James Stevens (Anthony Hopkins), jahrzehntelang als Butler des Landsitzes Darlington Hall im Amt, hält Rückblick auf seinen beruflichen Werdegang und stellt fest, dass sein persönliches Leben dabei zu kurz gekommen ist. Er war in den 1930er Jahren seinem Arbeitgeber Lord Darlington treu ergeben, der sich gutgläubig um ein friedliches Verhältnis mit Deutschland bemühte und in seinem Schloss mit Persönlichkeiten wie Botschafter Ribbentrop und Premierminister Chamberlain Konferenzen abhielt. Stevens ist aus der Perspektive des Bediensteten Zeuge dieser Zusammenkünfte, und obwohl er die hohen Gäste mit Interesse beobachtet, macht er sich um die politischen Hintergründe und die Folgen dieser Treffen zunächst keine Gedanken.
James Ivory führte bei mehreren Literaturverfilmungen Regie, unter denen «Was vom Tage übrigblieb» (nach dem gleichnamigen Roman von Kazuo Ishiguro) eine der gelungendsten ist. Mit außergewöhnlicher Sensibilität versteht er es, den Gefühlen der Hauptfiguren Leben einzuhauchen. Bemerkenswert ist dabei, dass die Emotionen meistens nicht ans Tageslicht kommen, sondern unterdrückt werden müssen. Die beiden Hauptdarsteller Emma Thompson (Miss Kenton, die Haushälterin) und Anthony Hopkins beherrschen diese Kunst meisterhaft. Kenton verliebt sich in den Butler, deutet dies auch mit großer Vorsicht an, aber Stevens, der die attraktive Frau durchaus sympathisch findet, hält sich systematisch zurück. Zu spät merken schließlich beide, dass sie einen Großteil ihres persönlichen Lebens – wahrscheinlich den wichtigsten – verpasst haben.
Überhaupt ist das Niveau der Schauspieler allererste Wahl. Ivory versetzt den Zuschauer in eine glaubhafte britische Upperclass-Atmosphäre, bei der einfach alles stimmt, vom behutsamen Handlungsrhythmus und den kultivierten Umgangsformen der involvierten Figuren bis zu den schicken Automobilen und den herrlichen grünen Feldern, die den Herrschaftssitz umgeben.
Die Überspielung auf Blu-ray ist tadellos. Mehrere Extras ergänzen informativ den Film. In «The Filmmakers Journey» äußern sich Buchautor Ishiguro, Regisseur, Produzenten und Darsteller zur schriftstellerischen Vorlage und ihrer filmischen Adaption. «Blind Loyalty, Hollow Honor: England’s Fatal Flaw» analysiert das Verhalten vieler englischer Adliger, die, wie es Ivory formuliert, «durch einen irrtümlichen Idealismus tatsächlich glaubten, dass sie sich mit dem Hitlerdeutschland arrangieren und den Krieg verhindern konnten».
In einem Making Of erzählen Emma Thompson und Anthony Hopkins von ihrer filmischen Nicht-Beziehung und wie sie dieses komplexe Verhältnis erarbeiten mussten. Die aussortierten Szenen, bei denen ein Off-Kommentar des Regisseurs zugeschaltet werden kann, sind ebenfalls enthalten. In «Auf dem Hafendamm» kommt der unerschütterliche Stevens endlich aus sich heraus, als er im Gespräch mit einem Butlerkollegen bewegt feststellt, dass er sein Leben völlig falsch angepackt hat. Man nimmt verwundert zur Kenntnis, dass ausgerechnet diese Szene im Papierkorb landete. Ivorys Begründung, «ich glaube, dass ich hier nicht meine beste Arbeit geleistet habe», ist, gelinde gesagt, nicht überzeugend. Ein unschöner Fleck inmitten von so viel Glanz und Qualität.
«The Remains of the Day»,
Großbritannien, USA, 1993.
Regie: James Ivory.
Produktion: Mike Nichols, John Calley, Ismail Merchant.
Drehbuch: Ruth Prawer Jhabvala.
Kamera: Tony Pierce-Roberts.
Ton: David Stephenson.
Schnitt: Andrew Marcus.
Musik: Richard Robbins.
Mit Anthony Hopkins, Emma Thompson, James Fox, Christopher Reeve, Peter Vaughan, Hugh Grant u. a.
Spieldauer: 134 Min.
Bild ****
Ton ****
Darbietung *****
Extras ****