«Der Mensch, der nicht spielt, hat für immer das Kind verloren, das in ihm lebte und das ihm sehr fehlen wird.»
Haben Sie schon einmal Pablo Nerudas «Buch der Fragen» gelesen? Als die Chilenin Marty Brito Paut Anfang der 1990er Jahre an der Hochschule für Künste in Bremen Grafikdesign studierte, hörte sie zum ersten Mal von diesem Werk – bei einem Theaterstück, das von Schauspielern aus ihrem Heimatland aufgeführt wurde. Sie war davon so begeistert, dass sie im Rahmen ihres Studiums das Buch «Wohin gehen die Träume» entwickelte – mit ausgewählten Fragen Nerudas und Antworten von Kindern im Alter von acht bis neun Jahren einer chilenischern Schule sowie eigenen, wunderschönen Gravuren. Es erschien 1994 in seiner ersten Ausgabe, weitere Auflagen in deutscher, spanischer und englischer Sprache folgten. Die internationale Pablo Neruda-Stiftung in Santiago hat das Buch als wertvollen Beitrag zur Ehre des Dichters anerkannt und ihre Schirmherrschaft dazu ausgesprochen.
1994 konzipierte, gestaltete und illustrierte sie das Spiel «Begegnung mit Neruda», für das sie aus den 300 Fragen in Nerudas Buch 100 auswählte. «Das Spiel ist eine Einladung, sich mit Pablo Neruda zu unterhalten, sich von seinem Blick führen zu lassen, der die Welt auf den Kopf stellt und sie aus einem Winkel betrachtet, der manchmal fast absurd erscheint. So eröffnen uns Nerudas Fragen einen neuen Raum, der unsere Vorstellungskraft und Kreativität fördert und auch für Humor Platz lässt», erklärt Marty. Wie zum Beispiel diese inspirierenden Dialoge:
Warum wollen die Blätter sterben, wenn sie sich gelb fühlen? Weil das bedeutet, dass Herr Herbst gekommen ist, und wenn er kommt, werfen sie sich ihm alle zu Füβen.
Weshalb nur verbergen die Bäume all die Herrlichkeit ihrer Wurzeln? Weil ihre Herzen durch die Wärme und das Raunen der Erde geschützt sein sollen.
Wer singt vom Grund des Wassers des verlassenen Sees? Das Schweigen.
Den Poeten in uns wecken
Neruda konnte sich für alles begeistern, er hatte eine besondere Fähigkeit zu Staunen und eine grenzenlose Neugier. Dank dieser Eigenschaften entstanden seine genialen und vielseitigen Fragen. Das Spiel «Begegnung mit Neruda» lädt dazu ein, über 100 Fragen des Dichters zu staunen, zu lachen, zu philosophieren und Antworten darauf zu finden, die über die Logik hinausgehen und den Poeten in uns wecken. Geeignet für beliebig viele Mitspieler jeden Alters (Kinder etwa ab 7 Jahre), sind die Spielkarten mit je einer Frage auf deutsch, spanisch, englisch und französisch mit Collagen illustriert. Die Kiste, in der die Karten aufbewahrt werden, ist aus Raulí-Holz von chilenischen Kunsthandwerkern gefertigt und mit einer Muschel aus Kupfer verziert. Ein blauer Stein als Sinnbild des Meeres soll inspirieren und den Geist für das Spiel öffnen.
«Begegnung» mit anderen und mit sich selbst
Die 1953 in Chile geborene Marty ist nicht nur Erfinderin des Spiels «Begegnung mit Neruda», sie leitet als Coach verschiedene Trainings und kreiert neue Spiele, welche die Kommunikation fördern. So zum Beispiel das (mehrsprachige) Spiel «Begegnung» («Encuentro»), das dazu beiträgt, die Faszination des Dialogs wiederzubeleben, der heute immer mehr in Vergessenheit gerät. Und jedes Mal, wenn wir es im Freundeskreis spielen, lernen wir durch überraschende Fragen und die Antworten darauf uns selbst und die anderen besser kennen und finden neue, interessante Gesprächsthemen. (Siehe auch Seiten 16 und 17)