Katharina von Bora war zunächst Nonne, wurde dann Ehefrau des Reformators Martin Luther. Sie übernahm den großen Haushalt Luthers, der sich ganz auf seine Schriften und Lehren konzentrieren konnte. Seine «Käthe» erwies sich als arbeitsame und gut organisierte Wirtschafterin, die für ihn aber auch als Gesprächspartnerin und Beraterin eine wichtige Stütze war.
Katharina von Bora
wurde am 29. Januar 1499, vor 525 Jahren, südlich von Leipzig geboren. Sie entstammte einem verarmten Meißner Adelsgeschlecht und wurde nach dem frühen Tod ihrer Mutter als Fünfjährige in die Klosterschule des Augustiner-Chorfrauenstifts in Brehna gebracht. Als sie zehn Jahre alt war, zog sie zu ihrer Tante, der Äbtissin Margarethe von Haubitz, in das Zisterzienserkloster Marienthron in Nimbschen. Dort lernte sie lesen und schreiben und ein wenig Latein. 1515 legte sie ihr Gelübde als Nonne ab.
Wenige Jahre später drangen die reformatorischen Ideen Martin Luthers auch in ihr Kloster. Durch die Lektüre seiner Schriften inspiriert, entschlossen sie und weitere acht Mitschwestern sich, das Kloster zu verlassen. Sie baten Luther um Hilfe, der ihnen einen Wagen schickte: So flüchteten die Nonnen 1523 in der Karfreitagsnacht hinter Heringsfässern versteckt. Drei der Nonnen konnten bald zu ihren Familien zurückkehren, die übrigen wurden verheiratet, um versorgt zu sein.
Katharina findet Aufnahme im Haus des Malers Lucas Cranach d. Ä. in Wittenberg. Bei ihr verlief die Ehevermittlung nicht so einfach. Die Eltern ihres ersten Ehekandidaten, Hieronymus Baumgartner, Leiter des Kirchen- und Schulwesens und Ratsherr in Nürnberg, waren gegen die Hochzeit ihres Sohnes mit einer Besitzlosen und zudem entlaufenen Nonne. Den Antrag des Theologieprofessors Kaspar Glatz aus Orlamünde lehnte Katharina kategorisch ab.
Martin Luther selbst hatte lang nicht ans Heiraten gedacht, doch nun sah er sich in der Pflicht, sich um ihr Schicksal zu kümmern. Als er um ihre Hand anhielt, stimmte sie sofort zu. Beide heirateten am 13. Juni 1525 und zogen in das ehemalige «Schwarze Kloster» in Wittenberg, einstiges Kloster für Augustiner-Eremiten. Empfanden sie bei der Hochzeit vor allem Achtung voreinander, erwuchs im Laufe der Jahre ihres Zusammenlebens aus ihrem Vertrauensverhältnis schließlich eine tiefe Liebe.
Die Nachricht der Hochzeit zwischen dem ehemaligen Augustinermönch und der entflohenen Nonne, die beide das Gelübde des Zölibats abgelegt hatten, wurde von der katholischen Kirche als Provokation angesehen.
Die fleißige Wirtschafterin
Katharina schaffte ihrem Mann im «Schwarzen Kloster» in Wittenberg ein echtes Zuhause. Luther hatte sich bis dahin wenig um seine Einnahmen gekümmert, sich zudem sehr freizügig gegenüber Freunden gezeigt, war teils auch verschwendungssüchtig und so begann seine Ehe mit Schulden. Luthers Ehefrau aber wirtschaftete umsichtig mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln. Durch ihr Organi-
sationstalent gelang es ihr, die immer größer werdende Familie und die Dauergäste im Lutherhaus zu versorgen.
Gegen den Widerstand ihres Mannes verstand sie es, redegewandt Argumente vorzubringen, sodass Luther am Ende meist seine Zustimmung gab, zum Beispiel, als es darum ging, Land zu kaufen, das dann seine «Käthe» bewirtschaftete. Mit der Viehhaltung, Bienenzucht, Bierbrauerei, Gärtnerei und dem Weinanbau ermöglichte sie es dem Hausherrn, seinen Lebensstil beizubehalten, den Gästen und Freunden Mahlzeiten zu servieren und auch Glaubensflüchtlinge im Haus zu beherbergen. Auch Verwandte wurden zeitweilig aufgenommen.
