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Zum 50. Todestag von Pablo Picasso 

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Der Ausnahmekünstler

Wandelbar, berühmt und umstritten – Picasso ist der herausragende Künstler der Moderne (1957, mit Keramikarbeit).
Foto: dpa

Bei diesem Künstler ist alles außergewöhnlich: Er war bereits als kleiner Junge ein Wunderkind und zu Lebzeiten eine Legende. Außerdem war er so produktiv und vielseitig wie vor und nach ihm wenige: Pablo Picasso gilt als einer der bedeutendsten Künstler der Moderne. Doch 50 Jahre nach seinem Tod rückt auch sein frauenverachtendes Verhalten in den Vordergrund.

Ohne Zweifel ist jeder mindestens einem seiner Werke schon einmal begegnet. Sei es das «Les Demoiselles d’Avignon» oder das Bild der Taube, das er 1949 als Motiv  für das Plakat des Pariser Weltfriedenskongresses entwarf und das weltweit zum Friedenssymbol wurde. 

Auf dem Kunstmarkt erzielen die Werke Picassos die höchsten Preise bei Auktionen weltweit. Das Gemälde «Sitzende Frau am Fenster» wurde im Mai 2021 bei Christie‘s in New York für 103 Millionen Dollar verkauft, 2015 erzielte das Ölgemälde «Die Frauen von Algier» bei einer Versteigerung die damalige Rekordsumme von 179 Millionen Dollar.

Es ist davon auszugehen, dass auch die über 40 Ausstellungen in vielen Ländern weltweit dieses Jahr anlässlich seines 50. Todestags ein großes Publikum anlocken werden.

Mit diesem runden Gedenktag ist aber auch eine Debatte neu entbrannt: Wie soll die Kunstwelt mit Picassos demütigendem und missbräuchlichem Verhalten gegenüber Frauen umgehen? Seine Ehefrauen und vielen Geliebten waren seine Musen, ohne sie wären seine Werke so nie entstanden. Aber sie wurden auch zu seinen «Fußablegern», wenn sie zu selbstständig wurden oder er sich wieder einer neuen zuwendete.

Wunderkind

Les Demoiselles d’Avignon (1907, Museum of Modern Art, New York)
Foto: By Pablo Picasso – Museum of Modern Art, New York

Picasso wurde 1881 in Málaga geboren. Zwar lebte er dort nur bis zu seinem zehnten Lebensjahr, aber Andalusien prägte ihn sein Leben lang. Genauso auch seine gutbürgerliche Familie: Mit den beiden jüngeren Schwestern wuchs er in einem gebildeten Umfeld auf. In der Familie war es Tradition, die Kinder mit vielen klangvollen Namen auszustatten. Daher wählten seine Eltern als seinen vollen Taufnamen: Pablo Diego José Francisco de Paula Juan Nepomuceno María de los Remedios Cipriano de la Santísima Trinidad Ruiz y Picasso. Später nannte er sich nach dem Geburtsnamen seiner Mutter Picasso.

Sein Vater erkannte in ihm das Wunderkind, gab ihm schon früh Unterricht in akademischem Zeichnen und förderte ihn, wo er konnte. José Ruiz y Blasco war selbst Maler und unterrichtete an der Kunstgewerbeschule in Málaga.

Gemeinsam mit seinem einzigen Sohn besuchte er die Stierkampfarena. Beiden gefielen die Tragik und der blutige Kampf. Sein erstes Ölgemälde malte der Neunjährige unter dem Eindruck dieses Erlebnisses und nannte es «El picador amarillo». 

Porträt von Olga (1918, Musée Picasso, Paris)
Foto: Pablo Picasso – Agence Photographique de la Réunion des Musées Nationaux

Picasso zeichnete in jeder freien Minute und wurde 1892 an der Kunstschule von Málaga aufgenommen. Er wechselt mit 13 Jahren an die Kunstakademie in Barcelona. Nur zwei Jahre später malte er sein erstes großformatiges Ölgemälde für eine Ausstellung in der Stadt, «Die Erstkommunion». Das Werk gilt als sein erstes Meisterwerk. 

Zwei Jahre später ging er an die renommierte Akademie San Fernando in Madrid. Aber die Unterrichtsmethoden gefielen dem jungen Maler nicht. Schon nach einem halben Jahr verließ er das Institut und bildete sich fortan selbst aus und weiter. Seinen Wissensdurst stillt der junge Maler in Museen, Salons und Ateliers, er studiert die Techniken anderer Künstler und nahm alles auf, was um ihn herum an neuartiger Kunst, Literatur und Musik entstand.

