Filmemacher mit sensibler Beobachtungsgabe
Er wurde in den 1960er Jahren als Schauspieler in Abenteuerfilmen wie «Gesprengte Ketten», «Der Flug des Phönix» und «Kanonenboot am Yangtse-Kiang» weltberühmt. Mit den Jahren sollte aus ihm jedoch ein herausragender Regisseur werden, der das Handwerk, Thriller wie «Die Brücke von Arnheim» zu gestalten ebenso beherrschte wie anspruchsvolle Kunstfilme wie «Gandhi».
Richard Attenborough, geboren vor 100 Jahren am 29. August 1923, war kaum um die 20, als er während des Zweiten Weltkriegs seinen Militärdienst bei der Royal Air Force machte. Nach einer Grundausbildung als Pilot diente er als Kameramann. Seine Aufgabe bestand darin, aus der Heckschützenposition Luftschlachten zu filmen. Vorher hatte er sich an der Royal Academy of Dramatic Art als Schauspieler ausbilden lassen und bereits einige Rollen auf der Bühne und im Film dargestellt.
Nach dem Krieg kehrte er ans Theater zurück und nahm die Tätigkeit am Film wieder auf. Im Jahr 1947 erzielte er in «The Man Within» einen erwähnenswerten Erfolg, der ihm die Tore für weitere Engagements öffnete.
Als junger Darsteller spielte er meist in Abenteuerfilmen. In diesem Genre übernahm er 1963 in «Gesprengte Ketten» die Rolle eines englischen Offiziers, der in einem deutschen Gefangenenlager besonders sorgsam bewacht wird, da er als Experte im Ausbrechen bekannt ist. Der Film wurde zu einem Riesenerfolg, für Attenborough bedeutete er den Durchbruch zum gefragten Schauspieler.
Er wurde nun in verschiedenen Produktionen verpflichtet, in denen spannungsvolle Handlungen das Sagen hatten, wie «Kanonenboot am Yangtse Kiang» (1966), der die chaotische politische Situation Chinas im Jahr 1926 schildert. Attenborough spielt einen Matrosen, der auf einem amerikanischen Kanonenboot Dienst tut und sich in eine Chinesin verliebt, was ihm zum Verhängnis wird. Im Jahr zuvor nahm er im «Flug des Phönix» teil. Hier verkörperte er den Navigator einer Transportmaschine, die in der nördlichen Sahara eine Bruchlandung erleidet und deren Besatzung nun den verzweifelten Versuch unternimmt, das Flugzeug wieder startklar zu machen.
Gegen Ende der 1960er Jahre begann Attenborough seine Tätigkeit als Filmregisseur. 1977 erbrachte er mit dem Kriegsfilm «Die Brücke von Arnheim» eine bemerkenswerte Leistung. Der Streifen schildert die misslungene Luftlandeaktion der Alliierten im September 1944 und setzte Weltstars wie Sean Connery, Laurence Olivier, Michael Caine, Robert Redford und Ryan O’Neal ein.
Im Jahr 1982 feierte Attenborough mit «Gandhi» seinen größten Triumph. Der über 190 Minuten lange Film ist eine Hommage an den indischen Unabhängigkeitskämpfer. Mit sensibler Beobachtungsgabe erzählt er den Lebensweg des Mahatma Gandhi (Ben Kingsley) vom jungen Rechtsanwalt bis zu seiner Ermordung. Die Schilderung betont zum einen die bewusst friedliche Haltung, die Gandhi seinen Mitstreitern abverlangt und zum anderen die extreme Brutalität, mit der die Briten gegen die unterdrückten Inder vorgehen.
Noch im hohen Alter spielte Attenborough so unterschiedliche Rollen wie den englischen Gesandten in Kenneth Branaghs «Hamlet»-Verfilmung (übrigens seine einzige Shakespearedarstellung im Medium Film), den William Cecil, dem Ersten Minister der Königin, in «Elizabeth» und den Multimilliardär John Hammond in Steven Spielbergs «Jurassic Park».
Sein Lebensabend war vom Tod seiner Tochter Jane überschattet, die am 26. Dezember 2004 in Thailand während eines Tsunamis zusammen mit ihrer Tochter und ihrer Schwiegermutter ums Leben kam.
Richard Attenborough starb im August 2014, kurz vor Vollendung seines 91. Lebensjahrs.