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lunes, 9. diciembre 2024
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Zum 150. Geburtstag von Gertrud Bäumer

Besondere Frauen in der Geschichte

Führende Persönlichkeit der deutschen Frauenbewegung

Gertrud Bäumer mit ihren Schülern an der Elementarschule in Kamen, 1894
Foto: gemeinfrei

Gertrud Bäumer, eine der zentralen Persönlichkeiten der Frauenbewegung, wurde am 12. September 1873 in Hagen-Hohenlimburg geboren. Sie entstammte einer wohlhabenden Familie und erhielt eine umfassende Bildung, die zu dieser Zeit für Frauen ungewöhnlich war: Sie studierte Geschichte, Philosophie und Germanistik in Heidelberg, Bonn und Berlin. Bereits während ihres Studiums begann sie, sich für Frauenrechte und Bildung einzusetzen. Ihre erste Stelle trat sie als Lehrerin in Kamen an. Der Lehrerinnenberuf war für Frauen ihrer Generation der einzige als standesgemäß geltende Erwerbsberuf. Am 1. Oktober 1892 übernahm Gertrud Bäumer als Volksschullehrerin der reformierten Gemeinde in Kamen eine Doppelklasse mit siebzig Schülerinnen und Schülern. 

Prägende Jahre in Kamen

Vorstand des ersten deuschen Frauenkongresses Anfang März 1912 in Berlin, Gertrud Bäumler vorn in der Mitte
Foto: Deutsche Illustrierten Gesellschaft, Berlín

In ihren Lebenserinnerungen widmete sie der Zeit in Kamen 16 Seiten und hielt die Familienverhältnisse ihrer bäuerlichen und kleinbürgerlichen Schützlinge detailliert fest, aber auch ihre eigenen Strategien, um der Schulwirklichkeit gerecht zu werden. Die Kamener Zeit brachte ihr erste intensive Berührungen mit der schulischen und gesellschaftlichen Realität und sie erhielt erste Einblicke in die Frauenbewegung: An ihrer Schule unterrichteten außer Bäumer noch drei weitere Lehrerinnen, von denen eine ältere Kollegin ihr in der ersten Berufszeit beistand. Von ihr erfuhr sie vom 1890 durch Helene Lange gegründeten Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenverein und der Zeitschrift  «Die Lehrerin». 

In Kamen erhielt sie also praktische und theoretisch Anstöße für ihr weiteres Leben als eine der bekanntesten Frauen- und Bildungspolitikerin der Weimarer Republik. Ihr Engagement für Frauenbildung führte sie zur Zusammenarbeit mit Helene Lange, einer bekannten Frauenrechtlerin und Bildungsreformerin. Gemeinsam gründeten sie den Lyzeumclub, der sich für die Bildung von Frauen und Mädchen einsetzte. Bäumer wurde zu einer prominenten Stimme für Frauenbildung und setzte sich dafür ein, dass Frauen Zugang zu höherer Bildung und beruflichen Möglichkeiten erhielten.

Bund deutscher Frauenvereine

Gertrud Bäumer auf einer bundesdeutschen Briefmarke 1974
Foto gemeinfrei

Die Bildungspolitikerin Bäumer hatte in der Kaiserzeit zusammen mit Helene Lange erfolgreich reformpädagogische Selbsthilfeprojekte der Frauenbewegung ins Leben gerufen. Anerkennung zollte man ihr dafür 1906 durch die Berufung in eine 45köpfige Kommission zur Reform des Höheren Mädchenschulwesens. In die Geschichte der Frauenbewegung ging Gertrud Bäumer durch ihre Vorstandsfunktionen im Bund deutscher Frauenvereine (BDF) ein, in die Geschichte des deutschen Liberalismus als Mitbegründerin der Deutschen Demokratischen Partei und in die Geschichte des Parlamentarismus als eine der ersten weiblichen Abgeordneten.

Während des Ersten Weltkriegs engagierte sich Bäumer in der Kriegsfürsorge und setzte sich für die Belange von Soldatenfamilien ein. Nach dem Krieg war sie aktiv an der Ausarbeitung der Weimarer Verfassung beteiligt. Als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) setzte sie sich für Frauenrechte, insbesondere das Frauenwahlrecht, ein. 1919 wurde sie als eine der ersten Frauen in die Weimarer Nationalversammlung gewählt. Bäumer setzte sich jedoch nicht nur für politische Rechte ein, sondern auch für soziale Gerechtigkeit. Sie befürwortete soziale Reformen, insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit. Sie war eine gemäßigte Stimme in der politischen Landschaft der Weimarer Republik und arbeitete daran, Brücken zwischen verschiedenen politischen Strömungen zu schlagen.

1920er Jahre und Zweiter Weltkrieg

In den 1920er Jahren war Gertrud Bäumer Mitglied des Reichstags und wurde Ministerialrätin im Reichsinnenministerium, wo sie für die Jugendfürsorge und das Schulwesen zuständig war.  Hier setzte sie sich weiterhin für Frauenrechte und Bildung ein. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Bäumer als politisch unerwünscht angesehen, aus ihren Ämtern entfernt und mit einer Volksschullehrerinnenpension suspendiert. Bis zu ihrer Absetzung im Jahre 1936 gab sie weiterhin «Die Frau», das Organ der bürgerlichen Frauenbewegung heraus. Danach zog sie sich aus der politischen Öffentlichkeit zurück, arbeitete aber im Verborgenen weiter, verfasste Schriften zu Bildung und Frauenrechten und wurde zu einer viel gelesenen Schriftstellerin.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war Bäumer an der Gründung neuer Frauenverbände beteiligt und setzte sich erneut für Frauenrechte und Bildung ein. Sie engagierte sich auch für die politische Teilnahme von Frauen im wiederaufgebauten Deutschland.

Gertrud Bäumer verstarb 1954 in Dortmund. Ihr Engagement und ihre Arbeit haben einen nachhaltigen Einfluss auf die deutsche Gesellschaft hinterlassen. Sie wird oft als eine der führenden Persönlichkeiten der deutschen Frauenbewegung und als eine Verfechterin von Bildung, Gleichberechtigung und Demokratie betrachtet.

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