Die Blaue und die Rosa Phase 

Anfang der 1900er Jahre zieht es den jungen Künstler nach Paris, die Hauptstadt der Avantgarde. Picassos künstlerisches Werk wird in unterschiedliche Phasen unterteilt – einer Kunstrichtung lässt er sich nicht zuordnen, er war immer auf der Suche und am Experimentieren. 

Picasso vor seinem Gemälde «El Aficionado» (1912, Kunstmuseum Basel)
Foto: Anonym – RMN-Grand Palais

Die sogenannte Blaue Periode dauerte von 1901 bis 1904. Sie soll durch den Selbstmord von Picassos engem Freund, dem spanischen Künstler Carlos Casagemas, ausgelöst worden sein. Das erste Gemälde dieser Periode, «Der Tod von Casagemas» (1901), ist Sinnbild für die düstere Stimmung und die Blautöne, die diese Periode charakterisieren. Doch die Bilder verkauften sich schlecht. Zum ersten und einzigen Mal litt Picasso unter Hunger und Armut und soll eigene Bilder verbrannt haben, um nicht zu frieren. Heute sind diese Werke – sanft und voller Melancholie mit Blinden, Bettlern und Prostituierten als Motiven – weltberühmt.

 Es folgte die Rosa Periode von 1904 bis 1906. Seine Werke wurden weicher, enthielten Pastelltöne und zeigten oft Szenen aus dem Zirkus. In diese Zeit fällt auch das Porträt von Gertrude Stein, eines seiner berühmtesten Bilder. Die US-Amerikanerin bewunderte Picassos Kunst und kaufte in den Anfängen seiner Karriere auch zahlreiche Gemälde von ihm.  

Als Picasso 1906 Ambroise Vollard, einem der größten Kunsthändler des 20. Jahrhunderts, in Paris begegnete, nahm dieser ihn unter seine Fittiche, kaufte ihm seine Werke ab und Picasso war erstmals finanziell sorgenfrei. Später trugen auch die Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler und Paul Rosenberg entscheidend dazu bei, dass Picasso einer der teuersten Künstler des 20. Jahrhunderts wurde.

Hommage an Picasso

In diesem Jahr finden die bedeutendsten Picasso-Ausstellungen in Spanien und Frankreich statt, einige aber auch in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Lateinamerika.

Kunstmuseum Pablo Picasso in Münster, Deutschland
(4. Februar – 7. Mai)

«Eine Hommage zum 50. Todestag Pablo Picasso»: Schenkungen an das Museum wie Zeichnungen, Druckgraphiken, Malerbücher und Fotografien von David Douglas Duncan; es werden alle Werkphasen anhand von hunderten Skizzen und Zeichnungen beschrieben.

Museum Albertina in Wien, Österreich (17. März – 18. Juni)

«Zum 50. Todestag von Picasso»: 18 Gemälde aus der eigenen Sammlung

Fondation Beyeler in Basel, Schweiz (19. Februar – 1. Mai)

«Picasso. Künstler und Modell – Letzte Bilder»: eine konzentrierte Auswahl von späten Gemälden Picassos, die sich mit dem Bild von Künstler und Modell auseinandersetzen

Museo Nacional de Bellas Artes in Buenos Aires, Argentinien (29. März – 18. Juni)

«Picasso en el patrimonio del Museo»: mehr als 30 Werke aus den verschiedenen Schaffensphasen von Picasso

«Les Demoiselles d’Avignon» und «Guernica» 

1907 entstand eines seiner berühmtesten Werke: «Les Demoiselles d’Avignon». Das Gemälde gilt als Schlüsselwerk und stellt einen Bruch mit der traditionellen Malerei der damaligen Zeit dar. Von der afrikanischen Kunst beeinflusst, zeigt es eine Gruppe nackter Frauen. Es sprengte alle bisherigen Vorstellungen von Perspektive: Die Frauen sind von mehreren Seiten gleichzeitig zu sehen.

 Zu dieser Zeit begegnete Georges Braque dem spanischen Maler. Gemeinsam entwickelten sie den Kubismus, der endgültig zur Ablehnung der konventionellen naturalistischen Darstellung in der Malerei führte.

