Informatikerin, Expertin in Digitalisierung und Firmengründerin
Programmieren eröffnet Welten
«Ich habe das Glück gehabt, beruflich und privat in verschiedene Länder zu reisen. So war ich schon viermal in Japan und liebe die Ruhe, die Stille und den Respekt zwischen den Menschen. An der japanischen Kultur gefällt mir der Kontrast zwischen Innovation, Technologie und der Bewahrung der Traditionen, die den gleichen Raum einnehmen. Da ich aus einem technologischen Umfeld komme, schätze ich diese Harmonie sehr, denn sie macht die Technologien menschlicher.»
Am liebsten isst sie Meeresfrüchte und Fisch, in jeder Form, denn dass sie als Kind oft an der Küste war, hat ihren gastronomischen Geschmack stark beeinflusst: Die 1982 in Santiago geborene Francisca Varela hat schöne Erinnerungen an ihre Schulferien in Maitencillo. «Ich besuchte meine Großeltern väterlicherseits in Ovalle und fuhr mit ihnen an der Küste der Vierten Region entlang, wo wir oft zelteten und mit meinem Vater stundenlang durch die Dünen wanderten, um Pfeilspitzen zu suchen», erinnert sie sich. Von klein auf hatte sie eine Affinität zur Musik, erlernte als Achtjährige das Geigenspiel und improvisiert heute auch gern am Klavier, obwohl sie das nicht gelernt hat.
Während ihrer gesamten Schulzeit besuchte Francisca die Deutsche Schule in Santiago. In diesen Jahren war sie viermal im vom DCB organisierten Sommerlager. «Wir haben zu Hause kein Deutsch gesprochen, weil mein Vater Enrique – er war Bauingenieur – nur ein paar Worte kannte. Mit meiner Großmutter mütterlicherseits haben wir uns aber immer auf Deutsch unterhalten, mit Ausnahme von Wörtern, für die es keine Übersetzung aus dem Spanischen ins Deutsche gibt, wie zum Beispiel copuchar, das wir als copuchieren eingedeutscht haben», lacht sie. Ihre Mutter Marlen Thiermann, ist Kunstlehrerin von Beruf. Francisca liest viel und geht gerne in Kunstausstellungen und Galerien. Daneben entspannt sie sich regelmäßig beim Yoga.
«Mütterlicherseits kam meine Familie aus verschiedenen Teilen Deutschlands, wie Bremen, Hamburg und Ostdeutschland, nach Chile. Aber es hat immer ein Kommen und Gehen zwischen den Generationen stattgefunden. So leben heute mein Bruder und viele meiner Cousins in Deutschland. Ich kenne fast die gesamte Geschichte meiner Vorfahren, die nach Chile gekommen sind, weil man sie mir immer wieder erzählt hat, und ich habe sogar noch meine Urgroßmutter Margot Schneider kennengelernt.»
Francisca studierte Bauingenieurwesen und Informatik an der Universidad de Chile. «Mein Vater sagte mir jeden Tag: ‚Wenn du Programmieren lernst, wird sich dir eine ganze Welt eröffnen‘. Das Versprechen meines Vaters erfüllte sich.» Gleich nach dem Studium gründete sie zwei StartUps (LoudWords und Comunicatext) für digitales und mobiles Marketing. Ab 2013 widmete sie sich der Datenforschung am CIAE (Centre for Advanced Research in Education) an der Universidad de Chile. Im gleichen Jahr war sie mit ihrer Geschäftspartnerin Fernanda Vicente an der Gründung von Kodea beteiligt, einer Stiftung zur Förderung digitaler Talente in Chile, in deren Vorstand sie bis heute sind. «Zwei unserer Programme wurden auf staatlicher Ebene in nationale Programme wie Digital Talent in Sence und den Nationalen Plan für digitale Sprache des Bildungsministeriums integriert.»
2017 arbeitete sie an der Universidad de Desarrollo am Technologietransfer der Forschungsergebnisse des Data Science Institute und an der Gründung des Zentrums für digitale Transformation für Unternehmen mit. «Im Jahr 2019 habe ich zum ersten Mal in einem Unternehmen, im IT-Bereich der Bank BCI gearbeitet, wo ich Datenteams für unterschiedliche Ziele geschaffen und die Integration der Daten der BCI mit ihren Tochtergesellschaften begleitet habe. Es war eine sehr herausfordernde Arbeit und die Grundlage dafür, dass ich neue Projekte in Angriff nehmen konnte.»
Zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin Fernanda Vicente gründete Francisca die Firma Adah, ein Unternehmen von Frauen für Frauen, das auf deren finanzielles Wohlergehen ausgerichtet ist. Dabei werden Finanztechnologie beziehungsweise digitale Finanzinnovationen eingesetzt, um Frauen zu zeigen, dass Geld kein Problem ist, um ihre Ziele zu erreichen, sondern im Gegenteil ein Werkzeug, das ihre Träume in die Realität umsetzen kann. Der Ausgangspunkt hierfür ist die Bereitstellung einer Plattform, um über Geld zu sprechen und mit Hilfe des professionellen Adah-Teams Konzepte und Instrumente zu erlernen, zu verstehen und anzuwenden.
Für ihre beruflichen Erfolge hat Francisca Varela mehrere Auszeichnungen und Preise erhalten. «Meine wichtigste Anerkennung war die Verleihung des InspiraTEC-Preises durch Präsidentin Michelle Bachelet im Jahr 2017. Angesichts der geringen Zahl von Frauen in der Technologiebranche soll dieser Preis ihnen in der digitalen Branche Sichtbarkeit verleihen, Bei dieser Gelegenheit zitierte die Präsidentin in ihrer Rede meinen drei Jahre zuvor verstorbenen Vater: ‚…dass wir es schaffen, vielen Mädchen in Chile die Welt der Technik zu eröffnen, wie es Franciscas Vater mit ihr getan hat´. Das war eine sehr bedeutsame Anerkennung für mich, denn es war auch eine Hommage an meinen Vater und an die Tatsache, dass er seine ganze Begeisterung für die Technologie an mich weitergegeben hat.»