Der Architekt des «Westfälischen Versailles»
Immer größer, immer eindrucksvoller, immer pompöser – das war die Maxime des Spätbarocks und des Wittelsbacher Kurfürsten Clemens August. Für Johann Conrad Schlaun, einer der bedeutendsten Architekten dieser Zeit, bot das Fürstbistum von Münster und Paderborn den idealen Boden für seine Karriere.
(PD, sik) Seine Heimat Paderborn und seine spätere Wahlheimat Münster verdanken Johann Conrad Schlaun einige ihrer schönsten Bauten. Die Kombination von Sandstein mit rotem Backstein und die weißen, mehrfach gegliederten Fenster wurden sein Markenzeichen, sodass man heute von der «Westfälischen Sinfonie» spricht. Der Baumeister und General der Artillerie entwarf im Stil des Westfälischen Barock Residenzen, Jagdschlösser, Stadthäuser, Kirchen und ganze Städte, wie Nottuln bei Münster.
Johann Conrad Schlaun kam am 5. Juni 1695 als Sohn des Amtmanns, Heinrich Schlaun, und dessen Ehefrau Agnes Berendes in Nörde bei Warburg im Hochstift Paderborn zur Welt. Nach dem Besuch des Gymnasiums trat er 1712 in den Militärdienst ein und absolvierte parallel eine Ausbildung zum Vermessungsingenieur. Die Verbindung einer militärischen Karriere mit der Tätigkeit als Architekt war im Zeitalter des Barocks durchaus üblich, wie das Beispiel von Johann Balthasar Neumann zeigt, mit dem Schlaun später zusammenarbeitete.
Als «Sonnenkönig vom Rhein» eiferte Clemens August, der sich viel lieber der Kunst und der Jagd als der Politik widmete, seinem großen französischen Vorbild nach. Für Johann Conrad Schlaun war das Erzbistum daher ein Paradies, um seine bodenständigen und gleichzeitig eleganten Bauten zu verwirklichen.
Der Ingenieur empfahl sich 1719 dem zum Fürstbischof von Paderborn und Münster gewählten Prinzen aus dem Hause Wittelsbach Clemens August mit einer sorgfältig ausgeführten Ansicht der Bischofsstadt Paderborn mitsamt einem Vorschlag zur Feier von dessen Inthronisierung 1720: Für den dreitägigen Empfang des 18-jährigen Regenten in Paderborn entwirft der fast ebenso junge Westfale ein großartiges Feuerwerk.
Sein erstes Hauptwerk wurde ab 1725 der Umbau der Landesfestung Augustusburg in Brühl zum Residenzschloss des Kurfürsten. Mit dem Schloss Nordkirchen schuf Schlaun das größte
und imposanteste Wasserschloss im Münsterland. Es unterscheidet sich durch seine symmetrische Bauweise von den übrigen Wasserburgen
in der Region. Die weitflächige Anlage mit ihrer französischen Gartenarchitektur und den Ziegelsteinen wird bis heute als «Westfälisches Versailles» bezeichnet.
Es folgte das bezaubernde Backstein-Rokoko-Jagdschloss Clemenswerth im Emsland als zweistöckiges Gebäude in der Mitte und einem Ring aus acht freistehenden Pavillons. In Münster zählt der Erbdrostenhof in der Stadtmitte zu seinen schönsten Herrensitzen. Bedeutend ist auch der Bischofspalast, heute als «Schloss Münster» und Sitz der Universität bekannt, der nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut wurde.
In Münster baute er für seine Frau und seine fünf Kinder das Rüschhaus. Das Landhaus im Charakter eines westfälisch ländlichen Wirtschaftsgebäudes mit einem Rokoko-Mittelstück wurde später der Hauptsitz der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff.
Vor 250 Jahren, am 21. Oktober 1773, ist der berühmte Baumeister des barocken Backsteins gestorben: Johann Conrad Schlauns Grab befindet sich in der Überwasserkirche von Münster.