Vor 300 Jahren gestorben
Spezialausgabe Ópticas
Die Schärfe seiner mikroskopierten Bilder übertraf alles, was es bis dahin gab, und machte erst die heutigen Innovationen in der Optik möglich: Mit Antoni van Leeuwenhoek begann die mikrobiologische Forschung. Obwohl er eine Ausbildung zum Tuchhändler und nicht die eines Universitätsgelehrten abgeschlossen hatte, wurde er zu einem angesehenen Naturforscher, der mit Wissenschaftskollegen aus ganz Europa korrespondierte. Mit Hilfe seiner Mikroskope entdeckte der Niederländer Bakterien und Spermatozoen.
In Delft betrieb Antoni van Leeuwenhoek nicht nur einen schwunghaften Im- und Export von Tuchen und Stoffen, er gehörte schon mit 27 Jahren zu den Ratsherren der Stadt. Zudem arbeitete er als Landvermesser und verwaltete den Nachlass des Malers Jan Vermeer.
275-fache Vergrößerung
Van Leeuwenhoek entwickelte im Laufe seines Lebens eine Leidenschaft für Linsen. So erlernte er das Schleifen von Linsen und erzielte dabei eine große Kunstfertigkeit.
Zunächst dienten die von ihm erstellten Linsen und Vergrößerungsgläser zur Qualitätskontrolle der Stoffe seiner Tuchwaren. Dann begann er mit dem Bau von Mikroskopen mit einem so hohen Auflösungsvermögen, dass es ihm ermöglichte in Bereiche vorzudringen, die bisher dem Auge verborgen blieben.
Bei den Mikroskopen verband er Linsen zwischen Metallfassungen miteinander und erzielte schließlich Objekte mit bis zu 275-facher Vergrößerung. Erst 1671, im Alter von 39 Jahren, als er durch seine vielen Ämter finanziell abgesichert war, begann er ernsthaft mit naturkundlichen Studien.
Seine Methode der Linsenschleiferei hütete er aber zeitlebens wie ein Staatsgeheimnis. So gab er auch seine besten Mikroskope nie aus der Hand. Die Linsen der Instrumente wurden aus bestem Glas, Bergkristall oder sogar Diamanten gefertigt.
Der «ungebildete» Wissenschaftler und die Royal Society
Es war sein Freund, der Arzt und Anatom Regnier de Graaf, der ihm riet, seine Beobachtungen der Londoner Royal Society mitzuteilen. Ab 1673 berichtete er regelmäßig in Briefen – 190 sind überliefert – über seine Entdeckungen nach London, wo man anschließend seine Angaben überprüfte und bestätigte. In Anerkennung seiner Entdeckungen wurde er 1680 zum Mitglied der Gesellschaft ernannt. Seine Arbeiten wurden nun gefördert, und er erhielt Besuch von bedeutenden Forschern sowie von königlichen Häuptern, so etwa auch von Gottfried Wilhelm Leibnitz, John Locke und 1698 auch vom Zar Peter dem Großen, der sich von ihm den Blutkreislauf im Schwanz eines Aals zeigen ließ. Auch die Königin von England Maria II. besuchte ihn in Delft, zuvor hatte ihn 1679 der Herzog von York, der spätere König Jakob II. von England, besucht. Die Besucher durften dann durch seine Lupen und Mikroskope – insgesamt 550 Linsen stellte er her – schauen und die Wunderwelt betrachten.
Der «Entdecker» des «Unsichtbaren»
Obwohl er keine akademische Ausbildung genossen hatte und auch kein Latein verstand, die universelle Gelehrtensprache der Zeit, gehörte der Delfter bald zu den führenden Experten in der frühen Mikroskopie.
Leeuwenhoeks spektakulärste wissenschaftliche Tat war die Entdeckung der menschlichen Spermatozoen und der geschlechtlichen Fortpflanzung aller Lebewesen. Akribisch beobachtete er, neben vielen anderen Tieren, das sexuelle Verhalten der Flöhe und die Entwicklungsschritte vom befruchteten Ei bis zum fertig entwickelten Floh. Dabei scheute er sich nicht, diese Forschungsobjekte in seiner Hosentasche mit sich herumzutragen und mit dem eigenen Blut zu ernähren.
Er erkundete Kapillargefäße, einen wesentlichen Bestandteil des erst wenige Jahrzehnte zuvor postulierten Blutkreislaufs. Als Erster sah er Bakterien. Die sich unter dem Mikroskop bewegenden «animacules» (kleinen Tiere) nannte er «ekelhafte Bestien». Weitere winzige Lebensformen entdeckte er 1683 auf dem Zahnbelag von Menschen. Deren Beschreibung blieb jedoch ungenau, da seine Mikroskope noch nicht ausreichten. Erst 200 Jahre später sollten diese Entdeckung dann als solche bekannt werden.
Da der Naturforscher nur auf Niederländisch schrieb, ließ die Royal Society seine wissenschaftlichen Abhandlungen ins Lateinische und Englische in deren «Philosophical Transactions» bis 1724 übersetzen und zusammenfassen. In mehr als 300 Briefen machte Leeuwenhoek sein Werk bei Gelehrten in verschiedenen Ländern bekannt. Er fasste 1896 in seinem Buch «Arcana naturae detecta» viele seiner Beobachtungen zusammen.
Antoni van Leeuwenhoek starb am 27. August 1723 – vor 300 Jahren – 90-jährig in Delft und wurde in der Alten Kirche seiner Heimatstadt begraben. Die Herstellungskunst seiner Mikroskope nahm er mit ins Grab. Dadurch stagnierte nach seinem Tod die Entwicklung des Mikroskops und erlangte erst im 19. Jahrhundert einen erneuten Durchbruch, der erst dann eine erneute Beobachtung von Bakterien ermöglichte.
Von den über 200 Instrumenten, die er besaß, schenkte er 26 der Royal Society. Auch wenn Leeuwenhoek nicht der Erfinder des Prinzips der Mikroskope war, so wurde er der Pionier, der die Idee förderte, diese Geräte zum praktischen und naturwissenschaftlichen Arbeiten zu nutzen.