Im Jahr 1917 lernte Picasso seine erste Ehefrau Olga Khokhlova kennen, eine Ballerina des Ballets Russes, für die er ein Bühnenbild entwarf. Mit ihr verkehrte er in den Kreisen der High Society, reiste durch ganz Europa und wechselte häufig den Wohnsitz. Am 4. Februar 1921 wurde ihr erster Sohn geboren. Picasso genoss ein hohes Ansehen in der Öffentlichkeit.

Das Werk «Der Tanz» läutete Picassos surrealistische Phase ein, die von 1925 bis 1938 datiert wird. Es zeigte die wachsenden Spannungen im Zusammenleben mit Olga. 1927 lernte Picasso die 17-jährige Marie-Thérèse Walter kennen. Jahrelang war sie seine Geliebte. 1933 begann Picassos Minotaurus-Periode: Werke, die seinen moralischen Konflikt widerspiegeln.

1936, bei Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs, wurde Picasso zum Direktor des Prados ernannt. Als er ein Jahr später von der spanischen Regierung den Auftrag für ein Wandgemälde erhielt, zögerte er zunächst. Er nahm grundsätzlich keine Aufträge an. Die Bombardierung seines Museums und der kleinen baskischen Stadt Gernika bewegten ihn aber zu einer Zusage. «Guernica» gilt bis heute als das bedeutendste Antikriegsgemälde, mit seiner Darstellung des Leidens der Zivilbevölkerung, nicht nur im spanischen Bürgerkrieg. Das Werk hat zwar kubistische Elemente, markiert aber auch die Hinwendung des Malers zum Surrealismus. 

Picasso und die Frauen

Zu diesem Zeitpunkt lernte er Dora Maar kennen, die surrealistische Fotografin, mit der er auch eine Beziehung einging. Sie suchte für ihn das richtige Atelier und begleitete die Entstehung des Werks fotografisch. Ihre Arbeiten sind heute im Museum Reina Sofía direkt vor «Guernica» ausgestellt.

Picassos Werk ist untrennbar mit seinen Frauen und Musen verbunden. Er stellte sie in tausenden von Bildern dar: zu Beginn einer Beziehung in sanften Kompositionen, am Ende oftmals als verzerrte Figuren. Picasso selbst merkte an, dass sein gesamtes Werk in sieben verschiedene Stile eingeteilt werden könne, jedes ein Dokument seiner Beziehung zu den sieben Frauen in seinem Leben – Fernande Olivier, Eva Gouel, Olga Khokhlova, Marie-Thérèse Walter, Dora Maar, Françoise Gilot und Jacqueline Roque. 

Porträt von Dora Maar (1937)

Von ihnen nahmen sich zwei das Leben, zwei wurden depressiv. Françoise Gilot, eine Künstlerin, in die sich Picasso verliebte, während er noch mit der Fotografin Dora Maar liiert war, galt als Ausnahme. Mit ihr bekam er zwei Kinder, Claude und Paloma, und, soweit bekannt, ist sie die einzige Frau, die Picasso von sich aus verließ.  

1965 veröffentlichte sie das Buch «Leben mit Picasso». Darin beschreibt sie ihn als einen launischen Mann, der seinen Nächsten das Leben schwer macht. Und seine Geliebte demütigte: «Immer, wenn er dachte, ich könnte mich zu sehr als Göttin fühlen, tat er, was er konnte, um mich zum Fußabstreifer zu machen.» Im Alter von 81 Jahren heiratete Picasso seine zweite Frau, Jacqueline Roque, die 46 Jahre jünger war als er. 

Bis zum Schluss malte er wie besessen. Als Picasso mit 91 Jahren am 8. April 1973 in seiner Villa an der Côte d´Azur starb, hinterließ er ein gigantisches Oeuvre: Es soll mehr als 50.000 Werke von ihm geben, neben Gemälden auch Skulpturen, Keramiken, Gravuren und Zeichnungen – Materialien und Techniken regten seine Kreativität an. 

Akrobat und junger Harlekin (1905, The Barnes Foundation, Philadelphia)

Die Motive seiner Bilder spiegeln sein eigenes Leben wider: seine Lebensgefährtinnen, seine Kinder, der Stierkampf, aber auch seine Malerfreunde wie Degas, Manet und Toulouse-Lautrec und – wie sollte es anders sein – er selbst. 

Quelle: dpa, Françoise Gilot: Leben mit Picasso; www.biografiasyvidas.com/monografia/picasso/

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