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Porträt – Daniela Casanova

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Leiterin des Emil-Held-Archivs

Archivarin mit scharfem Zukunftsblick

Im Emil-Held-Archiv des Deutsch-Chilenischen Bundes findet derzeitig ein Umbruch enormen Ausmaßes statt. Zahlreiche historische Dokumente werden digitalisiert, einige können von Interessenten bereits über das Internet abgerufen werden. Daniela Casanova, seine engagierte junge Leiterin, plant und führt den Übergang mit Know-how und einem scharfen Blick auf die Zukunft durch. 

Im Dezember 2021 trat sie ihr Amt als Archiv-
leiterin an. Als sie zum ersten Mal den Keller im DCB-Gebäude an der Vitacura betrat, war Daniela Casanova erstaunt: «Ich hatte nicht erwartet, eine derartige Menge von Dokumenten aus dem 19. Jahrhundert vorzufinden. Hier werden nicht nur zahlreiche Originalschriftstücke von Persönlichkeiten der deutschen Einwanderung aufbewahrt, sondern auch unzählige Unterlagen der Zeit danach, als die Immigration abgeschlossen war.» Die umfassend vorhandene Information hat dazu geführt, «dass hier ständig Forscher bei der Arbeit sind».

Es wurde beschlossen, das Archiv zu modernisieren, um der Nachfrage der Interessenten entgegenzukommen und ihre Arbeit zu erleichtern: «Das bedeutete, einen Online-Katalog zu erstellen, damit die Benutzer nicht gezwungen sind, das Archiv aufzusuchen, sondern weltweit Anfragen gestellt und rasch beantwortet werden können.» Zurzeit erarbeitet die Archivarin ein Projekt aus, um Mittel anfordern zu können, die ermöglichen sollen, eine Software mit einem Schlagwortregister zu installieren, das online funktionieren soll. Ein ambitionierter Plan, «der viel Zeit in Anspruch nehmen wird», versichert Daniela Casanova. «Die Bibliothek- und Archivarbeit hört bekanntlich nie auf, weil ständig Neuzugänge entgegengenommen werden.» Der Ansatzpunkt dabei «war für mich, zu begreifen, wie die Dokumente hier geordnet worden waren. Als mir das klar war, konnte ich dem Archivkomitee mitteilen, was wir nun benötigten». Das beinhaltete auch, sich auf Grundlage der gleichen Informationen zu verständigen. Daraufhin erstellten Daniela Casanova und das Komitee ein Konzept für das Projekt, um über das Ley de Donaciones Culturales (Kulturspendengesetz) Mittel für die Installation zu erhalten.

Den Vorrang hat dabei die genealogische Datei, da die überwiegenden Anfragen der Archivbesucher sich auf Informationen über ihre Vorfahren beziehen. Danach kommen die Forscher, die ein bestimmtes Thema recherchieren. Meist beschäftigen sie sich mit historischen Persönlichkeiten oder sie untersuchen die Zeitungs- und Zeitschriftensammlung: «Einer von ihnen rezensiert zum Beispiel Zeitschriften deutscher Institutionen in Chile. Sein Ziel ist, zu erfahren, wie das kulturelle Erscheinungsbild dieser Einrichtungen zu einer bestimmten Epoche aussah», erläutert die Archivleiterin. 

Das Emil-Held-Archiv wird durch Spenden getragen, die es zum Beispiel von Büchersammlungen von Familien erhält. Ebenso kommen mit einer gewissen Regelmäßigkeit Angebote von Nachkommen eines Verstorbenen, deren oder dessen Sammlung innerhalb der Familie keinen Interessenten fand. Allerdings: «Wir sind gegenwärtig dabei, Richtlinien für die Auswahl und Beschaffung von Materialien zu erstellen, da wir nicht über den Platz verfügen, um alles anzunehmen», räumt Daniela Casanova ein, womit sie sich vorwiegend auf die Inhalte der Spenden bezieht. «Wir bevorzugen Schriften, die sich mit deutschen oder deutsch-chilenischen Persönlichkeiten befassen, sowie Literatur in deutscher Sprache und Material über die Geschichte der deutsch-chilenischen Gemeinschaft.» 

Daniela Casanova studierte an der Universidad Tecnológica Metropolitana und wurde Bibliotecaria Documentalista. Diese Berufsbezeichnung bedeutet, dass die Hauptaufgabe des Bibliothekars den Umgang mit Schriftstücken mit meist historischem Inhalt umfasst. «Um diesen Fachbereich zu erlernen, habe ich im Rahmen meines Studiums das Wahlfach Archivistik belegt», erzählt sie, die ideale Voraussetzung für jemanden, der im Emil-Held-Archiv tätig ist, «aber selbstverständlich muss man sich weiterbilden und spezialisieren», fügt sie hinzu, und erzählt, dass sie demnächst an der Universidad Finis Terrae eine Diplomarbeit in Archivistik beginnen wird. 

Daniela Casanova wollte ursprünglich Rechtsanwältin werden. «Aber als ich das Studium der Rechtswissenschaften bereits begonnen hatte, musste ich feststellen, dass das nicht meine Sache war», erinnert sie sich. Da sie schon als Kind gerne las, erwog sie, ein Literaturstudium anzugehen, eine Idee, die sie jedoch bald wieder verwarf, «weil ich keine Lehrerin werden wollte. Da fiel mir ein, dass mir schon immer Bibliotheken gefallen hatten». Also forschte sie nach, was Bibliothekare studieren, und kam auf ihren endgültigen Beruf.

Über die Zukunft des Emil-Held-Archivs hat sich seine Leiterin schon oft Gedanken gemacht. Sie erwägt etwa, mit anderen Archiven in Chile und im Ausland zusammenzuarbeiten. Im Süden existieren zum Beispiel verschiedene Einrichtungen, die Dokumente der deutsch-chilenischen Gemeinschaft aufbewahren, «mit denen wir kooperieren könnten. So würden wir sie unterstützen und sie uns ebenso. Dazu wäre es bereichernd, mit Zentren im Ausland Informationen auszutauschen». 

Voller Überzeugung sagt sie: «Ich bin sicher, dass das Archiv ein großes Wachstumspotential hat, denn es stellt einen Tätigkeitsbereich dar, der in der Gemeinschaft bereits einen guten Ruf genießt, den wir weiterhin pflegen und verbessern müssen.» Sie ist überzeugt, dass das Archiv auch künftig durch Spenden unterstützt wird, «weil das eine konkrete Möglichkeit ist, das historische Gedächtnis aufrechtzuerhalten». 

Foto: Walter Krumbach

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