23.5 C
Santiago
-0.4 C
Berlin
lunes, 10. febrero 2025
Inicio Kultur Bücher Zum 50. Todestag von J.R.R. Tolkien

Zum 50. Todestag von J.R.R. Tolkien

Der Sprachmagier und seine magischen Welten

John Ronald Reuel Tolkien (1892-1973)
Foto: dpa

Die fantastischen Werke über Mittelerde und seine Einwohner, insbesondere die Hobbits, gehören zur Weltliteratur. Diese magischen Welten dienen vielen als Realitätsflucht, sind aber von der Lebensgeschichte ihres Autors J. R. R. Tolkien geprägt, insbesondere seiner Konversion zum katholischen Glauben, seiner Begeisterung an Sprachen und vor allem von seinen schrecklichen Erfahrungen in den Schützengräben an der Somme im Ersten Weltkrieg.

Aus Südafrika nach Oxford 

(PD/Sik) John Ronald Reuel Tolkien kam am 3. Januar 1892 in Bloemfontein, im Oranje-Freistaat in Südafrika, zur Welt. Sein Vater Arthur Reuel Tolkien war dort als Bankmanager tätig. Die Familie Tolkien hat ihre Wurzeln in Ostpreußen, der Ururgroßvater Tolkiens war aber in den 1770-er Jahren nach London übergesiedelt. 

Als Tolkien vier Jahre alt war, zog seine Mutter Mabel mit ihm und seinem jüngeren Bruder Hilary nach England, da sie das afrikanische Klima nicht gut vertrug. Zu dritt zogen sie in die Nähe der Stadt Birmingham. Kurz darauf erreichte die Familie die Nachricht vom Tod des Vaters, der plötzlich an inneren Blutungen gestorben war. 

Die frühe Kindheit Tolkiens in einem Vorort von Birmingham war vom idyllischen ländlichen Leben bestimmt. Diese Umgebung diente später als Vorlage des Auenlandes, der Heimat der genussliebenden, aber tatkräftigen Hobbits, Tolkiens wohl bekanntester literarischer Schöpfung. 

1900 konvertierte die Mutter zum katholischen Glauben, den auch Tolkien übernahm und streng befolgte. Nach dem Tod der Mutter, im November 1904, kamen Tolkien und sein Bruder in die Obhut eines katholischen Priesters. Trotz seiner Religiosität war Tolkiens Sicht auf die Welt und Menschen eher von Pessimismus geprägt. In ihm entstand aber die Überzeugung, dass allein aus dem Glauben die Rettung erwartet werden kann: Die Welt ist der Schauplatz eines Kampfes zwischen dem Guten und dem übermächtigen Bösen. Das Festhalten aber am Glauben, ist der Weg für den Sieg des Guten – ein Leitmotiv, dass sich auch in seinen fantastischen Romanen widerspiegelt.

Sprachen und Literatur begeisterten Tolkien seit frühester Kindheit. Durch seine Mutter lernte er die Grundzüge des Lateinischen, Französischen und Deutschen. Auch mit dem Walisischen kam er in Kontakt. Seine Mutter führte ihn außerdem an Lewis Carrolls «Alice im Wunderland», die Arthur-Sage und die nordischen Sagen um «Siegfried und den Drachen Fafnir» heran. 

In Birmingham besuchte Tolkien die King Edward’s School. Dort lernte er neben Latein und Griechisch auch Mittelenglisch. Auch Spanisch und sogar das ausgestorbene Gotisch versuchte er zu erlernen. Der Schulrektor brachte ihn mit der Philologie in Berührung und ein Lehrer, mit dem ihn eine Freundschaft verband, weckte Tolkiens Begeisterung für das Altenglische. Bald begann er, sich mit der altenglischen Literatur und Lyrik, wie der Beowulf-Sage, auseinanderzusetzen. Er begann eigene Sprachen zu erfinden. 

Tolkien gründete einen Literaturkreis, der sich «Tea Club Barrovian Society» nannte.  Mit literaturbegeisterten Schulfreunden traf er sich in der Schulbibliothek. Sie trugen sich selbstgeschriebene Gedichte vor und diskutierten sie. 1910 erlangte er ein Stipendium für das Exeter College in Oxford und somit war ihm sein Studienplatz nach der Schule sicher. Im Oktober 1911 begann er sein Studium in der Exeter College in Oxford, wo er zunächst in «Classics» unterrichtet wurde, den klassischen Sprachen Latein und Griechisch und deren Literatur. Dabei interessierte ihn in erster Linie die vergleichende Sprachwissenschaft. Er widmete sich auch dem Finnischen, das die Grundlage der Kunstsprache der Elben, dem «Quenya» der mythologischen Welt «middangeard» («Mittelerde»), wurde. 1915 schloss er sein Studium ab.

