Lichan erste duale chilenische Berufsschule
Das Liceo Industrial Chileno Alemán de Ñuñoa (Lichan) erhielt als erste Berufsschule Chiles das Zertifikat «Lokale duale Berufsbildung nach deutschem Vorbild» verliehen. In einer Feier wurde Vertretern der Schule und der Ausbildungsbetriebe die Zertifikate von der Auslandshandelskammer (AHK) Chile am 10. April übergeben. An diesem Tag haben auch erstmals 163 Absolventen des Lichan das deutsche Zertifikat für ihren Ausbildungsabschluss erhalten. Das dreijährige Projekt leiteten Elena Wipfler und Marina Busana, Project Leader beziehungsweise Project Manager der AHK Chile.
Gleich im Beruf einsteigen können: Das ist ein großer Vorteil der dualen Ausbildung, die Auszubildende theoretisch in der Berufsschule und fachlich-praktisch im Betrieb vorbereitet – die Mischung macht´s. Umso besser gelingt der schnelle Berufseinstieg, wenn Berufsschulen und Betriebe in einem guten Austausch miteinander stehen. Dazu sieht das deutsche duale Ausbildungsmodell bestimmte Elemente vor.
Enge Kooperation zwischen AHK, Lichan und Asimet-Stiftung
Nun wurden auch beim Lichan für die Ausbildungsgänge Construcciones Metálicas, Mecánica Industrial, Electricidad Industrial und Electrónica Industrial Elemente der deutschen Berufsausbildung im
dualen System integriert. Dies konnte nur durch eine sehr gute Kooperation gelingen, wie die AHK-Projektleiterin Elena Wipfler erklärt: «In den letzten drei Jahren hat die AHK Chile im Projekt „Liceo Bicentenario Lichan – Formación Dual con Certificación Alemana“ mit der Bildungsstiftung von Asimet (Asociación de Indus-
trias Metalúrgicas y Metalmecánicas) und der chilenischen Berufsschule Lichan eng zusammengearbeitet, um Qualitätselemente des deutschen dualen Berufsbildungssystems in der technischen Berufsausbildung des Lichan zu vertiefen und die duale Ausbildung zu zertifizieren.» Elena Wipfler hat den Prozess gemeinsam mit der AHK-Projektmanagerin Marina Busana seit 2020 geleitet.
Mehrere Meilensteine habe das Projekt «Liceo Bicentenario Lichan – Duale Ausbildung mit deutscher Zertifizierung» umfasst, wie die beiden Koordinatorinnen hervorheben: «Im Jahr 2020 hat die AHK Chile mit einem gründlichen Vergleich der Lehrpläne der Berufsschule Lichan mit den entsprechenden Ausbildungsgängen in Deutschland begonnen, der von der Industrie- und Handelskammer Magdeburg validiert wurde.» In einem weiteren Schritt wurden Schulungen für Lehrer, Schüler und den Vorstand der Bildungsstiftung von Asimet, dem Verband der metallurgischen und metallverarbeitenden Industrie, in verschiedenen Bereichen und Themen der beruflichen Bildung durchgeführt. Ein weiterer wichtiger Meilenstein sei die Ausbildung und Zertifizierung der betrieblichen Ausbilder und Berufslehrer im Rahmen des Projektes gewesen.
«Berufliche Bildung weiterentwickelt»
Die Bildung eines Komitees mit Ausbildungsunternehmen und Berufsschulvertretern sorgt dafür, dass die Ausbildungsbetriebe aktiv eingebunden und so die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen und dem Lichan weiter verbessert wurde. Ziel war: «Die berufliche Bildung und ihre Qualität soll durch den Austausch über Herausforderungen, Ideen und Ausbildungsbedarfe und das Erarbeiten gemeinsamer Lösungskonzepte stetig weiterentwickelt werden.» Das Komitee umfasst Vertreter der Berufsschule Lichan sowie der Unternehmen Indura, Legrand, Vulco – Weir Minerals, Tecma und Maestranza Almahue.
Im zweiten Semester 2022 wurde von den Lehrkräften des Lichan in Zusammenarbeit mit der AHK Chile und mit der Unterstützung von deutschen Berufsschullehrern der Gottlieb-Daimler-Schule 2 aus Sindelfingen (Baden-Württemberg) eine Abschlussprüfung für die Auszubildenden entwickelt und durchgeführt. Dies sei eine besonders große Herausforderung gewesen, da in chilenischen Berufsschulen eine solche Prüfung bisher nicht vorgesehen ist, wie Elena Wipfler feststellt.
Praxiserfahrung in Werkstätten und Betrieben
Das Projekt «Liceo Bicentenario Lichan – Duale Ausbildung mit deutscher Zertifizierung» ist parallel zur Ausbildung an der technischen Berufsschule in Ñuñoa durchgeführt worden. Das heißt, die Auszubildenden bereiteten sich gleichzeitig auch auf den chilenischen Abschluss vor. Während die deutsche Ausbildung meist drei Jahre dauert und einen Praxisanteil von 70 Prozent fordert, sind es aufgrund der gesetzlichen Vorgaben für die Enseñanza Media in Chile bei der chilenischen Ausbildung vier Jahre und weniger betriebliche Erfahrung. Im Lichan sammeln die Schüler ab dem ersten Jahr Praxiserfahrung in den Werkstätten des Lichan und bereiten sich auf diesem Weg auf die betriebliche Praxis vor, die im vierten Ausbildungsjahr drei Tage in den Unternehmen umfasst.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) – Zertifizierungsstelle in Deutschland für die duale Ausbildung im Ausland – hat den Prozess der letzten drei Jahre überprüft und validiert. Schließlich zeichnete die DIHK das Lichan als erste Berufsschule in Chile mit dem Zertifikat «Formación Dual bajo el modelo alemán» (Lokale duale Berufsbildung nach deutschem Vorbild) am 10. April aus.
Erfreulich finden Elena Wipfler und Marina Busana, dass es inzwischen auch schon Anfragen von anderen Berufsschulen gab. Es ist also durchaus möglich, dass in einigen Jahren außer dem Lichan noch andere chilenische Berufsschulen und Betriebe den Prozess absolvieren, um verstärkt entsprechend dem dualen Modell auszubilden.
Fotos: AHK Chile