Die «Lutherin», wie Luther seine Frau manchmal ehrfürchtig nannte, erwies sich zudem als begabte Baumeisterin, die zur Vergrößerung des Wohnhauses Wände herausreißen, neue Wände ziehen, Treppen bauen, Böden begradigen und Rohranschlüsse legen ließ. Über ihre vielen Tätigkeiten sagte sie einmal: «Ich muss mich in sieben Teile zerlegen, an sieben Orten zugleich sein und siebenerlei Ämter verwalten. Ich bin erstens Ackerbürgerin, zweitens Bäuerin, drittens Köchin, viertens Kuhmagd, fünftens Gärtnerin, sechstens Winzerin und Almosengeberin an alle Bettler in Wittenberg, siebtens aber bin ich Doktorissa, die sich ihres berühmten Gatten würdig zeigen und mit 200 Gulden Jahresgehalt viele Gäste bewirten soll.»
Nur mithilfe von vielen Knechten und Mägden konnte sie diesen großen Haushalt bewältigen. In seinen Tischreden sagte Luther: «Meine Frau kann mich überreden, sooft es ihr beliebt, denn sie hat in ihrer Hand allein die ganze Herrschaft. Ich gestehe ihr zwar gern die ganze Herrschaft im Hauswesen zu, aber ich will mein Recht auch unverletzt und uneingeschränkt haben, und Weiberregiment hat nie etwas Gutes ausgerichtet.»
«Lieber Herr Doktor Käthe»
Katharina brachte innerhalb von acht Jahren sechs Kinder zur Welt, von denen drei Söhne und eine Tochter das Kindesalter überlebten. Sie war eine nachsichtige Mutter, Luther hätte seine Kinder lieber strenger erzogen.
Als einzige Frau nahm sie auch an den Tischgesprächen teil, obwohl ihre Beiträge nicht eigens überliefert sind. Sie verehrte ihren Mann, unterwarf sich ihm jedoch nicht, und verstand es, ihre Meinung in den praktischen Dingen des Lebens durchzusetzen. In vielen Gesprächen zu politischen und theologischen Themen gab sie ihm Anregungen, insbesondere auch zum Umgang mit seinen Widersachern.
Welche Bedeutung seine Frau in Luthers Leben hatte, ging auch aus den scherzhaften Anreden in seinen Briefen hervor, in denen er sie als «lieber Herr Doktor Käthe», seine «Predigerin zu Wittenberg» und auch als seine «herzliebe Hausfrau» bezeichnete. Wie unentbehrlich sie für ihn war, spiegeln auch seine folgenden Worte wider: «Ich habe meine Käthe lieb, ja ich habe sie lieber, denn mich selber, dass ist gewißlich wahr; ich wollte lieber sterben, denn daß sie und die Kinderlein wollten sterben.»
Die Witwe und ihr Erbe
Tatsächlich starb Luther vor ihr – aber auch ihr brachte sein Tod 1546 große Schwierigkeiten. Luther hatte sie in seinem Testament zwar als Alleinerbin bestimmt und ihr Rechte übertragen, die eigentlich damals Frauen nicht zustanden, aber das Testament wurde zunächst nicht anerkannt. Hinzu kam, dass man ihr die Söhne entziehen wollte, da sie damals selbst als alleinstehende Frau einen Vormund gebraucht hätte. Durch das Eingreifen des Kurfürsten Johann Friedrich I. von Sachsen wurden ihr dann aber ein Großteil des Erbes und der Rechte zuerkannt sowie der Verbleib der Kinder bei ihr zugesprochen. Finanziell wurde sie auch von Christian III. von Dänemark und von Herzog Albrecht von Preußen unterstützt. So konnte sie im «Schwarzen Kloster» bleiben, musste aber während des Schmalkaldischen Krieges 1546/47 nach Magdeburg fliehen. Als sie danach zurückkehrte, fand sie ihren Besitz verwüstet vor und hatte große Mühe ihre Familie über Wasser zu halten. Als 1552 die Pest ausbrach, floh sie mit ihren Kindern nach Torgau. Kurz vor dem Ziel jedoch verunglückte der Wagen und Katharina verletzte sich dabei schwer, so dass sie drei Wochen später am 20. Dezember 1552 an den Folgen des Unfalls starb.
Katharina war für Luther die richtige Frau, die dem Reformator den nötigen Freiraum schaffte, um seine Ideen und Schriften zu verbreiten. Der Doktor Luther und seine «Doktorin Käthe» bildeten eine Einheit, ohne die die Reformation wohl anders verlaufen wäre.
Quelle: Martin Luther, Tischreden, Nr. 784, Stuttgart 1981, S. 290 Empfehlung: