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viernes, 17. enero 2025
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Acht Streicherinnen aus Bajos de Mena erleben Thüringen 

«Musik baut Brücken»

In Angelroda: Tomas Müller (links stehend), Heder, Ute Robst, Laura, Maite, Isidora, Fernando Soto, Daniela, Michael Pohle, Eimy (links sitzend), Ruby und Natalia

Auch die dritte Version des Projekts «Musikreise» war ein voller Erfolg: Acht Mädchen und junge Frauen aus Puente Alto erlebten vom 13. bis 26. Juni viel Musik und Kultur bei ihrem Austausch mit der Emil-Petri-Schule im thüringischen Arnstadt. Ausflüge in die Bach- und Lutherstadt Eisenach oder das Musizieren vor Publikum standen auf dem Programmplan. Voller neuer Eindrücke sind die acht Teilnehmerinnen nach Hause zurückgekehrt.

«Es waren ganz neue Erfahrungen für uns», erzählt Daniela González. «Wir sind alle das erste Mal geflogen, da waren wir schon etwas nervös und aufgeregt.», erzählt die Violinspielerin. Der 22-Jährigen merkt man an, dass sie immer noch ganz überwältigt von den Eindrücken und Erlebnissen der Reise ist. Sie ist die Älteste der achtköpfigen Gruppe. Alle sind Mitglieder des Orquesta de Bajos de Mena (Obam) der Albert-Schweitzer-Schule. Die meisten der Streicherinnen sind zwischen elf und 13, die Bratschistinnen Maite Cisternas 16 und Laura Arredondo 19 Jahre alt. 

«Als Künstlerinnen wahrgenommen»

Verónica Tapia organisierte mit Hilfe der Lehrer Michael Pohle, Ute Robst und Tomas Müller das sozial-musikalische Projekt, das viele deutsch-chilenische Institutionen und einzelne Förderer ermöglicht haben. Fernando Soto, Leiter des Obam, begleitete die fast 14-tätige Reise nach Thüringen. Die acht Orchestermitglieder kennt der Musiker daher seit zwei Jahren oder länger.

Bachdenkmal in Eisenach: Natalia Opazo, Eimy Cabezas, Isidora Durán und Maite Cisternas

Ihm ist besonders aufgefallen: «Da sie in Bajos de Mena leben, sind sie in Chile leider oft Vorurteilen ausgesetzt. In Deutschland wurden sie als junge Künstlerinnen wahrgenommen. Das hat ihr Selbstwertgefühl gestärkt und bestätigt sie in ihrer täglichen Arbeit und ihrem Engagement.»

Die Streicherinnen hatten mehrere musikalische Auftritte während ihres Aufenthalts. Daher musste viel geübt werden. Ute Robst bemerkt bewundernd: «Die Proben mit Fernando waren immer sehr intensiv, und trotzdem haben sie nachts noch lange auf ihren Instrumenten gespielt, manchmal bis 24 Uhr. Und auch meinen Flügel haben sie entdeckt und darauf geübt.»

Einen der Höhepunkte bildete das Konzert auf dem Schulfest der Emil-Petri-Schule. Die deutschen Schüler, die in einer Bläsergruppe musikalisch ausgebildet werden, und die Streicherinnen aus Chile hatten hier ihren Auftritt. Ihre Instrumente konnten sie auf dem über 30-stündigen Hin- und Rückflug nicht mitnehmen. Schulleiter Holger Aumann erwähnte daher dankbar, dass «uns in einer schulübergreifenden Kooperation Violinen, Bratschen und ein Cello sehr kostengünstig zur Verfügung gestellt wurden.» Laura und Daniela erhielten außerdem zusätzlich Instrumentenunterricht von einem Musiklehrer.

«Fleisch mit Marmelade – merkwürdig, aber lecker!»

