen, dass die Macrozona Sur, die Araucanía und Teile der Region Biobío, vor zwei Jahren unter einen verfassungsmäßigen Ausnahmezustand gestellt wurde. Dazu gehören unter anderem eine verstärkte Polizeipräsenz und die Zusammenarbeit der Carabineros mit dem Militär, um die Sicherheit der Bewohner zu gewährleisten. Inzwischen scheinen zunehmend Kriminelle des organisierten Verbrechens und Drogenbanden mit radikalisierten Mapuche-Gruppen zu kooperieren.

Präsident Boric und Innenministerin Tohá machen sich vor Ort ein Bild.
foto: prensa presidencia/ Fernando Ramirez

Präsident Gabriel Boric hat eine dreitägige Staatstrauer angeordnet. Er reiste zusammen mit verschiedenen Vertretern der Regierung und staatlicher Behörden, wie Verteidigungsministerin Maya Fernández, Álvaro Elizalde (Generalsekretär des Präsidialamts), Camila Vallejo (Generalsekretärin der Regierung) und Antonia Orellana (Ministerin für Frauen und Gleichstellung) zum Ort des Geschehens. Außerdem begleiteten Boric der Präsident des Obersten Gerichtshofs, Ricardo Blanco Herrera, die Präsidenten der beiden Kammern des Parlaments, Karol Cariola (Abgeordnete) und José García Ruminot (Senat), Staatsanwalt Ángel Valencia, der Generaldirektor des PDI, Eduardo Cerna, die Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Abgeordnete der Sicherheits- und Verteidigungsausschüsse. Innenministerin Carolina Tohá und der Generaldirektor der Carabineros, Ricardo Yáñez, waren bereits in der Region Biobío.

Yáñez sollte am 7. Mai seinen Posten räumen, weil er unter anderem angeklagt worden war unrechtmäßige Inhaftierungen während der sozialen Unruhen im Oktober 2019 zugelassen zu haben. Aufgrund des Anschlags hat sich die Regierung für seinen Verbleib entschieden. 

Boric beschwört Einheit

Boric betonte auf einer Pressekonferenz mit allen Regierungsvertretern, bevor er in die Region aufbrach, dass «alle Anwesenden bereit sind, geschlossen gegen diese schreckliche und inakzeptable Tat vorzugehen. Wir werden nicht ruhen, bis wir die Schuldigen gefunden haben». Der Präsident wies daraufhin, dass der Anschlag «nicht nur vom chilenischen Staat, sondern von der gesamten chilenischen Gesellschaft verurteilt und abgelehnt werden muss». Außerdem betonte Boric: «Ich versichere den Chilenen, dass dieses Verbrechen nicht ungesühnt bleiben wird. Wir werden die Täter zu Luft, zu Wasser und zu Lande suchen, wir werden sie finden und wir werden sie vor Gericht stellen.» 

«Dies ist ein Schlag ins Herz unserer Bemühungen», fügte Tohá hinzu. Dies sein ein Rückschlag, nachdem es im vergangenen Jahr gerade Besserungen in der Zone gab. «Wir haben noch nie ein solches Ausmaß an Grausamkeit und Verrat erlebt.»

In den letzten Jahren hat sich die Sicherheitslage in ganz Chile deutlich verschlechtert: Die Mordrate stieg 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 46 Prozent auf 6,7 Tötungsdelikte je 100.000 Einwohner. Nach Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft standen 57 Prozent der Fälle im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität. Zuletzt hatten vermehrt international operierende Verbrechersyndikate wie der Tren der Aragua aus Venezuela im Norden Fuß gefasst.

Quelle: Emol, La Tercera, dpa

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