Nicht immer einfach zu verstehen, aber enorm einflussreich für die Philosophie der Neuzeit und darüber hinaus: Kants Erkenntnisse waren umwälzend, schufen eine neue Wahrnehmung und dienen bis heute als Handlungsmaximen.
1781 veröffentlichte Immanuel Kant seine wohl wichtigste Schrift: Die «Kritik der reinen Vernunft» bedeutete einen Meilenstein in der Philosophie. In diesem Werk stellte er die seiner Meinung nach wesentlichen Fragen dieser Geisteswissenschaft: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Diese drei münden schließlich in die vierte Frage: Und was ist der Mensch? Seine Antworten regten eine neue Denkweise an. Einer seiner wohl am meisten zitierten Sätze wurde: «Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.» Es war diese Aufforderung zum kritischen Selbstdenken, die einen Wendepunkt in der Philosophie einleitete.
Sein berühmter Kategorischer Imperativ dient auch heute noch als Entscheidungshilfe: «Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.» Also sinngemäß: Was du nicht willst, das man dir tut – das füg auch keinem anderen zu. Kant rief dazu auf, sich von jeglichen Anleitungen, auch religiösen, zu lösen und selbst Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen. Übertragen auf die Politik folgen daraus Prinzipien wie Gerechtigkeit und Menschenrechte – zum Wohl der Gesellschaft.
Kants Konzept der Ethik ist heute aktueller denn je. Wenn politische Systeme versagen oder Krisen schnelles Handeln erfordern, dann kommt seine Forderung zum Tragen: Der vernunftbegabte Mensch hat eine Pflicht gegenüber sich selbst und gegenüber anderen, zur Tat zu schreiten.
In seinem Essay «Zum ewigen Frieden» erkannte Kant, dass souveräne Staaten den Frieden wahren, wenn sie sich an bestimmte Prinzipien halten. Eine Zusammenarbeit entsprechend eines föderalen Systems regele Konflikte friedlich – ähnlich wie heute moderne internationale Organisationen arbeiten.
Kant war der Meinung, dass republikanische Staaten, die das Prinzip der Gewaltenteilung vorsahen, eher bereit seien, sich für den Frieden einzusetzen. Eine Verfassung, die auf dem Prinzip der Volkssouveränität beruht, sei der beste Garant für Freiheit und Rechte der Einzelnen.
Meinungsfreiheit und Bildung waren für ihn Voraussetzung, damit Bürger rationale Entscheidungen treffen können. Seine Vorstellung von einer Gesellschaft, in der Bürger aktiv am politischen Diskurs teilnehmen, bildete die Grundlage der Aufklärung.
Kant ist der bis heute am meisten rezipierte Philosoph. Es gibt in Deutschland die 1904 gegründete Kant-Gesellschaft in Halle/Saale, die Kant-Forschungsstelle an der Universität Mainz, das Bonner Kant-Korpus zur elek-
tronischen Veröffentlichung von Kants Schriften und das Marburger Kant-Archiv.
Wie weit Kants Gedanken in die Welt ausstrahlten, zeigt die 1916 in der japanischen Hauptstadt Tokio eröffnete Halle zu Ehren der größten Weisen der Welt. Das Gebäude wurde nach Sokrates (Griechenland), Buddha (Indien), Konfuzius (China) – und Immanuel Kant aus Königsberg benannt.