Edith Bratt, später Tolkiens Ehefrau, mit 17 Jahren

 Mit 16 verliebte Tolkien sich in Edith Bratt, das Vorbild für seine Figur der Elbenfürstin Lúthien Tinúviel aus der «Herr der Ringe»-Trilogie wurde. Ihm wurde jedoch vorerst untersagt, eine Beziehung mit ihr einzugehen. Mit Erreichung seiner Volljährigkeit heiratete er seine große Liebe am 22. März 1916.

Der grausame Stellungskrieg an der Somme 

Das aus der «Der Herr der Ringe»-Trilogie bekannte Auenland Tolkiens
Foto: Jackie.lck (photos_photo sets), CC BY 2.0

Nach dem Studium meldete Tolkien sich, wie viele jungen Männer aus Oxford, zum Militärdienst. Er wurde zum Offizier für Fernmeldewesen ausgebildet und ins 11. Bataillon des Regiments der Lancashire Fusiliers berufen. Im Sommer 1916 war er als Soldat an der Front in der Schlacht an der Somme, der blutigsten Schlacht des Ersten Weltkriegs, beteiligt. Die Grausamkeiten des Stellungskriegs und die wüsten zerbombten Landschaften hinterließen in ihm Grauen und Schrecken. Diese furchtbaren Erlebnisse bildeten einen Kontrast zur weitgehend friedlichen Welt seiner Kindheit und prägten seine Weltanschauung und seine Literatur. 

Am 8. November 1916 wurde er zur Behandlung einer Fleckfiebererkrankung nach England zurückgeschickt. Es folgten weitere Erkrankungen, aber er wurde auch von der Sorge geplagt, zurück an die Front zu müssen. Bis zum Kriegsende wurde er in England in verschiedenen Krankenhäusern behandelt.

Vom «Enzyklopädisten» zum Universitätsprofessor

Nach dem Krieg fand er mithilfe des ehemaligen Oxforder Dozenten William A. Craige eine Anstellung in «The New English Dictionary», für die er Artikel verfasste. Die vielfältigen Themen, die er dort bearbeitete, begeisterten ihn. Als Privatlehrer verdiente er sich Geld hinzu und beendete schließlich 1920 seine Arbeit an der Enzyklopädie. Er strebte eine akademische Laufbahn an und so nahm er in Leeds eine Anstellung als «Reader» für englische Sprache an. Als Sprachwissenschaftler spezialisierte er sich auf das Mittelenglische und lehrte schließlich Englisch und Literatur an den Universitäten in Leeds, von 1920 bis 1925, und daraufhin bis 1959 in Oxford. Die akademischen Pflichten sowie seine Tätigkeiten als Prüfer an anderen Universitäten ließen ihm nur Zeit für wenige, jedoch sehr einflussreiche Veröffentlichungen, darunter «Sir Gawain and the Green Knight», die er 1925 gemeinsam mit E. V. Gordon verfasste, dann das wegweisende Werk «Beowulf: The Monsters and the Critics» (1936). Zuvor hatte er 1926 eine vollständige Übersetzung des Beowulf aus dem Mittelenglischen angefertigt, die jedoch erst posthum veröffentlicht wurde.  

Als Schriftsteller begann er sich dem fantastischen Genre zuzuwenden, oft dramatische, traurige und schaurige Geschichten. Tolkien legte sein «Legendarium» an, indem er eine mythologische Welt erschuf, namens «Mittelerde», und eine eigene Sprache  das Elbische erfand. So entstand sein Werk «The Silmarillion», dass die Geschichte von Mittelerde erzählt. 

«The Hobbit»

Ein Hobbit aus Mittelerde
Foto: Antoine Glédel, CC BY-SA 3.0

Schließlich begann Tolkien Geschichten über die magischen Welten von «Arda» und «Mittelerde» zu entfalten, in der er seiner Begeisterung zu Mythen und Legenden Ausdruck geben konnte. Um seine vier Kinder zu unterhalten, erfand er Geschichten, die angenehm, lebendig und oft humorvoll waren. Dazu zählt die längste und wohl bedeutendste seiner Geschichte, die er 1930 zu schreiben begann: «The Hobbit» (Der Hobbit). Hobbits sind ein menschenähnliches, kleingewachsenes Volk, das im idyllischen Auenland lebt und großen Wert auf Genuss und Gemütlichkeit legt – auch wenn sie durchaus tatkräftig sind. Abenteuerlust ist ihnen fremd, bis der junge Hobbit Bilbo Beutlin vom Zauberer Gandalf dazu verführt wird, mit einer Gruppe von Zwergen dem gefährlichen Drachen Smaug seinen Schatz zu stehlen.

1937 erschien das Buch «Der Hobbit» mit eigenen Zeichnungen Tolkiens und wurde so populär, dass der Verleger ihn um einen Folgeband bat. Dieser sollte dann erst 17 Jahre später im Haupt- und Meisterwerk «The Lord of the Rings» (Der Herr der Ringe) als moderne Version der heroischen Epen, mit denen Tolkien sich seit seiner Kindheit beschäftigt hatte, erscheinen. 

