Ehemalige panamerikanische Meisterin im Diskuswurf
Sportlerin, Tänzerin und Malerin von Format
Die einstige südamerikanische Meisterin im Diskuswurf ließ sich bei Ernst Uthoff als Tänzerin ausbilden und führte eine erfolgreiche Ballettschule. Beim «Cóndor» übernahm Elma Klempau in der schweren Nachkriegszeit die Korrespondenz, und heute – in ihrem 100. Lebensjahr – malt sie Ölbilder. In ihrer gemütlichen Wohnung im Seniorenheim Residencia Las Hualtatas erzählte sie uns aus ihrem bewegten Leben.
Es ist kaum zu glauben, dass sie Mitte Januar ihren 100. Geburtstag gefeiert hat. Der wache Gesichtsausdruck, die sofortigen Reaktionen beim Gespräch und das hervorragende Gedächtnis weisen auf eine beneidenswerte geistige Frische hin.
Elma Klempau lebt heute im Seniorenheim Las Hualtatas. Ihre geschmackvoll eingerichtete Wohnung bietet einen optimalen Blick auf den Club Manquehue – ein Idealfall für eine Frau, in deren Leben der Sport nicht nur eine wesentliche Rolle gespielt, sondern in dem sie sogar Spitzenleistungen erbracht hat.
Sie kam in Valdivia zur Welt, wo sie die Deutsche Schule besuchte: «In Mathematik war ich furchtbar schlecht», gesteht sie, fügt aber sogleich hinzu: «Aber im Turnen war ich immer die Beste, wie auch auf dem Schwebebalken oder dem Barren».
Als sie in die 7. Klasse kam, zogen die Eltern nach Santiago, wo sie begann, intensiv Sport zu treiben. Ihr Lehrer Erwin Reimer entdeckte ihre Begabung als Diskuswerferin und spornte sie dazu an, sich als solche zu spezialisieren. Elma machte schnell Fortschritte und konnte daher an internationalen Wettkämpfen teilnehmen. An den Panamerikanischen Leichtathletikwettkämpfen in Montevideo im April 1945 wurde sie Meisterin im Diskuswurf. In Europa spielten sich zu dieser Zeit dramatische Ereignisse ab: «Eines Tages, wir saßen gerade auf der Tribüne, wurde eine Trommel gerührt und es kam eine Durchsage, dass die Russen in Berlin einmarschiert seien! Wir waren zehn chilenische Mädchen mit deutschen Namen – wir haben geweint. Das werde ich nie vergessen.»
Nach ihrem größten Erfolg im Diskuswurf zog sie sich allmählich vom Sport zurück und widmete sich nun bevorzugt ihrem anderen Steckenpferd: dem Ballett. Sie war als Kind in der Schule mit Erfolg als Tänzerin aufgetreten und verspürte nun Lust, sich mit dieser Kunstform zu befassen.
Sie reiste nach Santiago und sprach bei Ernst Uthoff vor, der sie als Tanzschülerin annahm. Drei Jahre ließ sie sich von dem großen Ballettmeister ausbilden. Das bedeutete zwei Stunden täglich Übungen an der Stange, womit Elma alsbald bestens trainiert war. Gleichzeitig erhielt sie bei der Zeitung Cóndor eine Anstellung. Claus von Plate beauftragte sie, die Korrespondenz zu bearbeiten: «Der Cóndor bekam aus Deutschland stapelweise Briefe von Leuten, die nach dem Krieg in Chile Verwandte suchten, und sie um Hilfe baten. Es waren schreckliche Schreiben. Es war erschütternd, über diese tragischen Schicksale zu lesen, die diese armen Menschen erlebt hatten.» Die 20-Jährige war schockiert und bat nach einiger Zeit von Plate, sie von dieser Aufgabe zu befreien, worauf der Chefredakteur auch einging.
Im Sommerurlaub fuhr sie in ihre Heimatstadt Valdivia, wo sie mit ihren Schülerinnen eine Tanzvorführung organisierte, die sie im Cervantes zeigte. Dieses Theater, mit einem Fassungsvermögen von über 1.100 Sitzplätzen, war in den 1930er Jahren dank der Initiative von Nachkommen von Einwanderern und Geschäftsleuten entstanden, um das Kulturleben der Stadt und ihrer Umgebung anzukurbeln. Im Laufe der Zeit entwickelte sich das Haus in der Tat zum führenden Kulturzentrum der Stadt und zu einem der wichtigsten Veranstaltungsorte von Südchile. Auf einer Bühne dieser Kategorie aufzutreten, war für Elma Klempau und die Mädchen eine einmalige Erfahrung, die zudem weit über die Grenzen Valdivias Resonanz fand.
Und als Lola Botka, Uthoffs Ehefrau, ihr erstes Kind erwartete, bat sie Elma, sie im Santiago College, wo sie als Ballettlehrerin Privatstunden gab, zu vertreten. Ein ehrenvoller Auftrag, den die junge Tänzerin sofort annahm, und bei dem sie ihr pädagogisches Talent voll entfalten konnte, was ihr nachher zugute kommen sollte. Elma Klempau rief nämlich später ein Kinderballett-Ensemble ins Leben, mit dem sie anspruchsvolle Produktionen wie «Dornröschen» und «Hänsel und Gretel» auf die Bühne stellen sollte.
Im 96. Lebensjahr begann Elma Klempau zu malen. Sie lernte bei Natacha Campos und hat ihre Werke inzwischen in verschiedenen Ausstellungen in Las Hualtatas gezeigt. Sie gestaltet bevorzugt Landschaftsbilder und ihre Motive reichen von Szenerien der Osterinsel bis zu Rocas de Santo Domingo. In ihrer Wohnung hängen zahlreiche Werke von ihr. Sie sind farbenfroh und in einem realistischen Stil gehalten. «Das da unten habe ich gestern angefangen», sagt sie und deutet dabei auf ein Gemälde, das wie vollendet aussieht, was wir ihr verblüfft auch sagen, worauf sie mit ihrer typischen Bescheidenheit sogleich antwortet: «Nein, nein, das ist noch lange nicht fertig!»
Foto: privat