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«Lieb Vaterland magst ruhig sein»

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Von Karla Berndt

Johannes Mario Simmel: Lieb Vaterland magst ruhig sein, Verlag: Knaur, 609 Seiten

West-Berlin 1964. Exakt drei Jahre liegt nun der Bau der Berliner Mauer zurück, die die Stadt durchschneidet und Familien und Freunde brutal voneinander getrennt hat. Allmählich hat sich der Alltag eingestellt. Diese scheinbare «Normalität» bringt Touristen aus aller Herren Länder in den Westen Berlins, die zum «Gruseln» auch an die Mauer gefahren werden und den «antifaschistischen Schutzwall» zu einem ganz normalen Teil einer Stadtrundfahrt und Besichtigungstour reduziert – mit Blick auf die kommunistischen Bewacher, die auf den Dächern der Ostseite der geteilten Stadt das Treiben im Westen Berlins genau beobachten, inklusive. 

Ausgerechnet an diesem Jahrestag, wo die DDR-Stellen in höchster Alarmbereitschaft sind und alle Kräfte in Richtung Grenzübergänge wie auch Checkpoint Charlie abgestellt wurden, ist mal wieder eine Reihe von DDR-Bürgern vollkommen unbemerkt durch einen Tunnel vom Osten in den Westen der Stadt entkommen. Die freie Welt jubiliert, die westliche Presse lacht über das Schnippchen, das man der DDR geschlagen hat, während in Ostberlin die Wut bei den SED-Oberen ihren Siedepunkt erreicht. Drahtzieher dieser erneut gelungenen Fluchthilfe ist der schwergewichtige Otto Fanzelau, der neben seinem eigentlichen Beruf einer ganz besonders gefährlichen Tätigkeit nachgeht: Er ist Fluchtorganisator und hilft auf mannigfaltige Weise verzweifelten Ostberlinern und DDR-Bürgern, den Eisernen Vorhang hinter sich zu lassen.

Hier eine kurze Leseprobe:

Nachts am Eingang zu einem Fluchttunnel in Ostberlin. Die Menschen stehen Schlange, um durch den Tunnel in den Westen der Stadt zu gelangen. Einer nach dem Anderen verschwinden sie in der Öffnung. Plötzlich stockt alles… «Was ist eigentlich los bei euch? Ununterbrochen kommen Neue in den Hof rein, aber seit einer Viertelstunde kommt keiner mehr rüber!» «Reg dich nicht auf, ein Betriebsunfall. Eine Frau. Zu dick. Schafft den Einstieg nicht. Steckt hoffnungslos fest»…

Der Autor dieses Romans, Johannes Mario Simmel (* 7. April 1924 in Wien; † 1. Januar 2009 in Luzern) war ein österreichischer Schriftsteller und Drehbuchautor. Mit seinen Bestsellerromanen, die sich oft mit zeitgeschichtlichen Themen auseinandersetzten, erreichte er ein Millionenpublikum: Seine 35 Romane erzielten eine Gesamtauflage von über 73 Millionen verkaufter Exemplare. Sie wurden in 30 Sprachen übersetzt und teilweise verfilmt. Ausserdem schrieb er Kinder- und Jugendbücher, Erzählungen, Dramen, Essays und Drehbücher.

Die 1975 entstandene deutsche Verfilmung des Romans «Lieb Vaterland magst ruhig sein» erhielt ein Jahr später den Bundesfilmpreis. Auf Youtube können Sie den Film kostenlos anschauen.

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