Es gab für die acht Streicherinnen auch weitere Anlässe zum Musizieren: beim Gottesdienst in der evangelischen Kirche von Angelroda, bei einem Tag der offenen Tür der Musikschule und bei einem Hoffest. Auch hier galt es für die Chileninnen, neue Herausforderungen zu bewältigen: «Die deutschen Schüler spielten in einer höheren Frequenz als wir. Das bedeutete, dass wir sehr genau auf die Noten achten mussten, um uns anzupassen. Auch das Spielen mit einem anderen, nicht dem eigenen Instrument war nicht einfach.»

Musizieren beim Schulfest: Maite Cisternas spielt Bratsche und Ruby Esquivel Cello 

Fernando ist eine Begegnung nach einem Konzert besonders in Erinnerung geblieben: Eine Ukrainerin habe die Reisegruppe angesprochen. Sie habe Kiew mit dem letzten Flugzeug beim Kriegsausbruch verlassen können und spiele selbst Klavier. Die musikalische Darbietung durch die aus dem fernen Chile stammenden Musikerinnen, die auch fremd in Deutschland waren, habe sie besonders berührt. Das mache das Besondere des Musikprojekts aus: «Musik ist universell und geht zu Herzen, Musik baut Brücken.»

Beim Besuch der Kirchen und Museen in den thüringischen Städten Eisenach, Erfurt und Weimar standen das Bach- und Lutherhaus, die Wartburg und Kirchen auf dem Programm. Verónica übersetzte – Fernando half bei den Fachbegriffen. Als der Organist der Predigerkirche in Erfurt die Frage stellte, wie viele Pfeifen die wertvolle barocke Orgel habe, musste erst einmal geklärt werden: Was sind Pfeifen auf Spanisch? Doch trotz der Übersetzung in das spanische Wort Turbos kamen weder die chilenischen noch die deutschen jungen Kirchenbesucher der Zahl sehr nahe: 4.300 Pfeifen – da war die Überraschung groß! 

Nicht zu vergessen: die deutschen Gerichte, die neuen Gerüche und der andere Geschmack. «Es gab einmal Fleisch mit Marmelade. Das fanden wir erst merkwürdig, aber es hat richtig lecker geschmeckt», erzählt Daniela. Ein Lieblingsgericht der Mädchen waren die selbst gebackenen Waffeln, erzählt Ute. «Und die Mädchen haben beim Zubereiten fleißig mitgeholfen.»

Allen Gästen aus Chile ist aufgefallen: In Deutschland werden sehr viele Kartoffeln gegessen!

Prägende Erfahrungen

Ganz besonders beeindruckt hat die Mädchen «die liebevolle Aufnahme» durch die deutschen Gastgeber, die Lehrer Michael Pohle, Ute Robst und Tomas Müller, in dem kleinen Ort Angelroda. «Wir konnten uns verständigen, ohne dass wir die gleiche Sprache sprechen, einfach mit Zeichen und Gesten», berichtet Heder Paredes.

Die Orgel mit den über 4.000 Pfeifen in der Erfurter Predigerkirche: Heder Paredes hilft dem Organisten beim Finden des richtigen Tons, Verónica Tapia übersetzt ins Spanische.

Ute Robst, die die Streicherinnen aus Chile in ihrem Haus aufgenommen hatte, erzählt: «Alles was wir unternommen haben, war neu für sie. Sie waren immer total begeistert und hatten viel Spaß.» Es erstaunte sie, wie schnell die Gäste dazu gelernt haben: «Wie wir am Tisch essen, man einen Kuchen backt und einige Wörter auf Deutsch.» Geschenke und einen Brief gab es für die Gastmutter am letzten Tag. «Das war alles sehr herzlich», sagt sie. «Es sind viele Tränen beim Abschied geflossen.»

Auch nach der Rückkehr aus Deutschland gehen den Mädchen ihre Erlebnisse nicht aus dem Sinn. Die elfjährige Eimy Cabezas erzählt ihrer Mutter seitdem jeden Tag etwas über die Zeit in Thüringen. Romina Faúndez sagt erfreut: «Die Reise hat sie so beeindruckt, dass sie unbedingt Englisch oder Deutsch lernen möche, und sie hat sich in den Kopf gefetzt, so gut zu lernen, dass sie wieder in ein anderes Land reisen kann.»

Fotos: privat

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