Sprachwissenschafterin und ehemalige Leiterin des DAAD-Informationszentrums
Wissenschaftlichen Austausch zwischen Chile und Deutschland intensiviert

Susanne Reischmann hat fünf Jahre das Informationszentrum des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) in Chile geleitet. Besonders im vergangenen Jahr und kurz vor ihrer Rückkehr nach Deutschland konnte die engagierte Sprachwissenschaftlerin noch einige Projekte verwirklichen, mit denen sie auch langfristig die wissenschaftliche Kooperation der Hochschulen Chiles und Deutschlands gestärkt hat.
So wie Susanne Reischmann 2018 in Chile ankam, verließ sie das Land auch wieder: Schwung und Elan ausstrahlend, auch noch einige Tage vor ihrem Rückflug nach Deutschland im Einsatz für den DAAD. Das hieß für sie von Beginn ihrer Tätigkeit in Chile an: «Den Hochschul- und Forschungsstandort Deutschland in Chile in den Fokus stellen» – eine Aufgabe, der sie mit viel Begeisterung nachkam.
Daher freut es sie besonders, dass es ihr gelungen ist, im Juni 2022 mit einer zehnköpfigen Delegation von chilenischen Hochschulvertretern und -vertreterinnen auf Einladung des DAAD hin eine Woche nach Deutschland zu reisen. Auf dem Programm standen die Orte Bonn, Darmstadt, Heidelberg, Hohenheim und Berlin. Vertreter der Universidad Católica, der Universidad de Chile und der Universidad de Concepción hatten die Gelegenheit, Kontakte an den deutschen Hochschulen in diesen Städten aufzubauen und zu vertiefen. «Dieses Projekt hat die Kontakte zwischen den chilenischen und deutschen Wissenschaftlern entscheidend intensiviert. Das heißt, auch langfristig kann nun in verschiedenen Bereichen kooperiert werden.»
Sie betont: «Die Delegationsreise war ein nachhaltiges Unterfangen, denn sie gab den Anstoß für das erste wissenschaftliche Forum, das Foro Académico Chile-Alemania, das vom 12. bis 15. Juni in Santiago stattfand.» Aus Deutschland reisten dazu Vertreter der Universität Heidelberg, der Universität Hamburg, des Karlsruher Instituts für Technologie und der Technischen Universität Berlin nach Santiago an. Außerdem nahmen aus Chile die Universidad de Concepción, die Pontificia Universidad Católica de Chile und die Universidad de Chile teil. 40 Forscherinnen und Forscher beschäftigten sich drei Tage mit Themen wie erneuerbare Energien, Klimawandel, Green Transition und Bioökonomie. «Das wird unter anderem die Netzwerke für die Forschung stärken», ist die Sprachwissenschaftlerin überzeugt und fügt hinzu: «Dass am ersten Tag auch Vertreter von Fraunhofer Chile, Bayer, Henkel,
Renolit und Grünenthal dabei waren, um eine Annäherung zwischen Industrie und Akademie anzustoßen, war der Unterstützung durch die AHK Chile – Cornelia Sonnenberg – zu verdanken.» Diese Veranstaltung werde nun institutionalisiert und alle zwei Jahre stattfinden.
Das neue Forum entspricht ganz dem Ziel des DAAD als eine der weltweit größten Förderorganisationen, den internationalen Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern zu fördern und Allianzen zu schmieden. Während der sozialen Unruhen 2019 und der Pandemie mussten viele geplante DAAD-Aktivitäten in einem virtuellen Format stattfinden oder verschoben werden. «Die Krisen hatten aber zufolge, dass bis heute virtuelle Angebote auch Interessierten, die weit weg leben, ermöglichen, an Veranstaltungen virtuell teilzunehmen. So haben wir eine viel größere Reichweite bekommen», sieht Susanne Reischmann als positive Folge dieser Jahre. So sei die mit dem Insalco, LBI und Goethe-Institut gemeinsam organisierte Veranstaltung «Mit Deutsch in die Zukunft», die sich an die deutschen Schulen in ganz Chile richtete, deshalb so erfolgreich gewesen, weil sie virtuell stattfand und somit alle Interessierten sich einloggen konnten.
Was den Standort des DAAD-Büros betrifft, konnte Susanne Reichmann im März dieses Jahres noch einen Umzug organisieren: «Nun sind wir wieder mit dem Goethe-Institut zusammen in einem Gebäude, in der Avenida Holanda. Das hat Synergie-Effekte und wir haben eine bessere Sichtbarkeit.»
Im Rückblick sei sie besonders dankbar für die gute Zusammenarbeit mit den deutschen Schulen: «Die Sankt Thomas Morus Schule und die DS Schule sind kompetente Ansprechpartner für das komplexe deutsche Hochschulsystem.» Auch die gute Kooperation mit der deutschen Botschaft, dem Heidelberg Center und dem Goethe Institut habe viel dazu beigetragen, dass sie ihre Projekte vorantreiben konnte. Und nicht zuletzt sei die Arbeit mit dem «tollen DAAD-Team» in Chile, das aus zwei Mitarbeitern, vier Lektoren sowie drei Sprachassistenzen besteht, ausschlaggebend für den Erfolg der DAAD-Arbeit der vergangenen Jahre. Insgesamt hat der DAAD 2022 rund 420 Chileninnen und Chilenen und 297 Deutsche gefördert.
Im Rückblick hat ihr besonders an ihrer Tätigkeit gefallen, dass «sie selbst die Initiative ergreifen und vieles in Bewegung bringen konnte: Die Arbeit war facettenreich – das liegt mir besonders». Dazu habe sie auch ihre interkulturellen Kompetenzen einbringen können. Erfahrungen in Lateinamerika hatte sie bereits vor ihrer Ankunft in Chile in Guatemala gesammelt, wo sie das «Regellektorat» für den DAAD aufgebaut hatte.
Auch privat haben sie und ihre Familie die Jahre in Chile genossen. Es seien durch Arbeitskontakte oder auch die DS Santiago, die ihre Kinder besuchten, viele Freundschaften entstanden. Als die gebürtige Düsseldorferin vor fünf Jahren mit ihrem Mann in Santiago ankam, besuchten ihre Kinder die achte und neunte Klasse. Inzwischen machten Tochter Lilli 2021 und Sohn Nikolaus im vergangenen Jahr das Abitur an der DS Santiago und studieren beide in Deutschland.
Nun ging es für ihren Mann und sie zurück nach Bad Mergentheim. Susanne Reischmann freut sich schon darauf, wieder öfter ihre Kinder und Familie zu sehen und Freundschaften zu pflegen. «Die Arbeit war sehr schön – aber auch sehr anstrengend. Jetzt ist erst einmal die Hängematte angesagt.»
Foto: privat