Nicht nur General Emil Körner, auch Oberst Gustav Betzhold trug nach seiner Laufbahn bei der Königlich-Preußischen Armee zu Chiles Militärgeschichte bei. Dies recherchierte sein Nachfahre Alexander Betzhold, der als Tiermediziner Berater der IV. Armee-Division in Coyhaique ist und als Assistenzprofessor an der Universidad Andrés Bello tätig ist.
Nach dem Pazifikkrieg (1879-1883) beschloss die chilenische Regierung die Armee statt nach dem bisherigen Vorbild des französisch-napoleonischen Stils entsprechend der Königlich-Preußischen Armee, der siegreichen Militärmacht im Deutsch-Französischen Krieg (1870-1871), zu modernisieren. Präsident Balmaceda leitete Verhandlungen mit Deutschland ein, die unter anderem zur Einstellung von Ausbildern, zum Erwerb von Waffen und Uniformen führten. Auch die Küstenbefestigung sollte verbessert werden, um Häfen wie Valparaíso und Talcahuano bei möglichen Angriffen verteidigen zu können. 1889 wurde der chilenische Militär- und Marineattaché Konteradmiral Juan José Latorre in Frankreich gebeten, einen Ingenieur dafür einzustellen, der einer Sonderkommission aus Angehörigen des Heeres und der Marine unterstellt werden sollte. Diese hatte bereits die deutsche Friedrich Krupp AG in Essen als Lieferant ausgewählt.
Daraufhin kam Major Gustav Betzhold, Kommandeur des Ingenieurkorps der Königlich-Preußischen Armee im Ruhestand, auf Empfehlung der Firma Krupp nach Chile. Von 1989 bis 1896 war er als Berater und technischer Leiter für die Planung und den Bau von Befestigungsanlagen an der Küste sowie die Aufstellung und Erprobung von Artilleriegeschützen zuständig. Er hatte in Deutschland am Bau der damals modernsten Festungen im Westen (Köln, Saarlouis) mitgewirkt und verfügte über Erfahrungen in der Installa-tion der 28-cm-Haubitzen von Krupp. So wurde 1889 in Chile ein technisches Büro eingerichtet, aus dem bald die Direktion für Küstenbefestigungen und später die Generaldirektion für Befestigungen und die 5. Sektion des Generalstabs des Heeres hervorgingen.
Major Betzholds Arbeiten zwischen 1889 und 1891 wurden durch den Bürgerkrieg unterbrochen und 1892 fortgesetzt – nun unter der Leitung des preußischen Generals Emil Körner, der zuvor als ausländischer Ausbilder unter Vertrag genommen worden war und auf der Seite der Kongressarmee, die Präsident Balmaceda besiegte, am Bürgerkrieg teilgenommen hatte.
1894 wurde der Vertrag von Major Betzhold nach Verhandlungen von General Körner mit der Regierung verlängert und er wurde zum Oberst ernannt.
Gustav Betzhold ist am 21. September 1843, vor 180 Jahren, in Krakau geboren. Er war der Älteste von fünf Söhnen von July von Ury, einer ungarischen Adeligen, und Franz Friedrich Christian Betzhold, Forst- und Wirtschaftsrat des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz. Als deutscher Staatsbürger des Großherzogtums verbrachte Gustav die ersten zwölf Jahre seines Lebens in Polen. In Krakau und Warschau besaß sein Vater Zuckerrübenfelder, die später beim Einfall der russischen Kosaken in Polen enteignet wurden. Seine militärische Laufbahn begann Gustav als Offiziersanwärter in der Königlich-Preußischen Armee, 1864 wurde er zum Fähnrich im Ingenieurkorps im Brandenburgischen Pionier-Bataillon ernannt.
Quelle: Dr. Alexander Betzhold