Oscar-Rekord und Eintrag im Guinness-Buch

89 Jahren
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Er hat eine Vorliebe für literarische Vorlagen und romantische Schauplätze – Regisseur James Ivory drehte Kultklassiker wie «Zimmer mit Aussicht» oder «Wiedersehen in Howards End». Er stellte nicht nur einen Oscar-Rekord auf. Mit 95 Jahren ist er weiter im Geschäft.
Los Angeles/New York (dpa) – Auf seinen Oscar hat James Ivory lange warten müssen. Als der Regisseur von Filmen wie «Zimmer mit Aussicht» und «Was vom Tage übrig blieb» im März 2018 mit einem Gehstock auf die Bühne trat, war er bereits 89 Jahre alt. In der Geschichte der Academy Awards ist er der älteste Preisträger, der die Trophäe im Wettbewerb gewann. Nur einige Ehren-Oscar-Empfänger sind älter. Am 7. Juni feierte Ivory seinen 95. Geburtstag – und von Ruhestand will er weiter nichts wissen.
Der Oscar-Triumph vor fünf Jahren wurde ihm nicht als Regisseur, sondern als Autor für das adaptierte Drehbuch zu der Männer-Liebesromanze «Call Me By Your Name» zuteil. Es sei eine universelle Story über die erste Liebe, die wohl jeder verstehen würde, egal ob homo- oder heterosexuell oder irgendwo dazwischen, sagte Ivory in der Oscar-Nacht.
Beim New York Film Festival im vorigen Herbst präsentierte Ivory seine «zutiefst persönliche» Dokumentation «A Cooler Climate». Das bis dahin unveröffentlichte 16mm-Filmmaterial stammte von einer Reise nach Afghanistan im Jahr 1960, die sein Leben umkrempelte. In der Doku reflektiert er auch sein Heranwachsen im US-Staat Oregon, seine Homosexualität und die Anfänge seiner Filmkarriere, die von einer schicksalsträchtigen Begegnung geprägt wurden.
Damals hatte Ivory in New York den acht Jahre jüngeren angehenden Produzenten Ismail Merchant kennengelernt. Der gebürtige Inder wurde sein Film- und Lebenspartner. Untrennbar mit den beiden verbunden war die britische Autorin Ruth Prawer Jhabvala, Tochter polnischer Juden, die ihre Kindheit in Köln verbrachte. Sie schrieb fast alle Drehbücher für das Erfolgsduo.
Mit Merchant gründete er die Firma «Merchant Ivory Productions», eine der am längsten bestehenden Partnerschaften des unabhängigen Films, die es damit ins Guinness-Buch der Rekorde schaffte. Merchant starb 2005 im Alter von nur 68 Jahren, Jhabvala 2013 mit 85 Jahren. Auf der Oscar-Bühne zollte Ivory seinen verstorbenen Filmpartnern Tribut. Diesen Preis habe er ihrer fast 50-jährigen Zusammenarbeit zu verdanken, sagte Ivory gerührt.
Ihr erster gemeinsamer Film, das in Indien gedrehte Drama «The Householder» unter Ivorys Regie, kam 1963 in die Kinos. Fernab von Hollywood drehten sie zahlreiche Kurz- und Spielfilme, häufig um die Thematik von westlicher und östlicher Kultur und den Konflikt von Tradition und Anpassung. Den internationalen Durchbruch schafften Merchant-Ivory 1979 mit der eleganten Verfilmung des Henry-James-Romans «Die Europäer».
2009 realisierte Ivory mit «The City of Your Final Destination» sein bisher letztes Spielfilm-Regieprojekt. Das Liebesdrama mit Anthony Hopkins, Laura Linney und Alexandra Maria Lara spielt in Südamerika.