Auf Deutsch erschien «Der Herr der Ringe» 1969. Die Geschichte spinnt Handlungsstränge von «Der Hobbit» weiter. Im Zentrum steht ein Ring, der Bilbo während seiner Abenteuer zufällig in die Hände fiel. Dieser stellt sich als magischer Ring heraus, in dem sich die gesamte Energie des dunklen Herrschers Sauron bündelt, der ganz Mittelerde unterjochen will. Die einzige Möglichkeit ihn aufzuhalten ist es, den Ring in den Flammen des Feuerberges, wo er geschmiedet wurde, zu vernichten – doch dieser liegt in Saurons Herrschaftsgebiet, dem schrecklichen Land Mordor. Für diese Mission wird Bilbos Neffe Frodo Beutlin als «Ringträger» ausgewählt. Mit einer Gruppe von Gefährten, zu denen der Zauberer Gandalf, Hobbits, Zwerge, Elfen und Menschen gehören, macht er sich auf die gefährliche Reise, während der Krieg um Mittelerde bereits tobt.

Dieses Werk ist zugleich eine Erweiterung von «The Silmarillion», da es neue Geschichten der Völker erzählt, die darin zum ersten Mal auftreten, Elben, Zwerge und Orks. Auch von Tolkiens Biografie ist das Epos geprägt: Die wüsten Landschaften Mordors im Kontrast zum grünen Auenland, dem Heimatland der Hobbits, spiegeln Tolkiens Kindheits- und Kriegserinnerungen wider. 

«Der Herr der Ringe»

Der «Eine Ring», um den sich die Handlung von «Herr der Ringe» dreht
Foto: Xander 

Im Gegensatz zu «Der Hobbit», war «Der Herr der Ringe» nicht speziell für Kinder geschrieben und das Fantasy-Genre galt als unseriös. Wohl um das finanzielle Risiko zu mindern, falls sich das Buch als Flop erweisen sollte, gab der Verleger das Buch als Trilogie heraus, obwohl es keinesfalls als solche von Tolkien geplant gewesen war. Es erwies sich aber überraschenderweise als äußerst erfolgreich, erlangte 1965 als Taschenbuch in den USA einen Kultstatus und wurde zur Schullektüre. 

Trotz vereinzelter Kritik an Aspekten des Werkes, beispielsweise an Stereotypen bei der Beschreibung der Völker von Mittelerde, gilt es als eines der besten literarischen Werke des 20. Jahrhunderts. Tolkien inspirierte dadurch unzählige andere Autoren dazu, Fantasiegeschichten zu schreiben und prägte das Genre nachhaltig. Mehr als 50 Millionen
Exemplare des Buches sind in über 30 Sprachen erschienen. Das Buch erlangte selbst eine fast magische Aura und ehrt dank der vielen Übersetzungen zudem die Sprachenbegeisterung Tolkiens. 

Nach dem Tod seiner Frau Edith 1971 verbrachte Tolkien seine letzten Lebensjahre in Oxford. Am 2. September 1973 starb er nach kurzer Krankheit im Alter von 81 Jahren. Die äußerst erfolgreichen und von der Kritik hochgelobten Verfilmungen von «Der Herr der Ringe» (2001-2003) und «Der Hobbit» (als Trilogie von 2012-2014 erschienen) führten zu einer erneuten Popularisierung von Tolkiens Werk. Viele seiner kürzeren Erzählungen wurden erst posthum veröffentlicht. Das «Silmarillion» blieb unvollendet und wurde nach Tolkiens Tod von seinem Sohn Christopher Tolkien herausgegeben.

Anmeldung zum Cóndor-Newsletter

Wir senden Ihnen den regelmäßig erscheinenden Newsletter mit unseren Textempfehlungen zu.

- Werbung -

Mehr Lesen

Porträt – Ricardo Bosshard Friedrich 

Direktor der WWF Chile «Transparenz steht im Mittelpunkt» El World Wide Fund...

«Playmobil y sus 50 años» im Museo Histórico y Militar de Chile

Mehr als ein Kinderspielzeug Rennfahrer, Römer und Wikinger – im Jahr 2024 erfand der Spielzeugentwickler Hans Beck die Playmobilfiguren....

Jubiläumsfeier des Männerchor Frohsinn

Anlässlich des 140-jährigen Bestehens des Männerchors Frohsinn fand eine Feier am 4. Januar im Feuerwehrhaus der 15. Deutschen Feuerwehrkompanie Máximo Humbser in...

Porträt – Carola Fuentes Palacios

Die erste weibliche Geschäftsführerin der Fisa «Alles geschieht aus einem bestimmten Grund» El lema de vida...